Gauting:Einer von uns

Gauting Bosco, Kabarettist Horst Evers

Nichts als die Wahrheit: Horst Evers bei seinem Gastspiel in Gauting.

(Foto: Treybal)

Kabarettist Horst Evers mit seinem Besserwisser-Programm im Gautinger Bosco

Von Patrizia Steipe, Gauting

Es gibt Kabarettisten, bei denen das Publikum über politische Satire lacht, bei anderen bleibt einem das Lachen wegen des schwarzen Humors im Halse stecken. Manchmal sind es Kalauer oder derbe Zoten à la Böhmermann, die bei Comedy-Freunden zum Schenkelklopfer werden, oder es werden Typen stark überzeichnet. Bei Horst Evers gilt das alles nicht. Der Kabarettist und Autor aus Berlin ist einfach Horst Evers. Er belehrt nicht, droht nicht mit dem Zeigefinger oder hält anderen den Spiegel vor, er reißt keine Witze auf Kosten anderer - er erzählt einfach.

"Hinterher hat man's meist vorher gewusst" heißt das aktuelle Programms, mit dem Evers im Gautinger Bosco auftrat. Damit bezieht sich Evers auf die vielen Besserwisser, die immer schon vorher alles gewusst haben wollen, aber natürlich erst, nachdem es passiert ist. "Ja, das war doch klar, das konnte man eigentlich wissen". Evers (Jahrgang 1967) ist wie ein guter alter Bekannter, der jede Tischgesellschaft mit Anekdoten aufheitert. Er plaudert über Alltagsgeschichten. Inhalt: was gerade in der Öffentlichkeit so Thema ist: nichts Neues, nichts Besonderes - dank der Wortakrobatik von Evers kommen die Sketche aber zum Wegwerfen witzig daher. "Alle meine Geschichten sind komplett wahr", versichert er mit treuem Augenaufschlag, um dann kritisch anzumerken, dass das, was er tagsüber erlebe, "dramaturgisch oft nicht gut durchkonstruiert ist". Ja, manche Sachen würden sogar "sinnlos vor sich hinpassieren". Evers ist ein guter Beobachter, Erzähler - kurzum ein Philanthrop mit einem Herz für menschliche Schwächen. Aus kleinen Gesten und wenigen Worten zaubert Evers tragfähige Pointen. Drei Worte genügen da, um einen ganzen Saal zum Lachen zu bringen. Zum Beispiel die auf die Dauerbaustelle Flughafen Berlin gemünzte Aussage: "läuft so mittel".

Evers ist einer von uns: nicht mehr ganz jung, nicht mehr ganz schlank, aber um keine Ausrede verlegen, um das nicht zugeben zu müssen: Der Traumjob als Model? Längst abgehakt. Aber nicht wegen Glatze und Bierbauch, nee - so schnell umziehen, das geht gar nicht, "da fange ich das Hungern erst gar nicht an". Sport? Sehr gerne - Evers ist sogar leidenschaftlicher Sportler, aber was kann er dafür, dass sein Körper Sport einfach nicht mag und sich in "Fluchtschlaf" zurückzieht.

Der Berliner ist nicht nur begnadeter Erzähler, sondern auch Autor. Bei seinem Auftritt gab er Kostproben aus seinen Büchern, die ein wenig an Kishon erinnerten. Überhaupt ist für Evers das Buch mit seiner "alten Technologie" eines der modernsten Medien überhaupt. Zack, schlägt man es auf - und der Text ist in guter Auflösung sofort da und muss sich nicht erst aufbauen. Und die Akkuleistung erst - zwei Monate könne man ein Buch offen herumliegen lassen und noch immer ist alles da. Und dann berichtet Evers über sein neuestes Buchprojekt, einen Science-Fiction-Roman. "Erste Szene: Eröffnung des Berliner Flughafens". Ja, das war so was von klar. Das hat jeder schon vorher gewusst, ganz bestimmt.

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