Gauting bei München:Aufsicht ermittelt in Caritas-Altenheim

Noch im Dezember wurde das Heim mit der Note 1,1 bewertet. Jetzt gibt es schwere Vorwürfe: Zu wenig Essen und Trinken sind nur zwei davon.

Christian Deussing

Schwere Vorwürfe gegen das Caritas-Altenheim Marienstift in Gauting: Dort sollen Heimbewohner vom Pflegepersonal nicht ausreichend betreut und teilweise unnötig fixiert worden sein. Die Heimaufsicht prüft zudem Vorwürfe, wonach den Bewohnern Arztbesuche verweigert und zu wenig zu essen und zu trinken zugeteilt worden sei. Der langjährige Leiter des 108-Betten-Hauses ist kurzfristig vom Dienst suspendiert worden. Beurlaubt wurden zudem fünf Ordensschwestern, die seit 30 Jahren in dem Seniorenstift gearbeitet hatten. Die Staatsanwaltschaft München II ist inzwischen eingeschaltet. Sollten sich die Vorwürfe und Mängel-Protokolle bestätigen, werde womöglich wegen "Körperverletzung" und "Nötigung" ermittelt.

Altenpflege-Auszubildende bei der Arbeit, 2011

Noch im Dezember hat der Medizinische Dienst dem Gautinger Marienstift die Pflegenote 1,1 erteilt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Konkrete Angaben zu den Vorwürfen wollte die Heimaufsicht nicht machen. Man müsse die Vorgänge in diesem Altenheim prüfen und aufklären, erklärte Stefan Diebl, Sprecher des zuständigen Starnberger Landratsamtes. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung waren der Heimaufsicht noch weitere Missstände gemeldet worden. So sollen Batterien in Hörgeräten nicht ausgetauscht und TV-Fernbedienungen entzogen worden sein. Angeblich wurden auch unnötig Abführmittel eingeflößt. Unter dem Personal habe es Mobbing gegeben.

In Gauting lösten die Vorwürfe Verwunderung aus. Für "unfassbar und nicht nachvollziehbar" hält Bürgermeisterin Brigitte Servatius (SPD) die Entscheidung des Caritas-Verbandes, den Leiter des Heimes und die Schwestern abzuberufen. Es sei eine "Vorverurteilung" und bedrohe die "sehr gute Arbeit" in diesem Heim.

Die Kritik an der Beurlaubung des Heimleiters weist Monika Huber, Vizechefin der Abteilung "Kommunikation" beim Caritas-Verband, entschieden zurück. Man habe anhand der Anschuldigungen eines Pflegeschülers die Heimaufsicht einschalten müssen, damit die Geschehnisse unabhängig geprüft werden könnten. Die Beurlaubung des Heimleiters sei "keine Vorverurteilung, sondern in einem sensiblen Bereich wie der Pflege ein "normales Vorgehen".

Man warte aber jetzt noch den detaillierten Bericht der Kontrolleure der Heimaufsicht ab. Die beurlaubten Ordensschwestern seien bereits im hohen Rentenalter, daher sei der Vertrag mit dem Orden inzwischen aufgelöst worden, sagte sie. Die Schwester seien in ihr Mutterhaus nach Kroatien abberufen worden. Monika Huber betonte zudem: "Wir wären froh, wenn an den Vorwürfen nichts dran wäre."

Die Anschuldigungen kommen aber offenbar nicht nur von Mitarbeitern, sondern auch von Bewohnern und deren Angehörigen - obwohl noch im Dezember der Medizinische Dienst dem Gautinger Marienstift die Pflegenote 1,1 erteilt hat.

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