Gauting:Autor ohne Allüren

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Gut gelaunt zeigte Sten Nadolny sich und sein neues Buch in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Sten Nadolny begeistert mit seinem neuen Roman

Von Marcella Rau, Gauting

Sten Nadolny hat nichts gegen Lesungen. Was für andere Autoren nervige Pflichtübung sein mag, gefällt ihm sichtlich. Gut gelaunt tritt der 75-Jährige am Freitagabend in der proppenvollen Gautinger Bücherei Kirchheim auf. Er liest aus seinem neuen Werk "Das Glück des Zauberers". Nadolny scheint sich wohl zu fühlen, macht immer wieder Scherze und nimmt sich nach der Lesung gut 30 Minuten Zeit für Fragen der Zuhörer und Signieren. Von Starallüren ist da nichts zu spüren. Dabei ist Sten Nadolny nicht irgendjemand: Seinen großen Durchbruch feierte der Autor 1983 mit dem millionenfach verkauften Roman "Die Entdeckung der Langsamkeit". Bereist drei Jahre zuvor hatte er mit einem Kapitel daraus den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Dass er das Preisgeld damals unter allen Teilnehmer aufgeteilt hatte, statt es für sich zu behalten, sei wohl einer "romantischen Phase" zu verdanken gewesen, scherzt Nadolny in Gauting.

Nun also ist der große Schriftsteller fünf Jahre nach seinem letzten Buch "Weitlings Sommerfrische" mit einem im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaften Werk zurück. "Das Glück des Zauberers" erzählt die Geschichte des Magiers Pahroc, einem Meister seines Fachs: in der Lage, zu fliegen, durch Wände zu gehen und schließlich sogar Geld zu erschaffen. Im Alter von 106 Jahren will er sein Wissen an seine ebenfalls der Zauberkunst mächtigen Enkelin Mathilda weitergeben. Der Roman führt durch die turbulente Geschichte des 20. Jahrhunderts, wobei er sich an historischen Fakten orientiert, mit denen Nadolny auf wunderbare Weise sein Spiel treibt.

Am Ende der rund einstündigen Lesung legt der Autor das Buch beiseite. Man habe nun einige Stellen aus allen Teilen des Buches gehört, und wisse wohl dennoch nicht so genau worum es gehe, stellt er fest. Ganz wahr ist das natürlich nicht. Klar geworden ist zumindest, dass Nadolny mit seinem Neuling etwas ganz Besonderes gelungen ist. Es ist ein intelligentes Buch, aber keines, das angestrengt versucht, klug zu sein. Es ist ein unterhaltsames Buch, an manchen Stellen fast slapstickartig, aber keines, das sich anbiedert. Es ist ein gesellschaftskritisch-mahnendes Buch voller Leichtigkeit.

Dass ihm nie wieder ein so großer kommerzieller Erfolg wie mit "Die Entdeckung der Langsamkeit" gelungen ist, stört den Autor nicht. Das sei heutzutage wohl auch gar nicht mehr möglich. Er vergleicht seine Bücher mit Kindern - den ständigen Vergleich könne er ihnen nicht antun. Fast wie bei einem Kind fällt es ihm manchmal auch schwer, am Ende loszulassen. Das Schreiben ginge ihm zwar leicht von der Hand, berichtet Nadolny, aber er ändere und korrigiere anschließend immer bis zur letzten Minute. Doch wenn das Buch dann einmal draußen in der Welt ist, dann kann er es zufrieden in die Hand nehmen.

Das Publik überzeugt er an diesem Abend in jedem Fall. Eine Zuhörerin, die bislang nur Nadolnys ersten Bestseller gelsen hat, äußert sich begeistert. "Ich fand es unglaublich witzig. Er hat ein bisschen ernst und großvaterhaft vorgetragen. Hätte ich das Buch zuhause gelesen, hätte ich mich sicherlich krumm gelacht", stellt sie fest.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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