Gastspiel in Seefeld:Ringsgwandls Aprilandacht

Georg Ringsgwandl in Seefeld

Lässig und locker: Georg Ringsgwandl zusammen mit Daniel Stelter an der Mandoline und Drummer Tommy Baldu.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Musikkabarettist macht mit seinem neuen Best-of-Programm "Deppert, aber munter" im Pfarrheim Station und gibt mit seiner Band ein sehr entspanntes Konzert

Von Gerhard Summer, Seefeld

Wenn einer die Berechtigung hat, in diesem Kirchensaal zu spielen, dann ist das der Georg Ringsgwandl. Klar. Er hat eine "gültige katholische Erziehung" genossen. Das war streng damals und nicht so aufgeweicht wie heute, wo schon Frauen im Gottesdienst predigen dürfen. Oh nein!

Andererseits ist der Katholizismus gar nicht so schlimm, verglichen mit den "ganzen Sprengstoffgschichten jetzt", sagt Ringsgwandl. Und überhaupt: Kritische Sachen über die Religion kämen ihm nie über die Lippen. Denn erstens wolle er nicht auf dem freien Feld verscharrt werden, und zweitens sei er inzwischen ziemlich esoterisch drauf. Fast schon andachtsmäßig. Sagt er. Letzthin war er sogar bei der Familienaufstellung in Murnau, das hat der Therapeut, der im Hauptberuf Elektriker ist, sehr schön gemacht.

Ringsgwandl, der promovierte Arzt aus Bad Reichenhall, ist inzwischen 67. Er trägt einen ordentlichen Anzug und Hut, die wilden Zeiten sind mehr oder minder vorbei, der schrille Gurkenkönig hat abgedankt. Aber dass aus dem Gaudiburschen vom Hindukusch ein ganz braver Esoteriker geworden ist, nimmt ihm im gesteckt vollen Seefelder Gemeindehaus Peter und Paul keiner ab. Wie denn auch! Ringsgwandl widerspricht sich praktischerweise gleich selbst aufs Schönste, ob in seinen Songtexten oder seinen Plaudereien. Und wenn er über Selbstmordattentäter redet, kommt ein tiefschwarzer Sarkasmus zu Tage, der auf deutschen Bühnen selten zu hören ist. Ringsgwandl erzählt, er könne das nicht verstehen, dass sich Menschen in die Luft sprengen. Die sollten das lieber am Sonntag auf dem leeren Rewe-Parkplatz tun, nicht in der U-Bahn. Schließlich säßen da Passagiere, die "schon die ganze Strecke gelöst haben". Und wo sollen die Angehörigen trauern? "Den hat's verteilt."

Ist der Gitarre und Zither spielende Musikkabarettist also der Alte geblieben? Ja schon. Andererseits kommt zum hintersinnigen Humor, zur politischen Unkorrektheit, der Sprachartistik und der an Ringelnatz geschulten Vorliebe für Absurdes und für Tiergeschichten noch etwas sehr Entspanntes dazu. Seine Kabinettstückchen zwischen den Liedern, ob über die Hautärztin Sybille oder die dicke Politesse, bringt er so souverän und wie nebenbei, als seien sie ihm gerade eingefallen. Diese Lässigkeit prägt auch sein neues Best-of-Programm "Deppert, aber munter", das ein Streifzug durch mehrere Jahrzehnte Songproduktion ist und Hits wie "Nix mitnehma", "Hühnerarsch sei wachsam", "Dahoam is net dahoam", "Armes kleines Unterhoserl" oder "I hab nur di" zusammenspannt. Denn Ringsgwandl und seine Band spielen ungewöhnlich laid-back und erdig. Und das Interessante an ihrer eleganten, oft auch melancholischen Musikmischung ist, dass man sie gar nicht so eindeutig irgendeinem Stil zuordnen kann.

Klar, die Basis ist der Blues, wenn auch nicht im Drei-Akkorde-Schema. Aber gelegentlich kommen noch Country, Folk, Sprech- und operettenhafter Falsettgesang, Rumba, Ragtime, Discodrive, klassische Melodien, arabisch oder indisch angehauchte Skalen, ein wenig Jazz à la Norah Jones und verschärfte Stubenmusik dazu. Diese Band kann mächtig grooven. Sie beherrscht aber genauso die magische Slow-Blues-Nummer. Drummer Tommy Baldu begleitet zurückhaltend und trotzdem spannend. Kontrabassist Christian Diener spielt ungemein songdienlich und auf den Punkt, sein einziges Solo an diesem Abend ist eine Lehrstunde in Leichtigkeit. Und der stilistisch vielseitige Gitarrist Daniel Stelter lässt es mit locker hingeschüttelten, schnellen Läufen, einer Vorliebe für anschwellende Töne, mit Slidepassagen und akkordischen Umspielungen gewaltig krachen und dominiert den Sound. Ein würdiger Ersatz für Nick Woodland.

So klar und eindeutig die Songtexte sind - bei Ringsgwandls fast noch witzigeren Ansagen weiß man nie so genau, ob hinter der Ironie nicht doch viel Wahrheit steckt. Einmal redet er davon, dass er sich seine Songs nicht aussucht, sondern dass sie zu ihm kommen. Oder er sagt, dass es in den Liedern um Grundwerte geht und dieser Abend eine Aprilandacht sei. Ja, da ist was Wahres dran. So schön jedenfalls war Andacht selten. Ovationen.

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