Gastronomie:Traditionswirtschaft Schreyegg schließt nach fünf Generationen

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Vergeblich haben Tanja und Stefan Schreyegg nach Personal gesucht. Nun wollen sie das beliebte Lokal im Seefelder Ortsteil Unering nicht mehr selbst betreiben.

Von Astrid Becker, Unering

An den Fenstern hängen weiße Zettel. "Betriebsurlaub vom 1. bis 31. Januar", ist darauf geschrieben. Doch auch nach dieser Pause wird der Gasthof Schreyegg im Seefelder Ortsteil Unering vorerst nicht mehr öffnen. Wirt Stefan Schreyegg und seine Frau Tanja wollen das beliebte Traditionslokal nicht mehr selbst betreiben und suchen nach neuen Pächtern. Schreyegg und seine Frau haben es bereits in fünfter Generation geführt. Dass sie es nun aufgeben, hat einen simplen Grund. Sie finden kein Personal mehr.

Aus 1856 stammt das Gebäude, in dem die Schreyeggs zum ersten Mal eine Wirtschaft eröffnet haben. (Foto: Arlet Ulfers)

Für die vielen Stammgäste des Lokals wird diese Nachricht ein Schock sein. Der "Schreyegg" war von den beiden gut geführt, das Essen wurde gelobt, das Lokal erfreute sich entsprechend regen Zuspruchs. "Mir fällt es auch extrem schwer aufzuhören" sagt Stefan Schreyegg. Der 48-Jährige wurde in diesem Haus geboren. "Direkt über der Stube", also dem Hauptraum des Gasthofes, erzählt er. Seine Mutter Anna hatte das Lokal nach dem Tod ihres Mannes trotz ihrer fünf Kinder allein geführt. Vier Jahre war Schreyegg alt, als der Vater starb. Für ihn und seine Geschwister waren die Gasträume ihr Wohnzimmer. "Wir sind da einfach mitgelaufen."

Der Urenkel wird - zumindest vorerst - der Letzte aus der in der Region weitverzweigten Familiendynastie sein, der selbst ein Lokal unter dem Namen "Schreyegg" geführt hat. (Foto: Arlet Ulfers)

Trotzdem kam ihm viele Jahre nicht in den Sinn, die Wirtschaft selbst zu betreiben. Er arbeitete in der Möbelbranche, lange Zeit für die Seefelder Möbelwerkstätten, die es seit 2012 nicht mehr gibt. Im selben Jahr erbte er das Gebäude von seinem älteren gestorbenen Bruder. Zunächst habe er es verpachten wollen. Doch während der Umbauphase merkte er mehr und mehr, wie sehr er das Haus gern selbst führen wollte. "Und das war dann auch das Schönste, was ich jemals gemacht habe", sagt er.

Urenkel Stefan lebte mit seiner Frau Tanja selbst zeitweise in der Wohnung im zweiten Stock. (Foto: Arlet Ulfers)

Vor zwei Jahren allerdings kam er zum ersten Mal ins Grübeln. "Es ist so schwer, Personal zu finden", sagt er. Trotzdem machte er weiter. Im vergangenen Sommer wurde die Sache mit dem Personal immer enger. Da war die beliebte Bedienung Renate, die die Arbeit gesundheitlich nicht mehr schaffte, da war das Küchenpersonal, das, wenn jemand gastrotypisch weiterzog, nicht mehr zu ersetzen war. "Meine zwei Töchter, die in München und Augsburg studieren, mussten immer häufiger im Service einspringen", erzählt Schreyegg. Auf diverse Stellenanzeigen sei keine einzige Bewerbung eingegangen, sagt auch seine Frau Tanja. Anfragen beim Arbeitsamt brachten ebenfalls keinen Erfolg: "Da hat sich kein einziger bei uns blicken lassen", so die 48-Jährige. Am Ende habe ihr Mann alles machen müssen. War sein einziger verbleibender Koch krank, sprang der Wirt sogar in der Küche ein: "Nur habe ich diesen Beruf nicht gelernt. Wenn ich aber dauerhaft unser Niveau halten will, geht das nicht, da darf man sich nicht so verzetteln", sagt er.

Anna und Josef Schreyegg. (Foto: Arlet Ulfers)

Als seine zwei Küchenhilfen, zwei junge Frauen, im Dezember kündigten,manifestierte sich der Entschluss aufzuhören, in seinem Kopf. In den ersten paar Tagen im Urlaub im Januar sei die Entscheidung dann endgültig gefallen, sagt er.

Nun sucht das Paar nach einem neuen Pächter für ihr Haus. Jeweils 40 Sitzplätze in drei Räumen stünden zur Verfügung, dieselbe Anzahl an Plätzen, also 120, gebe es auch im Biergarten auf der anderen Seite der Straße. Zudem gibt es in dem Gebäude auch zwei Appartements und eine Wirtswohnung, die gepachtet werden kann, sofern der künftige Betreiber dies wolle, sagt Schreyegg. Er hofft nun auf eine Gastronomenfamilie, die das Lokal mit einem kleinen eigenen Team übernimmt: "Mir geht es nicht ums Geld. Ich will ja, das die Wirtschaft weiter besteht und in unserem Sinne geführt wird", sagt Schreyegg. Seine Gäste würden das sicher begrüßen.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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