Galerie Unart:In diesem Laden bekommen viele Starnberger rote Ohren

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Heidi Roschat in ihrer Galerie "Unartig". Sie hat schon den Vorwurf gehört, die Gemälde und Statuen von mehr oder weniger bekleideten Frauen oder der bekannte Sessel mit den Frauenbeinen ("Der Schoß"; im Bild), seien sexistisch. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Heidi Roschat hat in der Kreisstadt ein Geschäft für "Freche Kunst" eröffnet. Manchen Bürgern ist ihr Angebot aber zu erotisch.

Von Otto Fritscher, Starnberg

Heidi Roschat nennt es "freche Kunst", was sie in ihrer neuen Galerie mit dem schönen, doppeldeutigen Namen "Unartig" ausstellt. Sie hat aber auch schon den Vorwurf gehört, die Gemälde und Statuen von mehr oder weniger bekleideten Frauen oder der bekannte Sessel mit den Frauenbeinen ("Der Schoß"), seien sexistisch. "Manche Starnberger sind halt offenbar ein bisschen konservativ", seufzt die Geschäftsfrau und setzt zur Erklärung an.

"Wir müssen uns alle viel mehr Blößen geben, um wieder authentisch zu werden hinter all den Fassaden", meint Roschat. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Denn "sexistisch" ist ein Vorwurf, den Roschat so nicht stehenlassen will: "Es gibt einen großen Unterschied zwischen Erotik und Sexualität", sagt sie und verwahrt sich gegen den Vorwurf, zuviel Nacktheit zu zeigen. Sie spricht lieber von "Blößen" in den Schaufenstern des kleinen Pavillons an der Hanfelder Straße in Starnberg gleich neben dem Tutzinger-Hof-Platz. "Wir müssen uns alle viel mehr Blößen geben, um wieder authentisch zu werden hinter all den Fassaden", meint Roschat.

Roschat bietet in ihrer Galerie ungewöhnliche Objekte an. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Doch es dreht sich in der Galerie, die sich den Pavillon mit dem Kosmetiksalon von Melanie Gals im hinteren Bereich teilt, beileibe nicht alles um Körperlichkeit. Zu sehen sind auch Sektgläser in ungewöhnlichen Farben, Schälchen aus buntem Murano-Glas oder eine Lampe mit 24-Karat-Gold, entworfen vom bekannten Lichtdesigner Ingo Maurer. "Ich will aber auch kein normaler Einrichtungsladen sein", sagt Roschat. Am liebsten wäre es ihr, ihre Galerie als "Kunstort" zu bezeichnen.

Zu ihrer Galerie ist sie durch einen Zufall gekommen. Die Frau, die mindestens vier Berufsausbildungen hinter sich hat - zur Radiologieassistentin, Sozialpädagogin, Heilpraktikerin und Psychotherapeutin -, und die in München schon einen Second-Hand-Laden führte, war abends auf dem Heimweg vom Starnberger Kino, als sie an dem erleuchteten Pavillon vorbeikam. Hier waren unter anderem schon ein Nagelstudio, ein Immobilienbüro und ein Obstladen untergebracht. "Mir war sofort klar, dass dies der Raum für meine Galerie ist", sagt Roschat, die zuletzt mehr als zehn Jahre eine therapeutische Wohngemeinschaft einer Klinik in Grünwald leitete.

"Ich hatte aber schon immer einen großen Hang zur Kunst", erklärt die 62-Jährige. Als sie aus dem "düsteren Ruhrgebiet", wie sie sagt, ins "helle München" kam, besuchte sie Kunstausstellungen, knüpfte Kontakte zu Galeristen und Kunsthändlern - was ihr heute hilft, passende Objekte zu finden. Erotische Kunst hat für sie mit Lebenslust zu tun, das sei ein Gegenpol zu ihrer psychiatrischen Arbeit.

Wie etwa das Gemälde einer russischen Malerin ("Adam und Eva"), eine Streetart-Lampe, die Büste eines Liebespaares oder ein Hund, kunstvoll gefertigt aus Draht, mit Glühbirne im Maul. Oder die Nanas, eine Hommage an Niki de Saint Phalle. "Kaum noch zu bekommen", erzählt Roschat. Oder eine Figur mit dem Titel "The Sportsman", die sie aus dem Guggenheim-Museum in Venedig mitgebracht hat.

Überhaupt Venedig: "Seit langer Zeit fahre ich alle zwei Jahre dorthin zur Biennale", sagt Roschat, die drei Kinder hat. Und da gibt es noch das kleine Kärtchen, auf dem ein Phallus zu sehen ist, auf dem ein Vogel sitzt. "Haben Sie schon mal ein so schönes Vögelchen gesehen?", fragt Roschat und lacht. Was sagt nun ihre Familie zu ihrer Galerie mit erotischer Kunst? "Meine Kinder finden das super", sagt Roschat. "Auch mein Sohn ist ganz begeistert. Er ist katholischer Pfarrer in Hamburg."

Geöffnet ist die Galerie Unart, Hanfelder Straße 3 in Starnberg, jeweils mittwochs bis freitags (13 bis 18 Uhr) und samstags (10 bis 13 Uhr). Am Gründonnerstag, 29. März, findet von 17 bis 20 Uhr die offizielle Eröffnung statt, zu der Heidi Roschat "Menschen mit Freude an Kunst und Leben" einlädt.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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