Gänsejagd am Starnberger See:"Menschenschutz vor Tierschutz"

Der Bund Naturschutz spricht von "Wildwest-Methoden" und "Gänsemord", die Bürgermeister von Tuzing und Feldafing finden das absurd - und verteidigen die gezielte Jagd am Starnberger See.

Gerhard Summer

Der Wirbel ist groß, die Bürgermeister wundern sich. Stefan Wanner (Tutzing) und Bernhard Sontheim (Feldafing) haben gestern die gezielte Jagd auf Grau- und Kanadagänse in ihren Seegemeinden verteidigt. "Ich verstehe die Aufregung nicht", sagten beide. Sontheim nannte die Debatte zudem "populistisch". Dass der Bund Naturschutz den Seejägern "Wildwest-Methoden" vorwirft und ein Ende des "Gänsemords" fordert, sei absurd.

Tutzing Starnberger See

Tutzing will mehr Tourismus, aber diese Gäste sind absolut nicht willkommen: Gänseschar am Thomaplatz der Gemeinde, in der seit August 2008 gezielt Jagd auf die Tiere gemacht wird.

(Foto: STA)

Die Fischereigenossenschaft Würmsee, in der sich die 35 Fischerfamilien rund um den Starnberger See zusammengeschlossen haben, stellt sich ebenfalls vor die Jäger. Sie plädiert für ein natürliches Gleichgewicht.

In Starnberg, Tutzing und Feldafing gelten längst nicht mehr die üblichen Schonzeiten für die Gänse: Das Landratsamt hat für die drei Kommunen Ausnahmegenehmigungen erteilt. In Tutzing war die ausgedehnte Jagd am 6. August 2008 eröffnet worden. Denn die Tiere hätten die öffentlichen Parks und Plätze des Orts mit ihrem Kot "total verunreinigt", sagt Wanner.

Auf einem Spielplatz an der Brahmspromenade mussten Eltern und Kinder "zwischen den Haufen" hindurch balancieren. "Wenn man Kleinkinder hat, die dort spielen wollen - das geht nicht. Da sage ich: Menschenschutz vor Tierschutz." Bis Mitte November 2008 hatten die Seejäger 153 Gänse in Tutzing geschossen, wie ihr Sprecher Hermann Bayrle damals berichtete. 2009 waren es mehr als 100, heuer bis jetzt 60 bis 70.

Wanners Ansicht nach gehen die Jäger sehr umsichtig vor. Er habe sich davon bei der ersten Jagd in diesem Jahr überzeugt. Dass Bayrle und seine Leute am 15. August in unmittelbarer Nähe des öffentlichen Badeplatzes in Tutzing Gänse erlegt haben sollen, vermag der Rathauschef genauso wenig wie Starnbergs Stadtsprecher Karl-Heinz Springer nachzuvollziehen. Allerdings kenne er den Fall nicht, sagt Wanner.

Gänsekot im Freibad

Auch in Feldafing sind die Jäger unterwegs, denn "aus meiner Sicht ist es nicht zumutbar, dass man sich im Freibad permanent in Gänsekot legen muss", sagt Bürgermeister Sontheim. Alle Versuche, die Tiere zu vergrämen, hätten nämlich nichts gebracht. Auf der Roseninsel seien Gras und Blumensorten angesät worden, "die Gänse nicht mögen"- ohne Erfolg. Netze wurden gespannt, um die schlauen Vögel an der Landung zu hindern. Ein Reinfall.

Und der Segel- und Ruderverein MRSV Starnberg brachte einen Minizaun am Bootssteg an. Trotzdem muss jeden Tag der Gänsekot von den Planken gespült werden. Einzig Gregor Müller, Pächter des Südbads Tutzing, glaubt mit seiner Methode zu reüssieren. Er spannt jeden Abend das Ufer mit einem Weidezaun ab. "Das funktioniert, solange die jungen Gänse nicht flugfähig sind".

Wäre es nach Wanner gegangen, hätte 2008 sogar der Wildbiologe Andreas König die Tiere mit einem Drei-Stufen-Plan dezimieren sollen. Unter anderem sollten die Eier der Vögel angestochen werden. Was laut Bayerischem Jagdgesetz untersagt ist und nur im Zuge eines Forschungsprojekts möglich gewesen wäre. Doch die Bürgermeister der anderen Seegemeinden verwarfen das Projekt, so Sontheim. Sie hätten den "Schmarrn nicht mitmachen wollen, mit einem Haufen Geld zu versuchen, die gesetzliche Regelung zu umgehen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: