11.Fünfseen-Fimfestival:Das Programm

Von Gerhard Summer , Fotos: FSFF

Mephisto
(Foto: FSFF)

Dem Ehrengast und Oskar-Preisträger István Szabó ist eine eigene Reihe mit sieben seiner Werke gewidmet. Darunter sind auch seine wohl bekanntesten Filme über zwei opportunistische Künstler, die in Zeiten der Nazi-Diktatur ihre eigenen Überzeugungen verraten und sich dem Regime andienen, um Karriere zu machen: "Mephisto" mit Klaus Maria Brandauer (28. Juli, 20 Uhr, in Weßling und 29. Juli, 17.30 Uhr, in Gauting) und "Taking Sides - Der Fall Furtwängler" mit Stellan Skarsgård und Harvey Keitel (31. Juli, 18 Uhr, in Gauting). Szabos jüngster Film, "Hinter der Tür" von 2012 mit Martina Gedeck, läuft ebenfalls auf dem Festival (31. Juli, 20.30 Uhr, Gauting).

Szene aus Das Sams
(Foto: FSFF)

Eine weitere Hommage gebührt dem zweiten Ehrengast des Festivals, der Schauspielerin Eva Mattes. Auf dem Programm stehen acht Produktionen mit der Darstellerin, die fünfmal den Deutschen Filmpreis in Gold erhielt, mit Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog und Percy Adlon drehte und im Fernsehen 15 Jahre lang die Tatort-Kommissarin Klara Blum verkörperte. Für alle, die sich kindliches Gemüt bewahrt haben, ist "Das Sams" natürlich ein Muss (29. Juli, 15 Uhr, Starnberg, und 5. August, 13 Uhr, Gauting). Ansonsten gehören "Celeste" (29. Juli, 20 Uhr, in Starnberg) und "Woyzeck" (30. Juli, 11 Uhr, in Gauting) zum Pflichtprogramm. Mattes tritt am 28. Juli, 20 Uhr, außerdem im Stadttheater Landsberg mit einer Mischung aus Literatur- und Chanson-Abend auf. Der Titel: "Werft eure Herzen über alle Grenzen".

Das leise Rauschen zwischen den Dingen
(Foto: FSFF)

Eine Vogelscheuche namens Balthazar hält sich eine Muschel ans Ohr und hört Wunderbares. Abiturient Tom kommt auf die seltsame Idee, sich mit einem Obdachlosen zusammenzutun, um seine Prüfungen zu bestehen. Und bei dem Familienvater Georg läuft alles prima, auch beruflich, bis eines Tages ein Fremder in Georgs Einfamilienhaus kommt, ein Bett im Wohnzimmer aufstellt und bleibt. Wer ein Faible für groteske, abstruse und lustige Geschichten hat, sollte beim 11. Fünfseen-Festival auf keinen Fall Kurzfime wie "Au revoir Balthazar" oder "Der Spickzettel" und Short-Plus-Produktionen wie "Das Leise Rauschen zwischen den Dingen" links liegen lassen. In den beiden Kategorien stehen diesmal 55 Stücke auf dem Programm, und viele davon sind so skurril und abseitig, dass es eine Freude ist. Die Kurzfilme laufen, zusammengefasst in vier Blöcken, am 28. Juli in Gauting, am 29. Juli in Herrsching, am 30. Juli in Weßling und am 31. Juli in Starnberg (jeweils 20 Uhr). Auch die Short-Plus-Produktionen, also die längeren Stücke mit 25 bis 60 Minuten Laufzeit, gibt es gesammelt in vier Vorstellungen zu sehen, Start ist am 28. Juli in der Schlossberghalle Starnberg (21 Uhr).

Ausgesuchte Spielfilme aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und dem Gastland Ungarn laufen im Hauptwettbewerb, dem Fünfseen-Filmpreis. Zu den Entdeckungen gehört "Anishoara", der mit Laiendarstellern in Moldavien gedrehte Abschlussfilm der Regisseurin Ana-Felicia Scutelnicu, der mit poetischen Bildern und fast ohne Dialoge daherkommt (3. August, 17.15 und 20.30 Uhr, sowie 5. August, 14 Uhr, in Gauting, 4. August, 20.30 Uhr, in Starnberg). Und auf keinen Fall versäumen sollte man den in Kairo spielenden Thriller "Die Nile Hilton Affäre" von Tarik Saleh (3. August, 20.30 Uhr, in Starnberg, 4. August, 21.30 Uhr, in der Schlossberghalle, 5. August, 11 Uhr, in Gauting).

Secondo Me, Film Kategorie Horizonte
(Foto: FSFF)

Was die Dokus betrifft, hat sich das Team um Festivalleiter Matthias Helwig heuer für sieben Filme entschieden. Das vielleicht reizvollste Sujet nimmt sich Pavel Cuzuioc in "Secondo Me" vor: Drei Garderobiers an drei großen europäischen Opernhäusern, der Mailänder Scala, der Wiener Staatsoper und dem Opernhaus in Odessa, sprechen über ihre Sorgen, Veränderungen im Berufsalltag, über Liebe, Politik und Stadtgeflüster. Reale Dramen aus dem Foyer der Kunstopern (3. August, 19 Uhr, Gauting, 4. August, 18 Uhr, Starnberg, und 5. August, 16 Uhr, Seefeld).

In der Horizonte-Auswahl sind Werke versammelt, die sich tiefergehend ihren Themen widmen, beispielsweise den Schattenseiten der Elektroindustrie, der Milchwirtschaft und der Situation von Flüchtlingen. Besonders sehenswert: Mark Olexa und Francesca Scalisi zeigen in "Half life in Fukushima" eine Geisterstadt und ihren letzten Bewohner namens Naoto, die Bilder erinnern teilweise an einen post-apokalyptischen Science-Fiction (31. Juli, 19 Uhr, Gauting und 1. August, 17.30 Uhr in Starnberg).

Auch in der Perspektive Junges Kino, das auf Newcomer-Filme jenseits von Mainstream und Kommerz setzt, sind sieben Arbeiten zu sehen. Wer sich für Sandra Wollners "Das unmögliche Bild" entscheidet, muss ein wenig Geduld mitbringen, denn diese Familiengeschichte aus dem Wien der Fünfzigerjahre entwickelt sich langsam. Zuerst ist nur klar: Es geht um einen Haushalt voller Frauen, und Großmutter Maria Steinwendner lädt wöchentlich zu Kochclubs ein, deren Besonderheit darin besteht, dass nie gekocht wird. Aber bald ist klar, welches Geheimnis die Frauen verbindet: Sie haben illegal abgetrieben (3. August, 18 Uhr, in Seefeld und 21.15 Uhr in Herrsching, 4. August, 18.30 Uhr, und 5. August, 17.30 Uhr, in Gauting).

Falsche Siebziger
(Foto: FSFF)

Der Publikumspreis gehört zu den großen Sektionen des Kinomarathons 2017. Er ist so etwas wie das Best-of des Cineasten Helwig, der mit seinem Team Jahr für Jahr die wichtigsten Festivals in aller Welt abklappert. 30 Filme sind in dieser Kategorie versammelt. Einige davon sind nur dieses eine Mal auf einer Kinoleinwand in Bayern zu sehen, beispielsweise Ferenc Töröks "1945" über eine Dorfgemeinschaft, die einst Juden denunziert hat und Jahre später voller Angst der Ankunft zweier Männer entgegensieht, die den Holocaust überlebt haben (unter anderem 28. Juli, 18 Uhr, in Starnberg). Andere der Publikumsfilme werden in diesem Herbst in den Kinos anlaufen. Dazu gehört "Falsche Siebziger" des Wolfratshauser Regisseurs Matthias Kiefersauer, eine schwarze Komödie über drei Familien aus dem Örtchen Weiler an der bayerisch-tschechischen Grenze. Sie kommen nach dem Tod von Verwandten auf die schöne Idee, die Herrschaften sozusagen weiterleben zu lassen, um ihre Renten zu kassieren (unter anderem 27. Juli, 14 Uhr, in Seefeld). Joel Hopkins "Hampstead Park - Aussicht auf Liebe" wiederum erzählt eine Geschichte jenseits von Konventionen: Eine Amerikanerin verliebt sich in einen Kauz, der in einer selbstgezimmerten Hütte im Hampstead Park lebt und vertrieben werden soll (unter anderem 27. Juli, 20 Uhr, in Seefeld).

Parasite Island
(Foto: FSFF)

Das Odeon war in der Antike ein Gebäude, in dem Musiker und Rezitatoren auftraten und sind miteinander maßen. In Starnberg steht der Begriff dafür, dass sich das Fünfseen-Spektakel als allumfassendes Kunstfestival definiert. So stehen auch Filme über Architektur, Theater, Maler, Musiker und Video-Kunst auf dem Programm. In den ausgewählten Produktionen geht es um Auguste Rodin, den Künstler Johannes Grützke, den Bildhauer Alberto Giacometti ("Final Porträt") und den begnadeten Balletttänzer Sergei Polunin ("Dancer"). Roland Wagner führt in "Ganz große Oper" die Maschinerie der Bayerischen Staatsoper in München vor (31. Juli, 18 Uhr, in Starnberg und 5. August, 19.45 Uhr, in Gauting). Und der Weipertshauser Künstler Herbert Nauderer entführt in "Parasite Island" in seine merkwürdige Mausmann-Welt (mit Josef Bierbichler und Sibylle Canonica, 28. Juli, 18 Uhr, in Starnberg).

Vergangenes Jahr war beim Festival mehr Open-Air - heuer sind noch drei Spielstätten übrig: vor der Schlossberghalle, am Augustiner Wörthsee und im Schuster-Biergarten in Hochstadt. Nicht versäumen: Josef Haders "Wilde Maus" (28. Juli, 22 Uhr, Wörthsee) und "Leonard Cohen - Live in London 2008" (1. August, 21.30 Uhr, in Hochstadt).

Zu den Gastländern gehören heuer Ungarn, Taiwan, Indien und Südtirol. In dieser Kategorie läuft neben Ernst Lubitschs Klassiker "Redezvous nach Ladenschluss" (1. August, 19.30 Uhr, in Gauting) auch eine Komödie über den Prinzipienreiter Newton, der als Wahlhelfer im indischen Dschungel antritt (30. Juli, 16 Uhr, Herrsching und 5. August, 19.30 Uhr, in Gauting).

Die Reihe In Memoriam ist gestorbenen Stars zugedacht. Sie bringt die Wiederbegegnung mit Jean-Luc Godards "Außer Atem", John Landis' "Blues Brothers" und "Stop Making Sense", dem Konzertfilm über die Talking Heads (unter anderem 29. Juli, 22.45 Uhr, in Gauting).

Fokus Drehbuch kann als Alleinstellungsmerkmal des Festivals gelten: eine Reihe, die sich um die Bedeutung des Drehbuchs dreht. Auf dem Plan: ein Werkstattgespräch (28. Juli, 19 Uhr, in Gauting) und eine Podiumsdebatte über die Frage "Fehlen die Geschichten der Frauen" (29. Juli, 18.30 Uhr, Schlossberghalle). Was die Filme betrifft, ist unter anderem das DDR-Drama "In Zeiten des abnehmenden Lichts" geboten (28. Juli, 19.30 Uhr, Schlossberghalle).

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