Fünfseen-Filmfestval:Jäger und Gejagte

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Zum Abschluss des Festivals erzählen drei Filmemacher drei Geschichten von der selben Mördersuche im Thüringer Wald.

Starnberg "Ich hatte mich bei einem Gespräch defätistisch über die Berliner Schule geäußert. Daraufhin entbrannte eine Diskussion per E-Mail mit Christian Petzold und Christoph Hochhäusler, die mich mehr und mehr begeisterte", erzählt der Münchner Regisseur Dominik Graf beim Gespräch über die Filme "Dreileben" am Sonntag in Starnberg. Die Korrespondenz übers Filmemachen in Deutschland, über die Balance zwischen Kommerzkino, Festivalkultur und TV-Koproduktionen hat schließlich zu dem gemeinsamen Projekt geführt, das am letzten Tag des Fünfseen-Filmfestivals gezeigt wurde. Der Plan war nicht, einen sogenannten Omnisbusfilm mit mehreren Episoden zu drehen, sondern drei Geschichten von drei Autoren aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählen zu lassen, die schließlich zu einer Einheit zusammenfließen sollten. Das Interessante: Dominik Graf gilt als Autorenfilmer, Christian Petzold und Christoph Hochhäusler sind Protagonisten der jüngeren "Berliner Schule". Die Filme spielen in Oberhof bei Suhl im Thüringer Wald, eine Kleinstadt im ehemaligen Zonenrandgebiet mit einer Klinik am Waldrand, einer Felsenhöhle, einer Autobahnbrücke. Polizei und LKA jagen einen flüchtigen Frauenmörder, der sich in den Wäldern versteckt. Christian Petzold erzählt in "Etwas Besseres als den Tod" eine Geschichte am Rande, ein Liebesmelodram zwischen dem Zivi Johannes und dem Zimmermädchen Ana als zunächst scheue, dann schwärmerische Liebe ohne Aussicht auf Zukunft. In Dominik Grafs "Komm mir nicht nach" reist die Polizeipsychologin Jo (Jeanette Hain) an, um bei der Mördersuche zu helfen. Sie wohnt bei einer alten Freundin und deren Mann, einem Bestsellerautor, und berichtet ihnen von ihren Recherchen und Erkenntnissen. Christoph Hochhäusler rollt dann in "Eine Minute Dunkel" schließlich die Geschichte des entflohenen Häftlings Molesch (Stefan Kurt) auf und zeichnet das Psychogramm eines Gejagten. Und folgt den Ermittlungen eines krankgeschriebenen Ortspolizisten, der den Frauenmord von damals rekonstruiert und dabei Überraschendes herausfindet. Bei der Diskussion mit dem Starnberger Filmjournalisten Thomas Lochte im Anschluss an die Filme erzählt Graf, dass jeder Regisseur vor dem Hintergrund der E-Mail-Korrespondenz sein eigenes Drehbuch entwickelte und, mitfinanziert durch Fernsehanstalten, mit den Dreharbeiten begann. Doch keiner habe den Film des anderen gesehen, auch nicht die Schnittfassung. Der Thüringer Wald, mittlerweile "ein Muss bei größeren TV-Krimiproduktionen", wie Lochte meinte, sei wie ein geheimnisvoller Märchenwald und eigne sich darum sehr gut für solche Geschichten, so Graf. Es gehe hier auch um die übrig geblieben Struktur der Städte und um die Menschen, die nach der Wende geblieben oder gekommen seien. Bei seinen Polizei-Thrillern interessiere ihn, was passiere, wenn Jäger und Gejagte sich nahe kommen. Je dunkler der Spiegel sei, in den der Polizist schaue, umso spannender werde die Geschichte. Drei Filme à 90 Minuten, nacheinander anzusehen, das funktioniere bei einem Filmfestival gut. Beim Fernsehen sei es schon schwieriger, da ja die Filme zusammen gesehen werden sollten. "Wir sprengen damit das Format. Jedoch ist auch einiges bei den Sendern im Umbruch. Es ist eine Bereitschaft da, andere Formate zuzulassen", so Graf. Seine besondere Technik sei, immer nur das Wichtigste zu erzählen. Wenn die Psychologin ihren Freunden berichte, lasse sie vieles aus, assoziiere, gebe keine klare Analyse. Die komme erst später, im dritten Film. "Die drei Perspektiven sind das besondere an diesem Projekt."bla

Filmgespräch mit Dominik Graf Starnberg Filmgespräch mit dem Regisseur Dominik Graf im Kino Breitwand in Starnberg. (Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)
© SZ vom 09.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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