Fünfseen-Filmfestival:Mission mit Pappnase

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Der Stammgast: Filmemacher Walter Steffen aus Seeshaupt. (Foto: Georgine Treybal)

Das Fünfseen-Filmfestival gibt sich heuer ökologisch wertvoll und bietet Walter Steffen, Mara Eibl-Eibesfeldt, Maike Conway und anderen Regisseuren aus der Region eine Plattform

Von Gerhard Summer, Starnberg

Clowns ohne Grenzen? Klingt komisch, weil wahre Clowns doch ohnehin immer auf Achse sind und keine Limits kennen. Gemeint ist aber etwas anderes: Professionelle Spaßmacher, Artisten und Musiker reisen ehrenamtlich in Krisengebiete, treten dort kostenlos auf und versuchen, den gepeinigten Menschen wieder etwas Lebensmut zu geben. Eine Mission mit Pappnase.

Dem Filmemacher Walter Steffen, der gern das Große im Mikrokosmos sucht und eine Vorliebe für den regionalen Stoff hat, geht es allerdings mehr um die unsichtbaren Schlagbäume. Um das, was Nachbarn vielleicht nur leise sagen, um versteckte Ressentiments, um Ängste. Er hat vier der Clowns, die auch in Deutschland unterwegs sind, auf ihrer Willkommens-Tour zu acht Aufnahmeeinrichtungen und Heimen begleitet. Sein neues Roadmovie "Happy Welcome" wird auf dem Fünfseen-Filmfestival (29. Juli bis 9. August) zu sehen sein, genauso wie vier weitere Produktionen von Regisseuren, die in dieser Gegend verwurzelt sind: Mara-Eibl-Eibesfeldt aus Weßling, Maike Conway aus Starnberg, Mickel Rentsch aus Fürstenfeldbruck und Manuela Bastian, die am Ammersee aufgewachsen ist.

Festivalchef Matthias Helwig aus Gilching ist mit dem neunten Spektakel für Cineasten vollends auf dem Öko-Trip: alle Shuttles elektrifiziert, die Kinos mit Ökostrom betrieben, Kaffee aus fairem Handel. Außerdem stehen E-Bikes zum Testen bereit. Schön und gut, aber Helwig hat längst bewiesen, dass er einen Sinn für die Gegend hat, in der er auch lebt. Denn er holte von Anfang an nicht nur Filme aus aller Welt nach Starnberg, sondern förderte auch junge oder etablierte Regisseure aus dem Fünfseenland. Steffen gehört zu seinen Stammgästen. Dass die Werke des Seeshaupters ("Bavaria Vista Club", "München in Indien") stets auf den letzten Drücker fertig werden, gehört zu den Festivalritualen; meist ist er noch am Schneiden, kurz bevor der Filmmarathon beginnt.

Steffen hat sich ein Thema ausgesucht, das in der Luft liegt. Im März erst ist "Willkommen auf Deutsch" angelaufen, eine Doku von Hauke Wendler und Carsten Rau. Die Zwei führen vor, was passieren kann, wenn nebenan mit einem Mal Asylbewerber einziehen: Bürger sorgen sich um die Sicherheit ihrer Töchter und nebenbei um den womöglich sinkenden Wert ihrer Eigenheime. Auch Steffen geht es um eine "fragmentarische Bestandsaufnahme der aktuellen Willkommenskultur". Mara Eibl-Eibesfeldt zeigt mit "Im Spinnwebhaus" ein Drama zwischen modernem Märchen und psychologischem Thriller in Schwarz-Weiß: Eine Mutter ist mit ihren drei Kindern überfordert und macht sich oft tagelang aus dem Staub. Der zwölfjährige Jonas versucht, für sich und seine Geschwister zu sorgen, die Kinder flüchten sich immer mehr in eine Fantasiewelt und lernen den geheimnisvollen Felix kennen. In Maike Conways Doku "Corinnes Geheimnis" geht es um ein anderes Versteckspiel: Das Mädchen kommt mit sechs Jahren in eine Pflegefamilie, die in einem bayerischen Dorf wohnt. Niemand soll erfahren, dass sie mit HIV infiziert ist.

Mickel Rentsch und Manuela Bastian wiederum beschreiben Annäherungen: Rentsch ("Marktl ist Papst") porträtiert in "Hermann - Vorwärts gibt es kein Zurück" seinen mit 70 Jahren gestorbenen Vater, einen Künstler, Gletschervermesser und Lebemann. Und Bastian zeigt in "Papa Afrika" eine Vater-Sohn-Beziehung.

"Happy Welcome" ist am 7. August, 19.30 Uhr, in Uraufführung in der Schlossberghalle Starnberg zu sehen, ferner am 9. August, 20.15 Uhr, in Herrsching. Das "Spinnwebhaus" läuft unter anderem am 2. August, 18.30 Uhr, in Starnberg, "Corinnes Geheimnis" am 6. August, 18.30 Uhr, in Starnberg, "Hermann" am 2. August, 20 Uhr, in Dießen und "Papa Afrika" am 31. Juli, 19 Uhr, in Herrsching.

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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