Fünfseen-Filmfestival:15 Filme in zehn Tagen

Wer Festivalatmosphäre in Gauting und Starnberg sucht, wird kurz vor Vorstellungsbeginn in den Kinos fündig. Erst dann rücken die Besucher an, viele haben sich ein großes Pensum vorgenommen

Von Katja Sebald, Starnberg/Gauting

Noch keine langen Warteschlangen. Eigentlich ist gar niemand zu sehen. Kurz bevor das Kino öffnet, ist es still in Gauting. Der graue Kinobau scheint in der Hitze zu schlafen. Ob bei diesem strahlenden Wetter überhaupt jemand mitten am Nachmittag einen Film anschauen wird? Theaterleiterin Natalie Papapetrou ist gerade über die Feuerleiter aufs Dach geklettert, um noch schnell ein Banner für das Fünfseen-Filmfestival anzubringen. Ihre Mitarbeiter geben ihr von unten Zeichen, als das Ganze richtig hängt.

Gerade einmal fünfzig Meter weiter fragt eine Passantin nach dem Weg zum Kino. Gleich ist Vorstellungsbeginn. Und auf einmal sind sie da. Man erkennt sie an dem blauen Band, an dem der Festivalpass hängt. Der Samstag ist der Tag für die Cineasten, die zwischen Starnberg und Gauting pendeln und einen Film nach dem anderen anschauen. Selbstverständlich ohne ein einziges Mal in den Himmel zu blicken und sich zu fragen, ob man nicht lieber zum Baden gehen sollte. Helga Mauser aus Possenhofen zum Beispiel hält sich seit vielen Jahren die Tage des Filmfestivals frei, um so oft wie möglich ins Kino zu gehen. Seit sie frühverrentet ist, schafft sie 15 oder 16 Filme in zehn Tagen. Und schon verschwindet sie mit einer Menschentraube in einem der dunklen Säle.

In Starnberg ist derweilen Eva Mattes verloren gegangen. Vor dem Kino steht etwas betreten das Empfangskomitee, auch ein paar Journalisten und ein Kameramann sind dabei. Doch da kommt sie schon: zu Fuß, ein wenig außer Atem und leicht verschwitzt, aber trotzdem mit professionellem Lächeln. Der Fahrer hat sie versehentlich an der Schlossberghalle abgesetzt. Macht doch nichts. Auch das klingt professionell. Die Tür schließt sich hinter ihr und dann ist es auch hier wieder still. Vor dem Kino fragen Passanten nach dem Zentrum.

Dem Zentrum des 11. Filmfestivals? Nein, nein, nach dem Stadtzentrum. "Die vielen Leute und das Gewusel, aber immer nur kurz, bis sich alle wieder auf die verschiedenen Filme verteilen, genau das macht die besondere Atmosphäre an den Tagen des Festivals aus", sagt später Barbara Winkler. Seit Jahren betreut sie auf dem Festival die Kategorie "Short Plus Award", in der mittellange Filme zwischen 25 und 60 Minuten gezeigt werden. Am späten Sonntagabend läuft in der Schlossberghalle der vierte und letzte Programmteil. Da kennt sie ihr Publikum schon, das aus etwa fünfzig Kennern und Liebhabern dieses besonderen Formats besteht. In der Nachmittags-Session habe man einen großartigen Film gesehen, der in einem Freibad spielt, schwärmt Barbara Winkler. Dann verschwindet auch sie, denn sie muss noch schnell mit dem Filmvorführer die Reihenfolge der nächsten Short-Plus-Filme absprechen: Eine treue Besucherin, die noch kurz zum Essen gegangen ist, soll ihren Favoriten auf keinen Fall verpassen.

Mit dem richtigen Wetter fürs Kino ist es ohnehin so eine Sache. Deshalb gibt es auch am späten Sonntagabend im Foyer der Schlossberghalle ein bisschen mehr als Gewusel, schon fast Aufregung und auch ein bisschen Unmut: Ein paar eingefleischte Open-Air-Fans kommen in Daunenjacken, ausgerüstet mit Sitzkissen und Decken, um im Freien die bayerische Komödie "Falsche Siebziger" zu sehen. Einige von ihnen beginnen bereits, das Wasser von den Stühlen zu wischen, das sich dort nach dem starken Gewitter gesammelt hat. Sie haben extra angerufen und die Auskunft bekommen, dass der Film draußen gezeigt wird, aber jetzt ist man doch auf den großen Saal ausgewichen.

Andere hätten gerne Popcorn, aber das gibt es in der Schlossberghalle nicht. Drinnen steht noch die Hitze des Tages, es ist stickig. Manche überlegen, ob sie wieder gehen sollen. Kann man die Karten zurückgeben? Wenigstens darf man ein kühles Getränk mit hinein nehmen. Am Ende füllen sich die Reihen doch nach und nach. Und dann sind auch noch der Drehbuchautor und der Filmkomponist für ein kurzes Geplauder da. Alle sind zufrieden. Das Licht geht aus. Der letzte Film des ersten Festivalwochenendes läuft. Es ist eine allenfalls mittelmäßige Komödie. Aber egal. Das Wetter? Auch egal.

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