Fünfseen-Filmfestival:Biografie - ein Puzzle

Fünf Drehbuchautoren beschreiben in einem Werkstattgespräch, wie sie versuchen, Lebensgeschichten zu etwas Besonderem zu machen

Von Blanche Mamer, Starnberg

Kaum vorstellbar und doch wahr: Beim Werkstattgespräch in der Reihe Fokus Drehbuch am Samstag sind die Erfinder von 350 Filmen auf dem Podium versammelt. Allein Peter Zingler zeichnet für die Skripts von mehr als 80 Filmen, Fred Breinersdorfer, Peter Probst und Dorothee Schön haben die Bücher zu etlichen Spielfilmen, Tatorten, Krimis und TV-Reihen geschrieben und den Stoff für einige der wichtigsten biografischen Filme der letzten Jahre geliefert. Und auch Carolin Otto, die Moderatorin, hat sich in einem Drehbuch mit Hannah Arendt und der Beziehung zu Martin Heidegger befasst.

Zum Thema Biopics gab es somit einiges zu sagen. Dass der Anstoß für die Erarbeitung der Biografie einer bestimmten Person immer mit einem selbst zu tun hat, darin waren sich die Autoren einig. Breinerdorfer, der mit seiner Tochter zusammen das Skript zu "Elser" geschrieben hat, sagte, ihn habe interessiert, was Georg Elser schon 1939 im nationalsozialistischen System erkannt habe und die eigenen Eltern nicht. Und Probst, der Autor von "Luis Trenker", erzählt, dass sein Vater ein Verehrer des Südtirolers gewesen sei, in seinem Look herumlief und den Kindern erlaubte, als einzige im Fernsehen dessen Filme anzuschauen. Interessiert habe ihn auch, wie die Gesellschaft nach dem Krieg wieder so schnell auf die Beine kommen konnte. Dorothee Schön meinte, es gebe keine Beziehung zu Ex-Minister zu Guttenberg doch in ihrer Satire gehe es um einen Menschen der Zeitgeschichte. "Die Witze wollen genauso recherchiert sein wie biografische Begebenheiten. Und bei Erich Kästner hat mich interessiert, wie ein verfemter Autor, ohne zu emigrieren, zwölf Jahre lang überleben konnte."

Zingler schließlich hat sein eigenes Leben als zehnjähriger Bub im zerbombten Köln zum Thema eines TV-Films gemacht. "Wenigstens musste ich mich nicht mit Angehörigen und Erben herumschlagen, wie es die Kollegen bei Trenker, Leni Riefenstahl oder Bernhard Grzimek erlebt haben.

Biografien nach Jahreszahlen seien extrem langweilig, stellt Probst fest. Interessant seien einzelne Begebenheiten, und da müsse man auswählen. Für Schön ist es wichtig, ein Gegenüber herauszugreifen sie nennt als Beispiel den Film "Amadeus" nach dem Buch von Peter Shaffer, bei dem Antonio Salieri, der Gegenspieler von Mozart, sich erinnert. Bei Guttenberg habe sie seinen fiktiven Spindoktor auftreten lassen. Breinerdorfer führt als gutes Beispiel für eine bestimmte Begebenheit den Film "Capote" an, in dem es um die schwule Liebe des Schriftstellers zu einem zum Tode Verurteilten geht. "Man muss den einen Punkt finden, der die Geschichte zu etwas Besonderem macht", sagt er.

Doch wie konstruiert man die Geschichte? Wie entwickelt man sie?, will Carolin Otto wissen. Breinersdorfer erzählt von seinem Vorgehen bei "Elser". Er arbeitet mit zwei Zeitebenen, die misslungene Flucht in die Schweiz nach dem Attentatsversuch auf Hitler und die Festnahme durch die Nazis, die durch ihre Folter Rückblenden ermöglichen. Dabei zeigt sich, wie zuvor das Leben im Dorf gekippt ist, wie plötzlich alle Nazis waren und Elser "als einziger zwei und zwei zusammenzählte".

Eine große Hürde seien immer noch die Fernsehredakteure, stellt Otto fest. Denn bei allen Filmen seien immer auch ein oder mehrere TV-Sender beteiligt. Jeder der Drehbuchschreiber kann ein Beispiel beitragen, wie ein Script abgelehnt oder bestimmte Änderungen verlangt wurden. "Eine Redakteurin bestand darauf, meine Mutter sei eine Prostituierte gewesen. Ja sie hat mit belgischen Soldaten geschlafen, sie musste uns ja durchbringen. Die Redakteurin war überzeugt, das sei Prostitution", sagt Zingler. Das Publikum hätte noch stundenlang zuhören mögen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: