Frauen helfen Frauen:Rat und Tat gegen Gewalt

Herrsching: Frauen helfen Frauen Starnberg e.V.

Claudia Sroha (li.) und Cordula Trapp beraten Frauen in Not.

(Foto: Nila Thiel)

Der Jahresbericht der Institution ist ernüchternd

Von Sabine Bader, Starnberg/Herrsching

Siglinde S. (Name geändert) weiß weder aus noch ein. Vor drei Tagen kam ihr Mann wieder geladen nach Hause. Vielleicht hatte er Stress in der Arbeit. So genau hat sie es nicht rausgekriegt. Aber der Streit kam schnell und ohne ersichtlichen Grund. Es passierte, weil das Essen noch nicht auf dem Tisch stand. Das war alles. Doch er flippte aus, schrie, sie sei unfähig, habe nichts fertig, wenn er nach einem anstrengenden Tag heimkomme. Sie versucht sich zu rechtfertigen, weil sie weiß: Wenn sie ihn nicht beschwichtigen kann, passiert etwas. Und es passiert. Er schlägt zu - einmal, zweimal, dreimal. Sieglinde S. ist 35 Jahre alt, hat zwei kleine Kinder und einen Minijob. Was soll sie tun? Sie will den Vater ihrer Kinder nicht verlassen, aber die Situation ändern. Von ihrer Freundin hat sie einen Flyer bekommen von der Beratungsstelle "Frauen helfen Frauen". Auf der Titelseite heißt es: "Jede Frau hat ein Recht auf ein Leben ohne Bedrohung, Angst und Gewalt!" Sie ruft an.

Fälle wie diesen kennen Sozialpädagogin Claudia Sroka und ihre Kollegin Cordula Trapp, mit der sie sich eine Stelle teilt, zur Genüge. Im Kreissozialausschuss berichtet sie von ihrer Arbeit. Gewalt hat viele Gesichter, sagt Sroka: Die Gewalt kann psychischer, physischer oder sexueller Natur sein, kann aber auch soziale und ökonomische Komponenten haben. "Bei der Gewalt geht es immer um Macht und Kontrolle", sagt Sroka. "Der Täter möchte sein Opfer dominieren, demütigen." Oftmals sind die ratsuchenden Frauen auch von Grund auf verunsichert. Sie wissen nicht, ob das, was sie erlebt haben, überhaupt als Gewalt bezeichnet werden kann. "Die Frauen haben oft ganz wenig Selbstvertrauen", berichtet Sroka.

Die Zahlen aus dem Jahr 2017 sprechen für sich: In den meisten Fällen (168) ist die Gewalt, der Frauen ausgesetzt sind, psychischer Natur. In 81 Fällen haben sie körperliche Gewalt wie Schläge und ähnliches erfahren müssen. Sexuelle Hintergründe, die bereits länger zurückliegen, hatten die Gewaltausbrüche in 21 Fällen, in 17 Fällen kamen die Frauen aus aktuellen Anlässen von sexueller Gewalt. Was besonders erstaunt: Nur rund fünf Prozent der Frauen, denen Gewalt angetan wird oder wurde, zeigen die Täter auch an.

98 Frauen hat der Verein im vergangenen Jahr beraten, davon hatten 23 Migrationshintergrund. In 17 Fällen meldeten sich nicht die Frauen selbst bei den Beraterinnen, sondern Angehörige, denen die Vorfälle zu weit gehen. Wenn Frauen verzweifelt sind, dann brauchen sie meist recht schnell Rat. Besonders oft berieten Sroka und ihre Kollegin im Vorjahr Frauen am Telefon - im Ganzen 301 mal. Zu persönlichen Gesprächen trafen sie sich 149 mal. 42 Frauen gaben sie eine Hilfestellung per Mail. Und begleiteten 18 Frauen auf Behörden wie Polizei, Gericht, Jugendamt oder zum Therapeuten. 57 mal nahmen sie Kontakt zu Fachdiensten auf.

Auch eine Rechtsanwältin unterstützt die Arbeit des Vereins und erteilt Hilfesuchenden 15-minütige Rechtsberatungen. "Das ist für uns ganz besonders wichtig", sagt Claudia Sroka. Wichtig für die hilfesuchende Frau ist aber vor allem auch, dass die Beratungen des Vereins stets kostenlos, vertraulich und auf Wunsch auch anonym sind.

Im Verlauf des Vortrags wurde den Kreisräten schnell klar: Die Frauen, die hier arbeiten, wissen wovon sie sprechen. Sie können auf einen langen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Schließlich gibt es den 1989 gegründeten Verein "Frauen helfen Frauen" mittlerweile seit fast drei Jahrzehnten.

"Frauen Helfen Frauen, Herrsching, Telefon: 08152/5720, E-Mail: info@frauenhelfenfrauen-sta.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: