Finanzen:Rechnungsprüfer kritisieren Tutzing

Der interne Bericht birgt Brisantes - etwa Verstöße bei einer Vergabe und den teuren Fehlkauf eines Gewerbegrundstücks

Ein teurer Grundstücksfehlkauf in Traubing, wesentliche Verstöße bei der Vergabe für die Instandsetzung der Mittelschule, ein Millionenzuschuss für defizitäre Kindertagesstätten am Ort und unerledigte Hausaufgaben der Verwaltung bezüglich des Geschäftsgebarens des Midgardhauses: Die Rechnungsprüfer haben an der Jahresrechnung der Gemeinde Tutzing für 2016 in mehreren Punkten Anstoß genommen, wie aus dem internen Bericht hervorgeht, der der SZ vorliegt. Die Gemeinde muss sehr genau schauen, wofür sie Geld ausgibt und wie sie Einnahmen generiert. Denn auch wenn im Ort durchaus etliche Betuchte unter den knapp 10 000 Einwohnern leben, umfasst der Haushalt doch nur bescheidene 28 Millionen Euro.

Grundsätzlich sei man aber mit der Arbeit der Verwaltung "sehr zufrieden", unterstrich der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses Ernst Lindl (CSU) im Gemeinderat. Warum das Gremium mit Lindl, Stefan Feldhütter (Freie Wähler), Maximilian Levasier (FDP), 3. Bürgermeister Franz Matheis (UWG Traubing) und Peter Stich (CSU) erst in diesem März das Jahr 2016 unter die Lupe genommen hat, erklärt sich mit der schweren Krankheit und dem Tod des vorhergehenden Bürgermeisters Rudolf Krug im August 2017 und der folgenden Neuwahl. In der öffentlichen Sitzung nannte Lindl nur wenige Punkte aus dem achtseitigen Prüfungsbericht, der durchaus Brisantes birgt.

Unbrauchbarer Gewerbegrund

So hat die Gemeinde in Traubing für 550 000 Euro ein bislang unbebautes Grundstück gekauft. Dort wollte sie ein kleines Gewerbegebiet ausweisen. Man hätte jedoch nicht nur aufwendig einen Hügel abtragen müssen. Es stellte sich dem Bericht zufolge auch heraus, dass eine Erschließung wegen der Beschaffenheit des Untergrunds nicht möglich ist und auch "zumindest teilweise eine gewerbliche Verwertung verhindert". Was genau damit gemeint ist, wird nicht genannt. Eine entsprechende Anfrage an die Gemeinde blieb unbeantwortet. Um gesundheitsgefährdende Stoffe soll es sich dem Vernehmen nach nicht handeln. Die Verwaltung hatte vor dem Erwerb den Boden nicht untersuchen lassen. Daher soll sie künftig bei Grundstückserwerben prüfen, ob Bodenuntersuchungen notwendig sind.

Umstrittene Vergabe

Die Mittelschule Tutzing sollte in sechs Bauabschnitten zwischen 2016 und 2021 instandgesetzt werden. Honorarzahlungen in Höhe von mehr als 300 000 Euro brutto an ein beauftragtes Planungs- und Bauleitungsbüro gerieten dabei ins Visier der Prüfer, unter anderem, weil die beim Vertragsabschluss nicht mehr gültige Honorarordnung für Architekten und Ingenieure aus dem Jahr 2002 herangezogen worden sei. Der Bericht stellt "wesentliche Verstöße gegen das Vergaberecht" fest. Dies müsse in Zukunft ausgeschlossen sein. Dazu sollten Bürgermeister und Verwaltung regelmäßig geschult werden. Für Gemeinderäte regt der Rechnungsprüfungsausschuss eine Fortbildung an. Die Architektenverträge mit dem betroffenen Büro wurden umgehend gekündigt, nämlich am 6. März, dem ersten Tag, an dem die Tutzinger Rechnungsprüfer zusammengekommen waren.

Enorme Kita-Zuschüsse

Kritisch sieht der Rechnungsprüfungsausschuss, dass die Gemeinde 2016 mehr als 1,3 Millionen Euro an Defiziten für ortsansässige Kindertageseinrichtungen übernommen hat. Die Zuschüsse fielen etwa doppelt so hoch aus wie geplant und waren neben einer höheren Gewerbesteuerumlage der Hauptgrund, dass es im Verwaltungshaushalt erhebliche ungedeckte Überschreitungen von insgesamt 1,8 Millionen Euro gab.

Zwar habe die Verwaltung die Probleme bei der Planung der Haushaltsansätze für die Kindertageseinrichtungen "plausibel darlegen" können. Weil man aber wegen eines wachsenden Bedarfs an Betreuungsplätzen die "Gefahr eines weiteren Anstiegs des Defizits" sieht, soll sich die Verwaltung zum Vergleich die Kostensituation in ähnlichen Nachbargemeinden ansehen und auch auf Ebene des Bezirks Oberbayern Zahlen eruieren.

Teure Öffentlichkeitsarbeit

Die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit seien 2016 um knapp 80 Prozent überschritten worden, monierten die Rechnungsprüfer. Als Grund seien Mehrausgaben einer externen Firma genannt worden. Die betreut die Homepage www.tutzing.de und das von der Firma erstellte Ratsinformationssystem.

Allerdings würden von der Firma Leistungen erbracht und abgerechnet, die so von der Verwaltung gar nicht gewünscht seien, heißt es im Bericht der Tutzinger Rechnungsprüfer. In Zukunft solle sich die Firma auf ihren vertraglich vereinbarten Aufwand beschränken, der Vertrag im Rahmen des Ratsinformationssystems sei "sofort zu kündigen". Diese Arbeit soll eine Rathausmitarbeiterin übernehmen, so die Forderung.

Nachhaken beim Midgardhaus

Schon in ihrem Bericht 2015, den die Rechnungsprüfer im Oktober 2017 vorlegten, hatten sie erheblichen Erklärungsbedarf beim Midgardhaus gesehen. Die Liegenschaft am See gehört der Gemeinde, Wirt Fritz Häring betreibt das Lokal, schart dort gern Prominente um sich und vermietet selbst gestaltete Luxus-Suiten für 290 bis 450 Euro pro Tag.

Ungehalten zeigten sich die Kontrolleure, dass die Verwaltung bis jetzt keine Angaben zu den aufgeworfenen Fragen gemacht habe. So sei zu klären, ob die "externen Vermietungen der Mitarbeiterwohnung(en) im Einklang mit den bestehenden Verträgen" stehe und ob der Gemeinde dadurch eine höhere Pacht zustehe. Geklärt werden soll zudem, ob Häring seinen Investitionsverpflichtungen nachkomme und ob die aktuelle Zahl der Sitzplätze im Biergarten der Genehmigung entspreche. Die Verwaltung soll die Punkte nun "unverzüglich" prüfen. Mitglieder des Ausschusses bieten sich sogar an, sich dazu mit Verwaltung und Wirt an einen Tisch zu setzen.

Trotz aller Kritik entlastete der Gemeinderat die Verwaltung ohne große Aussprache. Thomas von Mitschke-Collande (CSU) erinnerte lediglich an frühere Zeiten, als der Tutzinger Rechnungsprüfungsausschuss in scharfe rechtliche Auseinandersetzungen mit Bürgermeister Stephan Wanner verwickelt war. Die außerplanmäßigen Ausgaben wurden ebenfalls genehmigt.

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