Filmgespräch in Gauting:Das Leiden der Landwirte

Slow-Food auf dem Löffler-Hof

Seit der Milchpreis sinkt, setzen viele Bauern auf Direktvermarktung, was im Kreis einigermaßen funktioniert.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Dokumentation "Bauer unser" von Robert Schabus zeigt die zahllosen Ungereimtheiten der EU-Förderung auf. Im Landkreis Starnberg hat bereits ein Fünftel der Bauern aufgegeben

Von Blanche Mamer, Gauting

Berichte über die Jubiläumsfeiern der Römischen Verträge und die allseits verkündete Hoffnung auf die Zukunft können die Zweifel nicht zerstreuen, die ein eigentlich unscheinbarer Dokumentarfilm ausgelöst haben. Dennoch kann man aus dem Film "Bauer unser" des Kärntner Filmemachers Robert Schabus lernen, dass Auswirkungen globaler Wirtschaftsabkommen, wie sie die EU etwa mit TTIP erreichen will, die Welt in den Ruin treiben. So berichtet der französische Abgeordnete im EU- Parlament José Bové, ein Biobauer und Globalisierungsgegner, wie die europäische Agrarwirtschaft funktioniert.

Erst kauft die EU billiges Soja in Südamerika als eiweißhaltiges Viehfutter, um billige Milch zu produzieren. Die wird getrocknet, kehrt zurück als Milchpulver und wird - gemischt mit Wasser und Palmöl - als Milch verkauft. Ist der österreichische Milchgroßbauer glücklich, wenn er so ein Geschäft macht? Nein, denn er hat sich hoch verschuldet für seinen neuen Stall und die fabrikähnliche Milchproduktion. Doch auch der Schweinemäster hat Sorgen: Seine 1300 Sauen im neuen, riesigen Stall bescheren ihm jeweils neun Euro Verlust. Doch er kann nicht aufhören, weil er "hohe Verbindlichkeiten" hat.

Zum Start von Schabus' Film "Bauer unser" im Gautinger Kino hat Christiane Lüst (Umweltzentrum Öko und Fair) ein Filmgespräch mit Landwirten aus der Region organisiert. Gekommen waren Biobauer Norbert Grenzebach und Michael Friedinger, Biolandwirt nach Demeter-Richtlinien und Vorsitzender des Bundes der Milchbauern aus Farchach. Grenzebach bewirtschaftet mit seinem Sohn einen Hof mit 47 Kühen, 700 Hühnern und einem Hofladen in Hochstadt in der Gemeinde Weßling. Beide repräsentieren den kleineren Teil von Öko-Landwirten, für die die Vielfalt der Bewirtschaftung und die Naturverträglichkeit im Vordergrund stehen.

Schabus zeigt aber auch zufriedene Landwirte: Biobauern auf überschaubaren Höfen mit Direktvermarktung. "Wir sind glücklich. Wir haben alles, was wir brauchen, wollen uns nicht vergrößern, haben keinen Ärger mit der Bank", sagt Bäuerin Maria Vogt im Film. Mit ihrem Mann bewirtschaftet sie einen Hof mit Kühen, Schafen, Getreide, Gemüse und Wein.

Landwirtschaft im europäischen System scheint einfach zu sein: Die Bauern produzieren Lebensmittel, über den Handel werden sie verkauft. Eigentlich müsste jeder zufrieden sein. Doch weil Verbraucher in der EU mehr Geld für Autos und Smartphones ausgeben, bei Lebensmitteln aber sparen, gilt die Maxime: Ernährung soll möglichst wenig Geld kosten. Dem Bauern hilft nur, noch mehr produzieren, um über die Runden zu kommen. Doch je größer das Angebot, umso mehr wird der Preis gedrückt. Immer mehr Landwirte halten dem nicht stand und geben auf. Seit Abschaffung der Milchkontigentierung haben ein Fünftel der Bauern im Landkreis Starnberg aufgegeben. 2015 waren es noch 123, heute sind es noch 100, sagt Friedinger. Der Milchpreis in der konventionellen Landwirtschaft ist im Keller. Ausweg aus dem Dilemma führe zu einer überschaubaren, gemischten Landwirtschaft mit Direktvermarktung. Was im Fünfseenland auch deswegen funktioniert, weil viele Menschen bereit sind, mehr Geld für die Produkte auszugeben.

Grenzebach berichtet, dass es nicht leicht ist, ausreichend zu wirtschaften, um zwei Familien zu ernähren. Sein Sohn müsse zusätzlich arbeiten. Grenzebach ist der einzige im Landkreis, der seine Kühe noch täglich durchs Dorf zur Weide treibt.

Was in der Dokumentation nicht vorkommt, kritisiert ein Zuschauer, sei die anfallende Gülle von 1300 Schweinen oder 200 Kühen; auch Stickstoffdünger bleibe unerwähnt. Trotzdem: Wer mehr über die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern erfahren will, darf den Film nicht verpassen.

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