Filmgespräch:Böser Doppelgänger

Szene aus Freddy/Eddy

Gefährliches Spiel: Felix Schäfer in der Doppelrolle als Freddy/Eddy und Katharina Schüttler als Carlotta.

(Foto: Filmlawine)

Die Regisseurin Tini Tüllmann stellt in Gauting ihren außergewöhnlichen Psychothriller "Freddy/Eddy" vor

Von Blanche Mamer, Gauting

Kann man mit einem Budget von 75 000 Euro einen Spielfilm produzieren? No way! Wenn Tage vor Drehbeginn der Hauptdarsteller abspringt - Katastrophe! Doch die Regisseurin Tini Tüllmann hat das Unmögliche geschafft: Am 1. Februar ist "Freddy/Eddy", ihr Debütfilm, noch dazu ein Psychothriller, in ausgewählten Kinos in Bayern gestartet. Und ist vom Publikum euphorisch aufgenommen worden, zumindest in Gauting, wo ihn die Regisseurin am Samstag persönlich vorstellte. Mit dabei ihr Hauptdarsteller Felix Schäfer und die mittlerweile 17-jährige Greta Bohacek. Beide haben Star-Potenzial, man sollte sich die Namen merken, den der Regisseurin ebenfalls.

2013 habe sie mit dem Drehbuch begonnen, doch keine Produktionsfirma oder Fernsehanstalt wollte das Skript haben, erzählt Tüllmann. Gefragt seien deutsche Komödien. Aber Psychothriller - keine Chance! Noch dazu mit einem verwirrenden Doppelgängermotiv. Doch Tüllmann wollte den Film unbedingt machen, hatte die Zusage von Stars wie Jessica Schwarz, Katharina Schüttler, Robert Stadlober und Burghart Klaußner, die bereit waren, erst mal ohne Gage zu drehen. Die Schauspieler kennt sie von ihrer Arbeit als Ton-Assistentin, erzählt sie. Nach dem Regie-Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln war sie fast zehn Jahre beim Casting und in der Ton-Produktion. Als ihr kurz vor Drehbeginn der Hauptdarsteller absagte, musste alles schnell gehen. "Ich erinnerte mich an einen jungen Schauspieler, mit dem ich kurz zuvor ein Casting für einen Auto-Werbefilm gemacht hatte, Felix Schäfer. Für die Werbung passte er gar nicht, aber für meinen Film. Und er war bereit. Auch erst mal ohne Geld", so die 40-jährige gebürtige Münchnerin. Die Vorbereitung auf Freddy und Eddy war eine Herausforderung. "Ich bin ein körperlicher Mensch, für die Doppelrolle musste ich mir die Unterschiede von Freddy und Eddy erarbeiten, wie sie laufen, gestikulieren, schauen, sprechen", sagt Felix Schäfer.

Im Film ist der Maler Freddy ein gut aussehender, freundlicher und sympathischer Mensch, der in einer schweren Krise steckt. Er soll seine Frau brutal zusammengeschlagen haben, erinnert sich jedoch an nichts. Nun wird er als Monster gesehen, seine bisher so begehrten Bilder will keiner mehr haben, Galeristin Carlotta (Katharina Schüttler) sagt die Ausstellung ab. Zudem ist sein Bankguthaben von 170 000 Euro abgeräumt. Freddy ist verzweifelt.

Und plötzlich ist Eddy wieder da, sein imaginärer Freund aus Kindertagen. Nur dass er nun sehr real ist, Freddy aufs Haar gleicht und sich in dessen Haus in Tegernsee einnistet. Freddy zweifelt an seinem Verstand, zumal bald eigenartige und grausame Dinge passieren. Als sich Paula, seine neue, sehr charmante Nachbarin (Jessica Schwarz) und deren halbwüchsige Tocher Mizi (Greta Bohacek) mit ihm anfreunden, bekommt Freddy richtig Angst. Doch weder sein Halbbruder David (Alexander Finkenwirth), noch sein Psychiater (Burghart Klaußner) glauben ihm. Eddy mischt sich immer stärker ein, gibt sich als Freddy aus, wird übergriffig und kriminell, während Freddy nicht beweisen kann, dass nicht er für die Untaten verantwortlich ist. Wie soll er erklären, dass Eddy keine Halluzination aus der Kindheit ist? Je mehr er der Wahrheit auf die Spur kommt, desto gefährlicher wird es für ihn. Der Horror nimmt kein Ende, dauert bis nach dem Abspann.

Tegernsee als Hauptdrehort habe von Anfang an festgestanden, sagt die Filmemacherin. Ganz bewusst habe sie das Grauen in die winterliche Alpenidylle setzen wollen. Zudem habe sie über das Haus verfügen können, das ihren Großeltern gehört. Ihre Mutter ist dort aufgewachsen. "Obwohl ich mich dort gut auskenne, hatte ich nicht damit gerechnet, wie schwierig es ist, eine Crew von 30 Leuten in einem Kurort wie Tegernsee unterzubringen. Einige der Außendrehs wie die Schlittenszenen fanden vor Ort statt, aber es wurde auch viel in Berlin gedreht. Die Gerichtsszene am Anfang, der Besuch im Hallenbad, das Polizeirevier und die Klinik."

Dass "Freddy/Eddy" ein außergewöhnlicher Film ist, zeigte sich bei nationalen und internationalen Filmfesten. Bei den 50. Hofer Filmtagen 2016, einem der wichtigsten Branchentreffen in Deutschland, wurde er für die beste Nachwuchsregie bei einem Erstlingswerk ausgezeichnet. Erste Preise gab es auch beim Kinofest Lünen, beim 4. Snowdance Independent Filmfestival, beim 14. Baltic Debuts Film Festival und beim 24. Austin Film Festival 2017. In Russland und China geht "Freddy/Eddy" in den Verleih, für die USA wird gerade noch verhandelt. In Deutschland indes winken die Verleiher ab. Auch Fördermittel bekam die junge Filmemacherin nicht, und weil sie ihren Film nun selbst vermarkten muss, hat sie ihren eigenen Verleih, Filmlawine, gegründet.

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