Feldafing:Wollüstige Formen im Gewächshaus

Ute Pank hat als wissenschaftliche Zeichnerin botanische Details zu subjektiven, fast belebten Interpretationen erhoben. Dank Kuratorin Claudia Sack wird die Ausstellung "Samenatlas" zum Kunstgenuss mit didaktischer Ergänzung

Von Katja Sebald, Feldafing

Ob die wissenschaftlichen Zeichnungen von Ute Pank "Kunst" sind, darüber ließe sich vermutlich streiten. In einer kleinen Ausstellung im Palmenhaus der Villa Waldberta werden sie jetzt aber so kunstvoll, feinsinnig und sensibel präsentiert, dass es sie über alle Zweifel erhebt. Zu verdanken ist diese ganz besondere Art der Präsentation Claudia Sack aus Feldafing, die den zeichnerischen Schatz von Pank gehoben und die Ausstellung als Kooperation zwischen Kunst- und Museumsverein und dem Künstlerhaus Villa Waldberta kuratiert hat.

Ute Pank, Jahrgang 1932, wuchs in Leipzig auf. Sie studierte dort an der Hochschule für Gestaltung zunächst Textildesign, wurde aber in der entstehenden DDR als wissenschaftliche Zeichnerin eingesetzt. 1955 war sie an dem Buchprojekt "Samenatlas der wichtigsten Futterpflanzen und ihrer Unkräuter" von Ottokar Heinisch beteiligt, ein Standardwerk der Biologie und Landwirtschaft. Parallel dazu absolvierte sie eine entsprechende Ausbildung, mehrfach wurden ihre Arbeiten mit der Urkunde "Schönstes Buch des Jahres" ausgezeichnet. Nach der Wende zog Ute Pank nach Oberbayern, wo sie Wurzeln und Verwandte hatte, heute lebt sie in Feldafing.

Feldafing: Kunst und Naturwissenschaft: Zur Ausstellung "Samenatlas" von Ute Pank können Besucher im Palmenhaus Saatgut näher unter die Lupe nehmen - wie hier Kuratorin Claudia Sack.

Kunst und Naturwissenschaft: Zur Ausstellung "Samenatlas" von Ute Pank können Besucher im Palmenhaus Saatgut näher unter die Lupe nehmen - wie hier Kuratorin Claudia Sack.

(Foto: Arlet Ulfers)

Während der Verlag, für den sie einst gearbeitet hatte, schnell abgewickelt wurde und die Archivbestände verloren sind, konnte sie selbst über die turbulenten Zeiten ein kleines Konvolut an Zeichnungen retten. Es sind detailgenaue Darstellungen von Samen, Kapseln und Kernen, von Reiskörnern, Hafer, Gerste und Einkorn, von Erbsen und Bohnen, aber auch von unscheinbaren Blümchen und Unkräutern. Aufgabe der Zeichnerin war es, die jeweiligen Besonderheiten der Samenstände herauszuarbeiten. Und so entstanden eben keineswegs bloße Abbildungen, sondern durchaus subjektive, ja gleichsam belebte Interpretationen: Mal ist die vielfach vergrößerte Kraterlandschaft auf der Oberfläche eines Mohnsamens hervorgehoben, mal der Querschnitt durch eine keimende Erbse und mal die Ähre des alten Getreides Einkorn. Dargestellt werden pralle, beinahe wollüstig anmutende Formen oder Planzenkeime, die wie Embryonen in der Gebärmutter in Kapseln eingebettet sind.

Die Kuratorin hat für diese filigranen Zeichnungen nun nicht nur das ehemalige Gewächshaus der Villa Waldberta als ausgesprochen stimmigen Ausstellungsort gewählt, sondern die vergilbten Blätter auch zurückhaltend schön gerahmt und in eine Reihe auf Augenhöhe gehängt. Ergänzt wird die Ausstellung durch einen "didaktischen" Teil, der in Zusammenarbeit mit Sabine Schäfer, Nachbarin der Villa Waldberta, entstanden ist: Auf den ehemaligen Pflanztischen liegen über den Sommer gesammelte samentragende Pflanzen, die unter dem Mikroskop betrachtet werden können. Eine weitere schöne Ergänzung ist die von der Künstlerin Sophia Hößle geschaffene, gleichsam "monumentale" hölzerne Kastanienkapsel.

Feldafing: Bis ins Detail zeichnet Ute Pank die Botanik.

Bis ins Detail zeichnet Ute Pank die Botanik.

(Foto: Arles Ulfers)

Die Ausstellung "Samenatlas" ist noch bis zum 30. Oktober jeweils samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung unter Tel. 08157/925 940 oder 08157/1896 in der Feldafinger Villa Waldberta, Höhenbergstraße 25, zu sehen.

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