Feldafing:Handfeste Attacke im Alkoholrausch

34-jährige Frau muss sich wegen Trunkenheit und Körperverletzung verantworten

Von Christian Deussing, Feldafing

Es sah aus wie ein Notfall, doch dann eskalierte die Situation. Das Szenario: Eine betrunkene Frau ist mit ihrem Auto mit angezogener Handbremse in einer Feldafinger Unterführung hängengeblieben. Ein Schulbusfahrer und zwei Jugendliche wollen der offenbar verwirrten Pöckingerin helfen. Doch als die Helfer einen Krankenwagen und die Polizei rufen, rastet die Pkw-Fahrerin laut Anklage völlig aus: Sie schlägt wild um sich und trifft die beiden Schüler an Kehlkopf, Kiefer und an der Schläfe. Dem Busfahrer reißt die Frau die Brille vom Kopf und tritt ihm überdies in die Hoden. Dieser Vorfall spielte sich an einem Julinachmittag 2015 ab und wurde am Mittwoch vor dem Amtsgericht Starnberg verhandelt. Es verurteilte die 34-jährige Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 2400 Euro (120 Tagessätzen zu 20 Euro) sowie zu einer verlängerten Führerscheinsperre von sechs Monaten.

"Ich hatte morgens angefangen zu trinken", erzählt die zweifache Mutter, ohne aber einen Grund dafür zu nennen. Sie habe die große Flasche Jägermeister nicht ganz geleert. Sie gab vor, mit einer kaputten Kupplung mit ihrem Wagen in der Bahnunterführung stehen geblieben zu sein. dann aber habe das Wort "Polizei" bei ihr "schlagartig eine Wesensveränderung ausgelöst": Sie habe Angst gehabt, von der Polizei erneut "ungerecht behandelt" zu werden. Richterin Christine Conrad vermutete dagegen, dass die Polizei wegen der Alkoholfahrt nicht erwünscht gewesen sei.

Die Burschen sagten im Prozess aus, dass die Frau hilflos hinterm Lenkrad kauerte, man das Auto zur Seite geschoben und vorsichtshalber den Zündschlüssel herausgezogen habe. "Dann stieg sie aus und tickte komplett aus", berichtete der 32-jährige Schulbusfahrer. Ihn hatte es damals mit dem Kehlkopfschlag und dem Tritt zwischen die Beine am schlimmsten erwischt. Für zwei Tage musste er ins Krankenhaus. Die Angeklagte hat ihrem Opfer inzwischen 1220 Euro an Schmerzensgeld gezahlt und entschuldigte sich im Gericht bei dem Mann. "Es tut mir sehr leid. Ist alles wieder in Ordnung bei Ihnen?", fragte sie den Zeugen. Das bejahte er.

Die Pöckingerin war nach ihren Attacken weggerannt, trat wahllos gegen Autos und Schilder. Ein Passant hatte beobachtet, wie die Frau dann in den Wagen einer Seniorin einstieg und mitfahren wollte. "Ich zog sie heraus und beruhigt die aggressive und verwirrte Frau", schilderte der 44-jährige Zeuge die Szene. Er habe das Gefühl gehabt, dass sie unter Drogen oder Tabletteneinfluss gestanden habe, zumal sie auch noch einen Arzt und Polizisten bespuckte. Eine Blutentnahme ergab knapp 1,7 Promille. Zu einem Alkotest sei die Angeklagte damals nicht fähig gewesen, betonte eine Polizistin im Prozess. Die Autofahrerin sei überdies in ihren Äußerungen "nicht im Hier und Jetzt" gewesen.

Zumindest der Staatsanwalt mochte dennoch keine verminderte Schuldfähigkeit anerkennen, denn die Angeklagte habe "gewusst, was sie tut". Ihre Angaben über "Panik und Ängste" erschienen ihm ohnehin zu diffus. Dagegen war sich der Verteidiger sicher, dass ein Rechtsmediziner in dem Verfahren eine verminderte Schuld in Betracht gezogen hätte. Ansonsten aber sei das Plädoyer des Anklägers durchaus nachvollziehbar, meinte der Anwalt. Seine Mandantin, die oft den Kopf mit ihren Händen abstützte, versicherte in ihrem Schlusswort: "Ich habe was gegen Gewalt gegenüber Menschen, die mir helfen wollten". Allerdings monierte sie, dass die Ursache ihrer damaligen Panikreaktion im Prozess "unter den Teppich gekehrt" worden sei.

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