Feldafing:Feldafing stets im Blick behalten

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Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist nun Ehrenbürgerin

Von Otto Fritscher

Ehrenbürgerin Leutheusser-Schnarrenberger Feldafing Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesjustizministerin, wird von Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet. (Foto: STA Franz X. Fuchs)

Der Starnberger See ist nach eigenem Bekunden "ein Jungbrunnen" für sie. Jeden Morgen um sieben Uhr geht sie darin schwimmen, "wenn die Wassertemperatur mindestens 16 Grad hat". Seit der vergangenen Bundestagswahl hat Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger etwas mehr Zeit, die Freuden ihres Wohnsitzes in Feldafing auszuleben, wenngleich das Wasser für ihr Badevergnügen jetzt noch zu kalt ist. Und die 62-Jährige verfolgt die Entwicklung ihrer Heimatgemeinde, der "Perle am See", wie sie sagt, seit jeher mit großem Interesse. Über die Umwandlung des Bundeswehrgeländes habe sie als Abgeordnete und Ministerin viele Gespräche mit mehreren Verteidigungsministern geführt. Dies ist am Montagabend im Bürgersaal im Feldafinger Bahnhof durchaus als Hinweis zu verstehen, dass sie in ihren zwei Amtszeiten als Justizministerin, in der sie Themen für ganz Deutschland gesetzt hat, Feldafing nie aus dem Blickfeld verloren hat. Das ist auch einer der Gründe, warum Leutheusser-Schnarrenberger an diesem Abend die höchste Auszeichnung verliehen wird, die Feldafing zu vergeben hat: die Ehrenbürgerwürde.

In ihren Dankesworten führt Leutheusser-Schnarrenberger "den großen Theodor Mommsen", dessen Urenkel Hans Mommsen in Feldafing lebt, und dessen Geisteshaltung als Begründung für ihr politisches Engagement an. Mommsen habe "1899 den erstaunlichen Satz geschrieben: Ich wünschte, ein Bürger zu sein." Ein Satz, so die Geehrte, "dessen innovative Kraft vor dem Hintergrund deutlich werden mag, dass er im deutschen Kaiserreich, also in einer Epoche der deutschen Geschichte niedergeschrieben wurde, als das Bürger sein mit Obrigkeitshörigkeit, mit Unterwürfigkeit und Untertänigkeit, mit der sogenannten bürgerlichen Pflicht zum Gehorsam und zur Ruhe" gleichgesetzt wurde. Mommsen habe dann gesagt, dass "die leitenden Männer und Frauen verantwortlich sind, aber nicht nur sie allein. Es gibt eine Verantwortung aller, und so gering darf sich keiner achten, dass er davon nicht auch seinen Teil trüge." In diesem Sinne, so Leutheusser-Schnarrenberger, wolle sie "Bürgerin sein", und so verstehe sie auch die Ehrenbürgerschaft.

Sie habe, wie Bürgermeister Bernhard Sontheim in seiner Laudatio deutlich macht, eine große Verantwortung getragen. Da waren die zahlreichen Gesetzesinitiativen, die sie auf den Weg gebracht hat, aber auch "die fortwährende Überzeugung, Gesetze, die die Freiheit der Bürger einschränken, zu verhindern". Ein Beispiel sei die Datenvorratsspeicherung, ein anderes der große Lauschangriff, der 1995 gegen ihre Überzeugung beschlossen worden sei, was dann im Januar 1996 zu ihrem Rücktritt als Bundesjustizministerin führte. Auch auf der lokalen Ebene engagiere sie sich seit langem als Kreisrätin.

Mit einer hübschen Prise Selbstironie bedankte sich Leutheusser-Schnarrenberger dann bei der Gemeinde: "Dass Sie ausgerechnet mir als Zugereiste mit nordrhein-westfälischem Migrationshintergrund die Ehrenbürgerschaft verleihen - und zwar ohne Sprachtest und Integrationsprüfung - ist mir eine große Auszeichnung und Ausdruck des Vertrauens."

Nun kandidiert Leutheusser-Schnarrenberger im Auftrag der Bundesregierung gegen den Amtsinhaber als Generalsekretär des Europarats. Die Entscheidung fällt im Juni. "Ich wünsche ihr viel Glück", sagte Sontheim. Den Posten hatte schon mal ein Politiker aus dem Fünfseenland inne: Es war von 1974 bis 1979 der SPD-Politiker Georg Kahn-Ackermann aus Münsing.

© SZ vom 26.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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