Feldafing:Extravagant

Feldafing,  Jazz am See

Klangmagier bei der Arbeit: David Helbock, Reinhold Schmölzer und Raphael Preuschl (von links) beim Konzert in Feldafing.

(Foto: Georgine Treybal)

Das kammermusikalische "David Helbock Trio" in der Feldafinger Reihe "Jazz am See"

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Der österreichische Pianist David Helbock, nominiert für den Echo Jazz 2017 in der Kategorie "Piano international", ist zweifelsohne einer der innovativsten Musiker seines Fachs. Zusammen mit Raphael Preuschl (Bass-Ukulele, E-Bass) und Reinhold Schmölzer (Schlagwerk) formt er ein David Helbock Trio, das sich in keine Schublade stecken lässt.

Jedenfalls machte es bei Jazz am See im Bürgersaal Feldafing deutlich, dass Vergleiche mit anderen Formationen und stilistischen Ausprägungen mühsam sind, da das kammermusikalische Ensemble im besonderen Maße aus den individuellen Extravaganzen der Musiker geformt ist. Kammermusikalisch ist es auch dahingehend, dass alle drei Instrumente gleichberechtigt miteinander musizieren und ihre Parts ineinander verflochten sind, was einen hohen Grad an Homogenität erfordert. Letzteres ist eine heikle Aufgabe, denn jedes Stück Helbocks folgt einer individuellen, weitläufigen Dramaturgie von wogendem Auf und Ab, was ihnen einen rhapsodischen und fesselnden Charakter verleiht.

Die Musik von David Helbock ist überaus mitteilsam, was wohl daran liegt, dass sich der zunächst klassisch ausgebildete Pianist mit rein formal konzipierten Kompositionen nicht zufrieden gibt. Seine Werke sind nicht ausschließlich spontanen Eingebungen entsprungen, sondern auch programmatisches Ergebnis einer Auseinandersetzung mit bestimmten Themen, wie es nun auf der zuletzt erschienenen CD "Into the Mystic" eben Mystik im weitesten Sprachgebrauch sowie vor allem Mythologie verschiedener Kulturen sind.

Musikalisch verarbeitet, führte diese Thematik etwa in "The Soul", "Eros" oder "Mother Earth" eine geheimnisvolle Atmosphäre mit sich, meist einem adäquat spezifischen Klangbild entsprungen, gerüstet, die vielen Zuhörer auf einzigartige Reisen mitzunehmen. Sie begannen nicht selten solistisch oder auch klangexperimentell, verdichteten sich allmählich, um dann einem hymnischen Höhenflug entgegen zu steuern. Nach der Ekstase hatte der anschließende kraftlose Auflösungseffekt eine nicht minder emotionale Wirkung. Soweit die Grundstruktur. Was die Kompositionen einzigartig machte, waren die Zutaten, die den Bezug zum jeweiligen Thema verdeutlichten. Vor allem die jeweilige klangliche Ausrichtung, die in den durcharrangierten Entwicklungen sehr präzise formuliert war. Insbesondere wenn Preuschl zu seiner hawaiianischen Bass-Ukulele griff, die zwar ähnlich blubbernd wie sein E-Bass klang, doch mit ihrer dynamischeren Tonqualität und ihrem runden, plastischen Klang einen intensiveren sinnlichen Reiz hervorbrachte. Eine Steigerung erfuhr dieser Reiz in den immer wieder herausfordernden Klangexperimenten.

Das weiteste Spektrum an Klangausprägungen fand Helbock selbst, zumal ein kleiner elektronischer Helfer die empfangenen Klänge und Geräusche verfremdete und damit die Möglichkeiten vervielfachte. Aber schon alleine der Reichtum an Klangvarianten, die der 33-jährige Pianist mit unterschiedlich dämpfendem manuellen Einwirken auf die Saiten zu kreierte, stieß einen enormen Klangraum auf. Die Mitspieler antworteten auf ihre Art: Preuschl stieg entweder ins Unisono ein, beschränkte sich auf eine durchlaufende Basslinie oder steuerte kammermusikalisch die zweite Stimme zum Klavier bei, häufig im dialogisierenden Spiel. Meistens ging es um eine Mischung aus allen diesen Elementen, die Schmölzer am Schlagzeug mit entschiedener Phrasenbildung in sein Spiel aufnahm. Damit wirkte er nicht nur als Rhythmusgeber mit, sondern griff auch ins thematische Geschehen ein. Die Grundtextur seines Spiels war stets sehr dicht und intensiv, selbst in den zurückgenommenen Passagen. Aus diesem Geräuschteppich erhoben sich aber auch melodische Themen in metallischem, bisweilen trocken scheppernden Klang. Faszinierend bis in die Zugabe - und dem Publikum in Feldafing frenetische Ovationen wert.

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