Feldafing:Der Anti-Verleger

Friedl-Brehm-Feier

Gedachten des Verlegers Friedl Brehm: Bernhard Setzwein, Norbert Göttler, Josef Wittmann und Helmut Eckl (von links).

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Friedl Brehm kümmerte sich weder um Rentabilität noch um Trends: Eine Gedenkfeier zu seinem 100. Geburtstag.

Von Otto Fritscher, Feldafing

Er muss wohl das gewesen sein, was man heute einen "coolen Typ" nennen würde. Friedl Brehm kam mit Jeans, schwarzem T-Shirt, einem Peace-Anhänger um den Hals, und einem gehäkelten Käppi auf dem Kopf in die Redaktion der Starnberger Neuesten Nachrichten, um sich hier als Journalist sein Geld zu verdienen, das er sogleich wieder in seinen kleinen Verlag steckte. So wurde das mehrfach berichtet, am Sonntagabend im Feldafinger Bürgersaal, von Zeitzeugen, die es wissen müssen. Josef Wittmann, Helmut Eckl und Bernhard Setzwein gehörten zu den Autoren, die im Verlag mit Gedichten und Geschichten in bairischer Mundart wider den Stachel der Schönschreiberei und Schönfärberei löckten. Dichtung in Mundart war in den Siebzigern und Achtzigern nicht gefragt. Wenn, dann waren es Texte, in denen ergriffen die Schönheit der Landschaft und die Kernigkeit der Menschen beschrieben wurde.

"Friedl Brehm war für die, die nicht die Mehrheit hatten", erinnerte sich Bernhard Setzwein, der den Verleger im Alter von 17 Jahren kennengelernt hatte. Brehm habe ihm "behutsam beigebracht, dass meine Texte Mist sind und umgearbeitet werden müssen". Es sei "ein ganz spezielles Autor-Verleger-Verhältnis" gewesen. Josef Wittmann, der damals "von meiner Primaner-Lyrik auf Boarisch umgestellt" hatte, war von Brehm so angetan, dass er gleich in die Verlagsarbeit einstieg. Helmut Eckl lernte den Feldafinger beim Münchner Poetenstammtisch kennen. "Verleger in Feldafing - da hab' ich gleich an eine große Villa gedacht. Dann kam ich aber in eine Souterrain-Wohnung mit gelb-gerauchten Vorhängen", sagte Eckl im Gespräch mit Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler. "Der Friedl hat hauptsächlich von Kaffee, Zigaretten und ein bisserl Schokopudding gelebt", beschrieb Eckl den gebürtigen Duisburger, der laut Wittmann "selbst kein Bairisch, aber ein gepflegtes Oberdeutsch" gesprochen hat.

Wehmütig, manchmal fast seltsam weinerlich dagegen der Auftritt von Carl-Ludwig Reichert, Autor und "Sparifankal"-Gitarrist, der von der Zeit schwärmte, als man noch in Land-Kommunen zusammenlebte. Seine Songs erinnerten an den Agitprop von Ton Steine Scherben, dann wieder Refrains wie "Hoit ma mei Wiener Würschtl warm". So wie diese Autoren ist auch das Gros des Publikums im Lauf der Jahrzehnte silberhaarig geworden. Nostalgie, die zu einer Feier zum 100. Geburtstag auch passt.

Gekommen waren nicht nur die Autoren der ersten Stunde, sondern auch Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim, sein Pöckinger Kollege Rainer Schnitzler, Tutzings Alt-Bürgermeister Alfred Leclaire und die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sigrid Friedl-Lausenmeyer, die den Abend mit viel Mühe und Umsicht organisiert hatte, sagte im Schlusswort, dass dies wohl "die einzige Gedenkveranstaltung an Friedl Brehm für lange Zeit" bleiben werde. Es sei in der heutigen Zeit auch unmöglich, so einen kleinen Verlag so unbürokratisch wie "der Friedl" oder gar "chaotisch" zu führen, wie Autor Josef Wittmann sich erinnerte. Immerhin, die Erinnerung an den Verleger wird durch eine kleine Gedenksäule wachgehalten, die auf dem Johannishügel am südlichen Ortsende von Tutzing steht. Und dies wohl für längere Zeit.

Ein Versuch des Feldafinger Gemeinderates, das Denkmal umzusetzen vor das neue Feldafinger Rathaus, wurde von den Tutzinger Gemeinderäten abgelehnt. Vor allem Alt-Bürgermeister Leclaire setzte sich vehement für einen Verbleib in Tutzing ein. "Ich kann das schon verstehen", räumte Bernhard Sontheim ein, denn schließlich hatte der Feldafinger Gemeinderat damals, nach dem Tod von Friedl Brehm, eine kleine Gedenksäule abgelehnt.

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