Fasching und Mode:Die Schneiderin der Narren

Karolina Weiß entwirft und näht die Kostüme der Starnberger Faschingsgesellschaft Perchalla. Schon im Sommer beginnt sie in ihrem Atelier Karo mit den ersten Entwürfen

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Die Kostüme der Starnberger Faschingsgesellschaft Perchalla wirken in dieser Saison besonders edel: Sie sind Kupferfarben mit Silber und Weiß. Alles ist bis ins Detail aufeinander abgestimmt, das Erwachsenenprinzenpaar mit den Kindern, der Jugend- und Prinzengarde bis hin zum Hofstaat und den "One Million Dollar Girls". Mit der Farbe Kupfer habe sie schon lange geliebäugelt, sagt Karolina Weiß. Aber es müsse eben passen, und dieses Jahr habe es gepasst. Weiß ist für die Kostüme der Perchalla verantwortlich. In ihrem Atelier in Starnberg werden sie entworfen und maßgeschneidert.

Die Kostüm-Ausstattung für eine Faschingsgesellschaft hängt immer ab vom jeweiligen Motto, von der Musik und der Choreografie. Bei Gardekostümen müssen im Gegensatz zu herkömmlicher Maßkleidung zahlreiche praktische Details berücksichtigt werden. Die Faschings-Aktiven müssen sich gut bewegen können und die Kostüme sogar akrobatische Hebefiguren aushalten. Und sie müssen leicht zu reparieren sein, falls beim Auftritt doch etwas reißt oder ein Gast versehentlich auf die Schleppe der Prinzessin steigt. Bei der Perchalla, die eine der wenigen Faschingsgesellschaften in Bayern ist, die auch den Gardemarsch tanzen, muss beim Entwurf der Übergang vom romantischen Prinzenpaarwalzer zur modernen Showeinlage gewährleistet sein. Die Prinzessin entledigt sich auf der Bühne ihres romantischen Festkleids und tanzt dann im sexy Outfit weiter. "Man muss sich spektakulär ausziehen können", erklärt Weiß.

Das Entwerfen von Kostümen ist ihr schon immer leicht gefallen, sie ist kreativ und hat Fantasie. "Manchmal fließt es aus mir heraus." Seit den 1990er Jahren entwirft die selbstständige Schneidermeisterin nicht nur Brautmoden und Abendkleidung, sondern auch Garde-Kostüme für Faschingsgesellschaften. Schon immer habe sie ein Faible für "alles, was glitzert und funkelt" gehabt, sagt die Absolventin der Meisterfachschule für Mode. Schneiderin wollte Weiß schon werden, seit sie als Jugendliche einen Kurs besucht hat. Deshalb hat sie nach dem Abitur auch nicht studiert, sondern sich gleich eine Lehrstelle gesucht. In der Faschingssaison 1987/88 war Weiß selbst Prinzessin bei der Perchalla. Der Verein war froh, dass er eine Fachfrau in seinen Reihen hatte und beauftragte sie später mit der Kostümgestaltung. Seither hat sie Hunderte von Faschingsprinzessinnen und Gardemädchen eingekleidet. Keinesfalls dürfe man Kupfer mit Gold mischen, erklärt die Schneidermeisterin ihren diesjährigen Entwurf. Es musste Silber sein. Für diese Faschingssaison hat sie für die Perchalla 150 Outfits geschneidert - vom Entwurf bis zum Zuschneiden, Nähen und Anprobe, von Auswahl und Einkauf der Stoffe, Spitzen, Rüschen und Pailletten bis zur Prinzessinnenkrone. Die Inhaberin des Ateliers Karo hat keine Mitarbeiter; das komplette Konzept erstellt sie quasi im Ein-Frau-Betrieb. Da bleibt ein gewisser Zeitdruck nicht aus, zumal die Kostüme lange vor dem offiziellen Faschingsbeginn am 11.11. fertig sein müssen, spätestens zum Fototermin Anfang Oktober. Und für ein Prinzessinnenkostüm benötigt sie immerhin 30 bis 40 Stunden, während sie beispielsweise für einen Rock nur zwei Stunden an der Nähmaschine sitzt.

Daher fragt sich die Maßschneiderin jedes Jahr wieder: Wie schaffe ich das? Das Wichtigste sei ihre eiserne Disziplin und viel Arbeit. "Das geht nicht in einer 40-Stunden-Woche. Ich bin den ganzen Sommer beschäftigt", sagt sie. Und man müsse flexibel sein, auch einmal etwas verändern können. Weiß legt Wert auf Individualität. Schon im Mai setzt sie sich mit den Trainern zusammen, die bereits feste Vorstellungen hätten, was sie auf die Bühne bringen wollen. Ihre Ideen entwickelt sie jedoch schon lange vorher, wenn sie beispielsweise Veranstaltungen besucht oder ein Musikvideo sieht. "Dann mache ich gleich einen Entwurf." Im Juli fährt sie auf Fachmessen, um die Accessoires einzukaufen. "Es sind besondere Teile, ich mache das nicht am Fließband." Stressen lässt sich Weiß nicht. Sie finde ihren Beruf noch immer spannend und freue sich auf jede Herausforderung. Und die größte Befriedigung sei das Lob, wenn "alles auf der Bühne gut aussieht".

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