Landwirtschaft:Feldstudie in Farchach

Landwirtschaft: Kuh Mirabell schmust gerne mit Bäuerin Ulrike Galloth schmust. Auch Landtagsabgeordneter Florian von Brunn krault sie beim Besuch in Farchach.

Kuh Mirabell schmust gerne mit Bäuerin Ulrike Galloth schmust. Auch Landtagsabgeordneter Florian von Brunn krault sie beim Besuch in Farchach.

(Foto: Arlet Ulfers)

Der SPD-Politiker Florian von Brunn informiert sich im Dorf über die aktuellen Probleme der Landwirte. Fazit: Die Biobauern sind optimistischer als die übrigen Kollegen - was aber nicht nur am Milchpreis liegt.

Von Armin Greune, Farchach

Drei Biobauern, drei konventionell arbeitende Landwirte: Beim Besuch in Farchach konnte der SPD-Landtagsabgeordneter Florian von Brunn gewissermaßen die bayerische Agrarlandschaft im Mikrokosmos eines Dorfs betrachten. Das Stimmungsbild, das sich dabei bot, muss nicht repräsentativ gewesen sein, fiel aber recht eindeutig aus: Die ökologisch arbeitenden Betriebe blicken wesentlich optimistischer in die Zukunft, als die herkömmlich wirtschaftenden Kollegen.

So verschieden die einzelnen Höfe in Farchach aufgestellt sind, haben sie doch eines gemeinsam: Für alle stellt Milchvieh eine, wenn nicht die Haupteinnahmequelle dar. Der finanzielle Ertrag aber klafft weit auseinander. Ludwig Deuflhard erhält 25 Cent pro Kilo Milch von der Großmolkerei im 150 Kilometer entfernten Bissingen, die Discounter beliefert. Die Biomilch von Anton Galloth wird in Andechs verarbeitet und bringt ihm 48 Cent ein. Allerdings betonten alle nach Demeter wirtschaftenden Landwirte, dass für sie die Bezahlung nur ein Gesichtspunkt sei, wie sie Wertschätzung für ihren Einsatz erfahren: "Als Biobauer kann man zufriedener sein, weil man nicht gegen, sondern mehr mit der Natur arbeitet", findet Galloth. Erhalt der Artenvielfalt, Schonung der Ressourcen, Schutz des Grundwassers und das Tierwohl sind auch für seine Kollegen Michael Friedinger und Simon Mair ebenso wichtig wie finanzielle Aspekte.

Beim gut dreistündigen Rundgang des Agrarpolitikers wurde freilich auch klar, dass den konventionell arbeitenden Landwirten ihre Kühe genauso am Herzen liegen. Obwohl von Brunn tiermedizinische Erkenntnisse zitierte, die der Anbindhaltung im Stall ein gutes Zeugnis ausstellten, bedauerte es Deuflhard ausdrücklich, dass er seine 35 Kühe heuer bislang noch nicht auf die Weide führen konnte. Nässe und Arbeitsüberlastung führte er als plausible Gründe an: Ludwig und Sandra Deuflhard haben zwei kleine Kinder zu versorgen und bei der Bewirtschaftung des Hofs keine Unterstützung. 40 Cent für die Milch müssten sie erhalten, um schwarze Zahlen zu schreiben, sagte der Bauer auf Nachfrage von Brunn: "So wie's jetzt aussieht, geht das nicht mehr lang". Wiederholt hat Deuflhard erwogen, den Betrieb aufzugeben; vor zwei Jahren stand man kurz davor, auf Bio-Ochsenmast umzustellen. Aber das hätte auch eine Investition von 350 000 Euro für einen neuen Stall bedeutet. Das wollen Elke und Michael Friedinger in diesem Herbst angehen: Ihre 20 Kühe stehen noch in Anbindehaltung im Stall, was nach den Demeter-Richtlinien nur ausnahmsweise und mit viel bürokratischem Aufwand möglich ist.

Freilaufenden Tieren begegneten von Brunn, Sissi Fuchsenberger und Bernhard von Rosenbladt von der SPD Berg bei Anton und Ulrike Galloth. Deren 22 Rinder - darunter zehn Milchkühe - grasten auf der großen Wiese, die sich an den Obstgarten ihres Hofs anschließt. Vor allem Mirabell fremdelte kein bisschen und ließ sich auch vom "Verbraucheranwalt" von Brunn kraulen - die Kuh schmust aber am liebsten mit Galloths Tochter Julia, angehende Landwirtschaftsmeisterin. Auf dem Pflegerhof werden außer Futter- und Backgetreide, Kartoffeln, Sonnenblumen und Himbeeren angebaut. Brot, Nudeln, Marmelade und Öl daraus gibt es unter anderem im Farchacher Hofladen zu kaufen.

Der steht im Assenhauserhof, wo eine Vielfalt von Produkten ausschließlich zur Selbstvermarktung hergestellt wird: Eine bunte biodynamische Landwirtschaft mit eigener Käserei. Simon Mair spricht vom Hoforganismus als geschlossenem System vom Futter bis zur Gülle - während die meisten "deutschen Kühe in Brasilien grasen", wo auf gerodeten Regenwaldflächen Soja für Kraftfutter angebaut wird. Sein Vater Steffe hat den Hof bereits 1970 auf Bioland umgestellt. "Eine seinerzeit sehr mutige Entscheidung", findet Simon, die bei jedem der anfänglichen Rückschläge viel Spott in Farchach erntete. 46 Jahre später nimmt von Brunn als Erkenntnis seiner Farchacher Feldstudie mit, dass mehr Diversität in der Produktion ein Mittel gegen die Agrarkrise sein kann. Und: "Insgesamt müssen wir wohl in Richtung Extensivierung denken - auch in der konventionellen Landwirtschaft."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: