Farchach:Der Slow-Food-Bauer

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Michael Friedinger verkauft Genussrechte an Ernährungbewusste - und finanziert damit seinen neuen Hühnerstall.

Blanche Mamer

Michael Friedinger, Biolandwirt und Sprecher der Milchbauern im Landkreis Starnberg, ist voll beschäftigt mit dem Neubau eines großen Hühnerstalls. Gerade sind die Putzer am Werk. Bis zum 5. November muss der neue Mehrzonenklimastall mit großer Freilauffläche und Wintergarten auf dem Löfflerhof in Farchach fertig sein. Denn dann kommen die 300 ersten Bewohner - weiße Legehennen mit braunen Federspitzen - aus einem Demeter-Aufzuchtbetrieb im Fränkischen. 300 weitere Hühner werden folgen. Jede Henne wird etwa 240 bis 250 braune Eier im Jahr legen.

Farchach Friedinger Farchach, Löflerhof, Bauer Michael Friedinger mit Hühnern Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Wie berichtet, beschreitet Friedinger neue Wege und setzt als erster Bio-Bauer im Münchner Umland ein Modell von Slow Food München um. Sein neuer Stall, der etwa 75 000 Euro kosten soll, wird nämlich nicht über ein Bankdarlehen finanziert, sondern durch private Anleger, die als ernährungbewusste Verbraucher anstelle von Zinsen sogenannte Genussrechte erhalten. Diese können sie gegen Naturalien eintauschen, etwa 60 Eier im Jahr, Honig, Marmelade, Milch, Käse. Auch Suppenhühner, Kalb- und Rindfleisch, Kartoffeln oder sogar Brennholz können mit den "Verzehrgutscheinen", wie Friedinger sagt, gekauft werden. Das Interesse der investitionsfreudigen Städter ist da. "Bis jetzt haben etwa 30 Anleger unterzeichnet. Doch es sind noch einige Anteile frei", sagt Friedinger. Und bis jetzt wollen auch nur zwei Investoren die Zinsen in Form von Geld ausbezahlt haben. Festgelegt ist, dass am Ende des Wirtschaftsjahres, Ende Juli, vier Prozent Zinsen in Gutscheine umgerechnet werden.

Der Demeter-Erzeuger hofft natürlich, dass die Kunden aus der Region auch die anderen Produkte kaufen. Weil viele Anleger aus München kommen und nicht regelmäßig nach Farchach fahren wollen und zusätzlicher Autoverkehr möglichst verhindert werden soll, sind zwei Verkaufsstellen in München vorgesehen. "Slow Food hat einen Laden nahe dem Viktualienmarkt und will zweimal die Woche frische Produkte vom Hof holen. Und eine Bekannte hier aus dem Dorf, die ein Büro in Sendling hat, und täglich in die Stadt fährt, will vorbestellte Kisten mitnehmen, die dann bei ihr abgeholt werden können", erklärt Friedinger. Es ist also an alles gedacht.

Was dem Landwirt wichtig ist, seine Frau und er haben auch weiterhin allein das Sagen auf dem Hof. Während er wie bisher für die Kühe und den Wald zuständig ist, wird sich Elke Friedinger um die Hühner kümmern, wobei das Ausmisten Männerarbeit bleibt. Die Anteile werden auf acht Jahre vergeben und Friedinger ist überzeugt, dass sich das Modell bis dahin bewährt hat und er die investierten Beträge zurückzahlen kann. Selbst wenn einer der Anleger in der Zwischenzeit aussteigen wollte, könnten die Einlagen von anderen Interessenten abgekauft werden.

© SZ vom 19.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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