Engagement:Offen für alles und jeden

Die Fotowilden präsentieren ihre Bilder; Ausstellung im Sparkassenfoyer

Marlene Peix (rechts) bei einer Ausstellung der "Fotowilden" in der Starnberger Sparkasse. Im Bild zu sehen ist auch noch Karin Lautenbach.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Starnbergerin Marlene Peix hat vor acht Jahren die integrative Gruppe "Die Fotowilden" gegründet, die ihre Werke sogar bereits in China ausgestellt hat

Von Gerhard Summer, Starnberg

Tibets Hochebene liegt nur ein paar Schritte entfernt. Immer wenn Marlene Peix, 67, nach Trost zumute ist, geht sie in den Flur ihres Hauses in Starnberg und schaut sich das Foto an, das sie 2004 von Nomaden gemacht hat. Eine junge Frau sitzt mit zwei Kindern in einem Zelt, auf einem befeuerten Blecheimer steht ein Topf mit Milch, im Hintergrund ist eine auf den Kopf gestellte, moderne Uhr zu erkennen, die offenbar keiner braucht. Die Unterkunft wirkt ärmlich und improvisiert, aber eines überstrahlt alles: Die Mutter lacht übers ganze Gesicht, als wüsste sie, dass Glück nichts mit Ort und Zeit zu tun hat.

Peix macht auch konventionelle Bilder, aber bekannt ist sie für experimentelle Fotografie und abstrakte, teilweise an Malerei erinnernde Kompositionen. Bewegte Objekte verwandelt sie durch Langzeitbelichtung und Nachbearbeitung in intergalaktische Phänomene, Paare und Passanten macht Peix zu Schemen vor tiefblauem Hintergrund. Das vielleicht größte Experiment der vormaligen Physiotherapeutin aber sind "Die Fotowilden", eine integrative Gruppe, die Profis und Amateure in ihren Reihen hat und derzeit aus 24 Mitgliedern im Alter von 25 bis 70 Jahren besteht. Vier von ihnen sind Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung. Sie mögen einen besonderen Blick auf die Welt haben, aber in ihren Fotos zeigt sich das nicht unbedingt. "Oft ist gar nicht festzustellen, ob das Bild von einem Menschen mit oder ohne Behinderung kommt", sagt Peix. Voraussetzung ist freilich die Arbeit mit digitalen Kameras, die über Vollautomatik verfügen und nicht manuell eingestellt werden müssen. "Mit analogen Geräten wäre es schwieriger", weiß Peix.

Der Name "Die Fotowilden" hat keinen tieferen Sinn, außer vielleicht, dass die Gruppe für alles offen und eben "nicht so starr ist", wie ihre Gründerin und Vorsitzende sagt. Was seine Aktivitäten betrifft, unterscheidet sich der 2010 gegründete Verein kaum von anderen Fotogruppen. Die 24 Lichtbildner treffen sich einmal im Monat, befassen sich mit Themen wie Nachtfotografie, Doppelbelichtung, den Möglichkeiten der Bildbearbeitung am PC via Fotoshop und besprechen immer wieder ihre Arbeiten. Sie unternehmen Fotoausflüge in den Wildpark Poing, nach Raisting, aufs Glentleiten-und ins Wasmeier-Freilichtmuseum. Und besuchen Ausstellungen in der Bayerischen Versicherungskammer, der Pinakothek und dem Stadtmuseum München. Das alles ist möglich, weil keiner der Fotografen auf den Rollstuhl angewiesen ist. Allerdings sind zwei der Mitglieder nicht so gut zu Fuß, Bergwanderungen scheiden deshalb aus, "wir richten uns immer nach den Schwächsten", sagt Peix. Gerade die Gemeinschaft sei wichtig für Menschen mit Behinderung.

Können und Vorlieben sind bei der Gruppe, die sich auf Englisch "The Photo Maniacs from Lake Starnberg" nennt, sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt Mitglieder, die sind auf Landschaften, Stillleben oder Makrofotografie abonniert. Andere halten grundsätzlich alles fest, was ihnen vor die Linse kommt, ob es nun Blumen sind oder Postboten. Die Arbeiten der Gruppe waren bisher in sieben Ausstellungen zu sehen, die bislang spektakulärste ging im September 2012 in Pingyao über die Bühne. Peix und ihr Mann hatten auf einer ihrer China-Reisen entdeckt, dass die Altstadt der Metropole für eine Woche im Jahr zur zentralen Anlaufstelle für Fotografen wird. 2011 stellte Peix eines ihrer Bilder auf dem internationalen Fotofestival aus, durch ihre Kontakte fanden ein Jahr später auch Bilder der "Fotowilden" in Pingyao Beachtung. Das ideale Ziel für einen Gruppenausflug? Nein, das wäre für die meisten Mitglieder zu beschwerlich gewesen. Marlene Peix reiste ausnahmsweise alleine.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: