Fünfseen-Filmfestival:Ein Polit-Thriller in drei Akten

Spendenaktion für das Fünfseen-Filmfestival

Christiane Lüst und Rainer Bartesch (re.) initiieren eine Spendenaktion für das Fünf-Seen-Filmfestival von Kinobetreiber Matthias Helwig.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Matthias Helwig fühlt sich düpiert, weil ihm die Gemeinde Gauting nur 5000 Euro für sein Filmfestival geben will. Jetzt können die Bürger per Internet spenden.

Von David Costanzo, Gauting

"Peinlich" findet er das, "einfach peinlich", eine "Düpierung", dabei habe er "nur das Unterste vom Untersten" gefordert. Matthias Helwig, Filmfest-Chef und Gautinger Kinobetreiber, ist so richtig aufgebracht. Einen Zuschuss von 15 000 Euro hat er beim Gemeinderat für sein Fünf-Seen-Filmfestival in Gauting und Starnberg beantragt, das zweitgrößte in Bayern. Bekommen hat er wie im Vorjahr 5000 Euro. Helwig hält das für so unter dem Untersten vom Untersten, dass er das Geld gar nicht erst annehmen will. Stattdessen hat er nun zusammen mit Christiane Lüst vom Öko&Fair-Umweltzentrum eine Spendensammlung vorgestellt.

Die Idee sei aus der Gautinger Bevölkerung gekommen, sagt Lüst, weil die Empörung über den Umgang mit Helwig groß sei. Viele wollten das Festival fördern. Im Internet können Cineasten und Wohltäter nun Geld per Kreditkarte überweisen. Helwig bedankt sich dafür: Für 50 Euro winkt ein Fünf-Filme-Pass zum Festival für den Eintritt in fünf Vorstellungen. Für 100 Euro gibt es eine Festival-Akkreditierung, die zum Besuch aller Vorführungen berechtigt - in den zehn Festivaltagen sollen Cineasten schon 30 der rund 120 Filme gesehen haben. Und für 250 Euro erhalten Spender zusätzlich Zutritt zu allen Sonderveranstaltungen wie etwa der Eröffnungsfeier und der legendären Dampferfahrt.

Zusammengestellt hat die Internetseite Karl Heinz Jobst vom Umweltzentrum, der die ersten 100 Euro beisteuerte. 250 Euro hat ein Gautinger bereits direkt an Helwig überwiesen, wofür es ebenfalls Akkreditierungen gibt. Auch der Komponist und Filmmusiker Rainer Bartesch engagiert sich: Er spendet etwa seine Gage beim Kirchenkonzert mit Alphorn und Orgel in St. Pius in Pöcking am Samstagabend. Das Filmfest sei eine "Perle", die ganze Last und das Risiko sollten nicht auf Helwig allein abgewälzt werden.

Der wiederum versteht die Welt nicht mehr: Der Freistaat fördere das Festival mit 40 000 Euro, der Bezirk habe im vergangenen Jahr den höchsten möglichen Betrag von 15 000 Euro gegeben. Selbst die Stadt Starnberg steuere mehr als 30 000 Euro bei, obwohl nur noch 80 der 300 Vorführungen in der Kreisstadt auf die Leinwand kommen, während in Gauting 170 stattfinden. Selbst das kleine Wörthsee gebe 2500 Euro, obwohl dort nur zehn Filme unter freiem Himmel gezeigt werden. Helwig, der das Defizit von 35 000 Euro im vergangenen Jahr aus eigener Tasche beglich, denkt bereits darüber nach, wie er den Etat um den in seinen Augen fehlenden Zuschuss aus Gauting kürzen kann. Bisher, betont Helwig, sei nach der Eröffnung in der Starnberger Schlossberghalle wieder eine zweite Premiere in Gauting geplant. "Aber das muss man natürlich sehen . . ." Der Polit-Thriller von Gauting bekommt also einen dritten Teil: Im ersten fühlte sich Helwig nicht ausreichend wertgeschätzt, was er jedem einzelnen Gemeinderat per E-Mail mitteilte. In der anschließenden Doppelepisode folgte Empörung auf Empörung. Zunächst stellte CSU-Rat Benedikt Kössinger fest, dass die Entscheidung einzig und allein mit der klammen Gautinger Kasse zu tun habe. Er garnierte dies jedoch mit der Pointe, dass sich die Einnahmen der Gemeinde verbessern würden mit dem geplanten Gewerbegebiet, gegen das sich Gilching ausspreche, wo Helwig für die SPD im Gemeinderat sitzt. Die Antwort aus der Nachbargemeinde ließ nicht lange auf sich warten. Worauf Kössinger antwortete, Helwigs Haltung sei ihm egal.

Im dritten Teil nun fragt der Festival-Chef gar nach der Daseinsberechtigung der Kunst in Gauting im Speziellen und angesichts knapper Kassen im Allgemeinen: "Auch in schlechten Zeiten brauchen wir Kultur." Der filmreife Stoff verdichtet sich also zu drei geradezu epischen Konflikten: Kunst gegen Kommerz, CSU gegen SPD und Gauting gegen Gilching.

Die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) will nicht die Rolle des Bösewichts übernehmen. Zuschüsse hätten nichts mit Wertschätzung zu tun. Dabei müsse auch die Kassenlage berücksichtigt werden. Heuer sei sogar der Anstrich der Lebenshilfe-Kita gekürzt worden. Die Gewerbegebiet-Äußerung des Gemeinderats Kössinger - ihres Sohnes - wolle sie nicht bewerten.

Informationen unter: http://fsff.oeko-und-fair.de

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