Eching:Das Brücken-Abenteuer

Fast 100 Schaulustige bestaunen bei Flutlicht den Bau des Provisoriums entlang der Lindauer Autobahn bei Eching. Erst gegen 3.30 Uhr in der Nacht können die Arbeiter die letzten Schrauben festziehen. Es läuft alles genau nach Plan

Von Michael Berzl, Eching

Sitzt, passt, wackelt nicht und hat ein bisschen Luft: In leicht abgewandelter Form trifft ein alter Heimwerkerspruch auf die provisorische Autobahnbrücke bei Eching zu. Um eine Handbreit sind die Widerlager auf den beiden Zufahrtsrampen zu weit auseinander. Aber bei einem 80-Tonnen-Trumm mit einer Spannweite von 32 Metern ist das eine Kleinigkeit, die sich mit gut dosierten Hammerschlägen korrigieren lässt. Die Metallplatten, auf denen die Stahlträger aufliegen, stehen nun ein wenig über statt bündig abzuschließen, aber das ist offenbar noch im Bereich der Toleranz. Nun ist die letzte Lücke in der Umfahrung für die Autobahntunnel bei Eching und Etterschlag geschlossen. Gegen 3.30 Uhr in der Nacht zum Mittwoch haben die Arbeiter die letzten Schrauben festgezogen. "Es ist alles planmäßig verlaufen", stellt Projektleiter Christian Hocke von der Autobahndirektion Südbayern am Tag danach zufrieden fest.

Eching Brücke Begleitstraße der A96

Die Baustelle in Eching ist in grelles Scheinwerferlicht getaucht, als ein Autokran die Träger für eine Behelfsbrücke platziert.

(Foto: Georgine Treybal)

Über diese Umleitungsstrecke fließt voraussichtlich vom kommenden April an etwa ein halbes Jahr lang der Verkehr in Richtung München, während die beiden Tunnelröhren für viel Geld modernisiert werden und unter anderem eine bessere Löschwasserversorgung erhalten.

Der Lückenschluss bei Eching ist der spektakulärste Akt beim Bau der Umfahrungsstrecke. Fast hundert Neugierige sind am Dienstagabend gekommen, um sich das Schauspiel anzuschauen. Und sie werden nicht enttäuscht. Die Kombination aus Nebel und grellem Scheinwerferlicht schafft ein bizarres Ambiente für die sanften Bewegungen eines mächtigen Autokrans, der in dieser Dezembernacht schwere Stahlkonstruktionen zentimetergenau einpasst. Etwa eine Stunde müssen die Zuschauer ausharren, bis der Kran den ersten der beiden Träger mit einem Gewicht von jeweils acht Tonnen an die Kette nimmt und in die Höhe hievt. Dieselgeneratoren brummen, der Kreisverkehr bei der Rewe-Filiale in Eching wird kurzzeitig gesperrt, aus Funkgeräten tönen Anweisungen der Monteure, ganz langsam senkt sich der Träger seinem Ziel entgegen. "Okay, wir sind ziemlich drin", sagt ein Arbeiter. Ein paar Hammerschläge noch, dann sitzt das Teil an seinem Platz und wird mit einem Stahlrohr fixiert. Jetzt kann auch der Kranführer der Gräfelfinger Firma Schmidbauer erst einmal aufatmen und genehmigt sich einen Schluck aus seiner Thermoskanne. Es läuft gut hier, findet er, da habe er schon ganz andere Sachen erlebt, wenn Teile nicht passen. Die Brücke dagegen passt.

Eching Brücke Begleitstraße der A96

Projektleiter Christian Hocke (links) beobachtet gemeinsam mit Bürgermeister Siegfried Luge die Arbeiten.

(Foto: Georgine Treybal)

"Da passt ja gar kein Bulldog mehr durch", sorgt sich dagegen Johannes Roming. Der Bub ist zusammen mit seinen beiden Geschwistern und seiner Mutter extra zum Zuschauen gekommen. Auf dem Wiesenhügel im Kreisverkehr haben sie einen Logenplatz und können die Arbeiten gut beobachten. Die Sorgen des kleinen Beobachters sind jedoch unbegründet; die Straßenbauer haben die Brücke schon hoch genug dimensioniert.

Anton Federl hat sich mit seinem Kamerastativ hier postiert, um die Aktion zu fotografieren und kurz darauf im Internet (www.tunnel-eching.de) zu veröffentlichen. Der Informatiker, der Mitglied bei der Echinger Feuerwehr ist, hat sich vorgenommen, die Geschichte der Brückensanierung zu dokumentieren; auch die Streitigkeiten im Vorfeld, als Kritiker bezweifelten, ob der aufwendige Ausbau überhaupt notwendig ist. Wenn er an diese Auseinandersetzungen denkt, kann Bürgermeister Siegfried Luge aufbrausend werden. "Wer ist denn drin, wenn was passiert? Unsere Leute", erklärt er auf der Baustelle. Die Belastungen für die direkten Anwohner sieht er zwar auch, aber die Modernisierung hält er für unbedingt notwendig.

Nach der Winterpause geht es richtig los. Von Ende Januar an werden 20 Schilderbrücken aufgebaut; darauf können dann zum Beispiel bei einem Unfall in einem Tunnel die Autofahrer gestoppt und umgeleitet werden. Die Montagearbeiten finden nachts statt, kurzzeitig müsse die Strecke auch gesperrt werden, kündigt Projektleiter Hocke an. Von Anfang April bis Herbst wird in den Tunnels bei Eching und Etterschlag gearbeitet; jeweils eine Röhre wird für den Verkehr gesperrt. Die Autofahrer müssen auf die Parallelstrecke ausweichen, die nun fertiggestellt wurde. Voraussichtlich Anfang 2017 kommt wieder ein Schmidbauer-Kran, um die Behelfsbrücke in Eching auseinanderzunehmen. Ist bestimmt wieder ganz nett anzusehen.

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