Dießen:Zug erfasst Auto an beschranktem Bahnübergang - beide Insassen sterben

Unfall am Bahnübergang; Unfall am Bahnübergang

Den Einsatzkräften vor Ort am Bahnübergang von Dießen bietet sich nach dem Unglück ein grauenvolles Bild: Zwei Menschen sind tot, ihr Wagen nur mehr ein Wrack.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)
  • Bei einem Unfall am beschrankten Bahnübergang in Dießen kommen zwei Menschen ums Leben.
  • Die Polizei geht davon aus, dass der 84-jährige Fahrer die Bahnstrecke passierte, während sich die Schranke schloss.

Von Astrid Becker, Dießen

Einheimische nennen ihn gern den "schnellsten Bahnübergang der Welt". Weil es hier kaum Wartezeiten gibt: Die Schranke senkt sich, der Zug fährt durch, die Schranke hebt sich wieder, und weiter geht die Fahrt. Doch offenbar hat genau dieser Umstand nun zwei Menschen das Leben gekostet. Am Freitagmorgen gegen neun Uhr war ihr Auto am südlichen Ortseingang von einem Regionalzug erfasst und etwa 30 Meter weit mitgeschleift worden. Bei den Toten handelt es sich laut Polizei um einen 84 Jahre alten Dießener und vermutlich dessen gleichaltrige Ehefrau. Die Insassen des Zuges blieben unverletzt, der Lokführer erlitt einen Schock.

Der Zug der Bayerischen Regiobahn mit der Nummer 86520 fährt um 8.42 Uhr in Weilheim in Richtung Augsburg Oberhausen los und soll um 9.03 Uhr in Dießen halten. Doch an diesem Morgen ist alles anders. Denn als sich der Zug dem Bahnübergang nähert, bemerkt der Lokführer einen silbernen Mittelklassewagen direkt vor sich. Er leitet eine Schnellbremsung ein.

Doch vergeblich. Der Zug prallt auf den Wagen, schleift ihn 30 Meter weit mit und kommt schließlich erst mehrere hundert Meter entfernt zum Stehen. So in etwa soll der 50 Jahre alte Lokführer, der selbst aus der Gegend stammt, das Unglück geschildert haben. Wie es sich jedoch genau zugetragen hat, muss jetzt mit Hilfe eines Gutachtens geklärt werden. Die Polizei geht derzeit aber davon aus, dass der 84-jährige Dießener mit seinem Auto den Bahnübergang passierte, während sich die Schranke bereits schloss.

Warum er seinen Wagen nicht zuvor gestoppt hat oder wenigstens, als sich die Schranke hinter ihm schloss, aufs Gas gestiegen ist oder ob er dazu womöglich keine Zeit mehr hatte, das werden die Ermittlungen ergeben müssen. Die an dieser Stelle eingleisige Bahnstrecke ist am Freitag gesperrt worden, ein Schienenersatzverkehr befördert die Fahrgäste. Möglicherweise, so sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn, die für die Übergänge und Gleise zuständig ist, werde die Strecke noch länger gesperrt bleiben.

Auch die Straße, die von Fischen nach Dießen führt, ist mehrere Stunden, bis 15 Uhr, nicht befahrbar. Einsatzkräfte der Feuerwehren Fischen und Dießen haben sie für den Verkehr abgeriegelt. Ein Polizeihubschrauber kreist über der Gemeinde, um den Unfall von oben aufzunehmen. Am Unglücksort selbst herrscht über Stunden hinweg reges Treiben: Der Katastrophenschutz ist eingetroffen, ein Notfallmanager der Bahn, die Feuerwehr, die Polizei, das Rote Kreuz und mehrere Notärzte.

Einer von ihnen ist Jochen Habsch. Er war als erster vor Ort. Eigentlich sei er von seinem Wohnort Riederau mit Blaulicht zu einem Einsatz in Raisting unterwegs gewesen, als ihm der Piepser das Unglück an dem Bahnübergang gemeldet habe, erzählt er. Weil er in unmittelbarer Nähe ist, muss ein anderer Notarzt den Einsatz in Raisting übernehmen. Kurz nach neun Uhr ist Habsch bereits am Unglückort. Das Bild, das sich ihm dort bietet, ist grauenvoll. Ein silberner Mittelklassewagen mit Landsberger Kennzeichen liegt etwa 30 Meter vom Bahnübergang entfernt auf der rechten Seite mit dem Heck nach oben mitten auf dem Bahndamm. Einzelne Autoteile, hier ein Außenspiegel, dort der Katalysator, liegen über viele Meter verstreut auf den Gleisen.

Der Arzt tritt an das Wrack, kann aber zunächst nichts sehen. Er schlägt die hintere Seitenscheibe ein, sieht Kinderspielzeug und - zwei Füße. Er ruft in den Wagen, bekommt aber keine Reaktion. Nachdem er sich überzeugt hat, dass die Zuginsassen unverletzt sind, wuchtet er zusammen mit anderen Einsatzkräften, die mittlerweile den Unfallort erreicht haben, das Auto um. Ein Teddybär landet dabei auf der asphaltierten Zufahrt neben den Gleisen.

Der Beifahrerin im Wagens kann Habsch aber nicht mehr helfen, den Fahrer versucht er noch zu reanimieren - vergeblich. Ein Notfallmanager der Bahn koordiniert den Einsatz, der sich über viele Stunden hinzieht. Es dauert geraume Zeit, bis davon ausgegangen werden kann, dass sich die Schranke ordnungsgemäß geschlossen hat. Noch länger dauert es, bis die Unfallstelle geräumt ist. Zu vieles ist an diesem Freitag noch unklar - auch wie es in Zukunft an diesem Bahnübergang weitergeht. Einem Bahnsprecher zufolge soll dessen Sicherheit genau geprüft werden.

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