Dießen:Ringen um das "Blaue Haus"

Blaues Haus Dießen

Phönix aus der Asche: Zur Neueröffnung 2004 erstrahlte die Fassade des zuvor dem Verfall preisgegebenen Hauses in frischem Glanz.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Pächter Jürgen Bahls zieht nach 14 Jahren aus dem einstigen Seminargebäude aus - und schon wird im Gemeinderat über einen Abriss und einen Neubau mit Wohnungen debattiert

Von Armin Greune, Dießen

Mitte 2017 wird Jürgen Bahls nach fast 14 Jahren Pacht das weithin bekannte "Blaue Haus" in Dießen verlassen. Eine Verlängerung des Mietvertrags scheiterte, weil der Innenarchitekt und die Gemeinde sich nicht über die Sanierung ihrer Immobilie einigen konnten. In der jüngsten Gemeinderatssitzung beantragte nun Edgar Maginot für die CSU-Fraktion, Dießen sollte einen Gutachter bestellen, um den Renovierungsaufwand mit dem für einen Neubau mit Tiefgarage zu vergleichen. Die Kosten sollen an einer zukunftsorientierten Nutzung gemessen werden: "Wir halten ein Geschosswohnungsbau-Modell für Einheimische in Verbindung mit Arztpraxen und gewerblichen Nutzungen für eine zukunftsfähige Lösung", heißt es in dem Antrag.

Zwar stimmten alle Gemeinderäte der möglichst raschen Bestandserfassung zu - schließlich hatten die Fraktionsvorsitzenden schon im vergangenen Jahr beschlossen, dazu einen Gutachter einzuschalten, und dafür 50 000 Euro im Haushalt vorgesehen. Die Planung eines Alternativbaus stellte der Gemeinderat jedoch erst mal zurück. Zum Abriss und Neubau sowie den Vorstellungen Maginots über eine künftige Nutzung wurde zum Teil heftiger Widerspruch laut. Damit ist die Diskussion wieder an dem Punkt angelangt, wo sie sich vor 13 Jahren befand.

Bevor Bahls das nicht nur wegen der Farbgebung markante Haus an der Prinz-Ludwig-Straße übernommen hatte, war der Abriss schon beschlossene Sache gewesen: Die auf 1,2 Millionen Euro geschätzten Renovierungskosten erschienen dem Gemeinderat zu hoch, folglich war bereits Geld eingeplant, um das vormalige Seminargebäude schleifen zu lassen. 2003 stellte der Architekt dem Gemeinderat sein Konzept vor: Im Gegenzug für einen günstigen Mietvertrag über sieben Jahre richtete Bahls das "Blaue Haus" her. Die Pacht wurde noch zweimal für je drei Jahre fortgesetzt. Er "hätte gerne um weitere fünf Jahre verlängert", sei aber mit "inakzeptablen Forderungen" zu Malerarbeiten und Dachsanierung konfrontiert worden, klagt Bahls. Ein Abriss wäre ein "städtebauliches Sakrileg". Ähnlich äußerte sich im Gemeinderat Franz Kubat (DB): Man müsse das Haus "als Kulturgut erhalten", Dießen habe schon zu viele historische Gebäude verloren. In einer abgelesenen, aber dennoch fulminanten Rede plädierte Michael Hofmann (BP) für eine Nutzung als Kunst- und Kulturzentrum: Neben dem bestehenden Veranstaltungssaal könnten nach einem eventuell mit Leader-Mitteln finanzierte Umbau weitere Räume als Museum dienen. Schließlich suchten in Dießen Keramik-, Puppen- und Grabkreuzsammlungen Ausstellungsflächen. "Ein Arztzentrum ist dagegen ein alter Hut", schloss Hofmann und erntete damit viel Zustimmung.

Bahls wiederum hält die Suche nach einer neuen Nutzung für komplett überflüssig: Noch haben dort sieben Firmen Büros angemietet, im ehemaligen Café ist ein Modeladen mit Strickcafé eingezogen, Inhaberin Christiane Graf organisiert auch kulturelle Veranstaltungen im Saal nebenan. Alle seine Untermieter würden gerne nach Juli 2017 mit der Gemeinde neue Verträge abschließen, sagt Bahls. Er schätzt die Sanierungskosten für das 900 Quadratmeter Nutzfläche bietende Haus auf 2,1 Millionen Euro.

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