Dießen:Kopffüßler und andere Körperfragmente

Ausstellung Horst Antes; Horst Antes-Ausstellung

Horst Antes, mit seinen Arbeiten weltweit in bedeutenden Sammlungen und Museen vertreten, gilt als Vorreiter einer neuen figurativen Kunst.

(Foto: Fuchs)

Das Fritz-Winter-Atelier in Dießen präsentiert eine Auswahl der Werke des großen Künstlers Horst Antes

Von Katja Sebald, Dießen

Der Maler, Grafiker und Bildhauer Horst Antes, 1936 in Heppenheim an der Bergstraße geboren, hat die Kunst des 20. Jahrhundert nachhaltig beeinflusst. Oder besser: Sein "Kopffüßler" ließ ihn in den 60er Jahren, als man sich der Abstraktion verpflichtet fühlte, zum Vorreiter einer neuen figurativen Kunst aufsteigen. Jetzt ist der große Künstler Antes, der mit seinen Arbeiten weltweit in bedeutenden Sammlungen und Museen vertreten ist, zu Gast im kleinen Dießen: Im Fritz-Winter-Atelier sind grafische Arbeiten und einige wenige Skulpturen zu sehen. Die etwas zusammenhanglos wirkende Auswahl mag man vor diesem Hintergrund verzeihen.

Nach Studium an der staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei HAP Grieshaber in den 50er Jahren heimste Antes schon als junger Künstler alle wichtigen deutschen und internationalen Kunstpreise ein. Seine Skulpturen für die Bundesgartenschau 1967 in Karlsruhe machten ihn in Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Die aus einer Stahlplatte geschnittene "Figur 1000", die in einer Auflage von 1000 Stück hergestellt wurde, ist ein leicht verständliches und niedrigschwelliges Kunstwerk, das man heutzutage wie einen Kunstdruck im Internet bestellen kann. Auch in der Dießener Ausstellung gibt es ein Exemplar - ebenso wie den berühmten "Kopffüßler": Die gedrungene Figur fast ohne Rumpf und mit massigem, meist im Profil dargestellten Kopf entwickelte sich nach und nach ab 1962 und war lange Zeit das einzige Motiv des Künstlers. Angeregt zu seiner "Kunstfigur" wurde Antes von indianischer Kunst, die er sammelt und über die er sich ein profundes Wissen angeeignet hat. Der Kopffüßler ist also nicht nur eine abstrahierte Chiffre für die "Deformiertheit" des zivilisierten Menschen, er ist auch als mythologisch aufgeladen zu verstehen. Als Teil einer komplexen Ikonographie, zu der neben Leitern, Treppen und Reifen auch die Schlange als Symbol für Fruchtbarkeit gehört, bevölkert er auch noch die 1981 entstandene Mappe mit Farblithografien, die sich in Dießen als Bilderzählung findet.

Den weitaus größten Raum in dieser Ausstellung nehmen jedoch die Farblithografien aus dem Zyklus "Dreiundsechzig Offsets" (1965) ein. Sie machen deutlich, dass der "Kopffüßler" keineswegs als fertiges Sujet entstanden ist, sondern aus Körperfragmenten, die sich in zunächst noch abstrakten Bildwelten einstellen und sich als immer wieder neuer Versuch, das Bild des Menschen kritisch zu reflektieren, zu Figuren, Paaren und Gruppen fügen.

Umso erstaunlicher ist es, dass Antes nach den Jahren der programmatischen Beschäftigung mit dem Thema Figur seit Mitte der achtziger Jahre nur noch Häuser malt. Die wie aus Bauklötzen gestaffelten stark vereinfachten Hausformen in Schwarz, Grau und Nachtblau bestimmen seither sein Werk. In Dießen sind sie mit einer Arbeit von 2001, einer fünfteiligen Farblithografie, die nachträglich auf Leinwand aufgebracht wurde, vertreten.

Die Ausstellung ist noch bis 20. September donnerstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr zu sehen.

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