Dießen:Hausmeister in Doppelfunktion

Ehrenamtliche kritisieren trotz neuen Konzepts eine unzureichende Betreuung der insgesamt 130 Flüchtlinge in Dießen

Von Peter Bierl, Dießen

Die Asylkoordinatorin im Landratsamt, Barbara Rösner, hat dem Dießener Gemeinderat kürzlich das Konzept zur Betreuung von Flüchtlingen vorgestellt. Die Kreisbehörde übernahm die Aufgabe zum 1. April, bis dahin war das Bayerische Rote Kreuz (BRK) zuständig. Die Qualität aber hat sich seither kaum verbessert: Für die 130 Asylbewerber in den beiden Massenquartieren Bischofsried und Riederau ist lediglich ein Hausmeisterehepaar zuständig. "Die sind überfordert", rügte Gemeinderätin Beatrice von Liel (Dießener Bürger/DB).

"Die Sozialberatung ist viel zu wenig und die Ehrenamtlichen sind am Rande ihrer Belastung", kritisierte Michaela Kanzler aus dem Kreis der Freiwilligen hinterher. Es seien auch zu wenig Helfer, vor allem in Bischofsried und im Weggenossenheim. Bereits bei der Bürgerversammlung in Riederau zum Thema Asyl hatten ehrenamtliche Helfer im Februar mehr Unterstützung verlangt. Der Gemeinderat beschloss im März, aufgrund der Kritik die Sachgebietsleiterin "Asyl" einzuladen.

Rösner präsentierte auf der Sitzung in der Vorwoche ein umfangreiches Organisationsschema und erklärte, wie es funktioniert. Derzeit leben mehr als 200 Flüchtlinge in der Marktgemeinde, darunter 36 unbegleitete Minderjährige, die von einem Sozialarbeiter betreut werden. Für die Asylberatung gilt ein Schlüssel von 1:150 Personen. Diese Aufgabe liegt nach wie vor beim Roten Kreuz, das dafür eine Sozialpädagogin für Dießen eingestellt hat. Diese soll sowohl rechtliche Fragen klären als auch Konflikte lösen. So gebe es Schlägereien und Messerattacken in den Unterkünften - allerdings nur untereinander, wie Rösner betonte. Oft sind es allerdings freiwillige Helfer, die eingreifen, schlichten und beruhigen oder mit den Menschen zu Behörden und Polizei gehen, um Probleme zu lösen.

Für die Asylsozialbetreuung von insgesamt 130 Flüchtlingen ist seit kurzem das Hausmeisterehepaar des evangelischen Weggenossenheims zuständig. Sie seien in einer "Doppelfunktion" als Hausmeister und Betreuer im Einsatz, erklärte Rösner. Sie haben dafür eine Vollzeit- und eine Halbtagsstelle. Die beiden wurden vom Landkreis auf dem Wege der "Personalgestellung" von der Kirche übernommen. Für diese "niederschwellige" Betreuung seien keine Pädagogen, ausgebildete Sozialarbeiter oder Psychologen vorgesehen.

Für die übrigen rund 40 Flüchtlinge in den kleineren Unterkünften in Dießen und Obermühlhausen sei eine Außendienstmitarbeiterin des BRK zuständig. Die Frage von Bürgermeister Herbert Kirsch, wann diese in den Unterkünfte anzutreffen sei, konnte Rösner nicht beantworten. Die Arbeiterwohlfahrt erwäge, eine weitere Person für Dießen einzustellen. Auf alle Fälle seien die Nummern der Diensthandys der Außendienstmitarbeiter in den Unterkünften bekannt.

Diese Mitarbeiter sollen organisatorische Fragen in den Unterkünften regeln, nachschauen, wie die Einrichtung belegt ist, helfen, wenn es um aufenthaltsrechtliche Papiere geht, aber auch die Mülltrennung erklären oder Arztbesuche terminieren. Die Kosten von Hausmeistern und Betreuern werden von der Regierung pauschal erstattet, sagte Rösner der SZ.

Für die ehrenamtlichen Helfer gibt es eine neue Koordinationsstelle im Landratsamt, die von Stefanie von Valta geleitet wird. Sie will Helferkreise vernetzen, Freiwillige weiterbilden und einmal im Monat einen Newsletter herausgeben. Derzeit habe sie etwa 200 Adressen aus dem Landkreis in ihrem Verteiler, sagte sie.

Für anerkannte Asylbewerber, die eigentlich die Unterkunft verlassen müssen, ist das Landratsamt nicht zuständig. Dafür werde derzeit ein Leitfaden in sieben Sprachen erarbeitet, in denen Verhaltensregeln in Deutschland erklärt werden. Was die Integrationskurse betrifft, so seien bis zu 700 Flüchtlinge im Landkreis dafür qualifiziert, weil sie aus Eritrea, Iran, Irak und Syrien stammen. Es fehle aber an Lehrkräften, weil die Anforderungen an deren Qualifikation so hoch sei, erklärte Rösner.

In Dießen sind 125 Flüchtlinge berechtigt einen solchen Kurs zu besuchen, erklärte die Asylkoordinatorin der SZ auf Nachfrage. Wie viele tatsächlich teilnehmen, wusste sie nicht. Seit Anfang 2015 wurden insgesamt 24 Flüchtlinge aus dem ganzen Landkreis abgeschoben, außerdem würde die Zahl derer, die freiwillig ausreisen, zunehmen. Derzeit miete das Landratsamt Landsberg auch keine neuen Unterkünfte mehr an, weil angeblich keine weiteren Flüchtlinge kommen, sagte Rösner im Gemeinderat.

Während Beatrice von Liel anmerkte, das Hausmeisterehepaar sei mit den beiden großen Unterkünften überfordert, kritisierte Christine Stedele, Ortssprecherin von Obermühlhausen, dass die Flüchtlinge in dem Dorf abgeschnitten seien. Die Forderung nach einem hauptamtlichen Koordinator vor Ort, die auf der Ratssitzung im März erhoben wurde, wiederholte keiner. Allerdings ist für diesen Dienstag, 26. April, ein Runder Tisch mit Vertretern der Gemeinde Dießen, der Verbände und Vereinen sowie den ehrenamtlichen Helfern geplant.

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