Ammersee:Fischer schlagen Alarm

Die Kinderstuben der Fische in den Uferzonen des Ammersees sollen erhalten bleiben, fordert die Genossenschaft. Nach wie vor sind die Renken-Erträge mager, nun sollen die Nährstoffmengen im Wasser untersucht werden

Von Armin Greune, Dießen

Die Ammerseefischer sorgen sich um den Renkenbestand und die Artenvielfalt im See. Sie beantragen deshalb, dass Schonbezirke für Fische im Rahmen des Gewässerentwicklungskonzeptes ausgewiesen werden. Angesichts der wenigen seichten Zonen im See sei es nötig, sich "unbedingt um die Flachwasserbereiche zu sorgen", forderte der Genossenschaftsvorsitzende Bernhard Ernst zum traditionellen Fischerjahrtag am Montag. Natürliche, strukturreiche Uferzonen dienen vielen Fischarten als Kinderstube. Für den Biologen und Fischer Ernst ist unverständlich, dass Fische in Schutzgebietsverordnungen nicht auftauchen, obwohl ein Drittel der Arten im Bestand gefährdet ist.

Ammersee: Nur die Seeforelle gibt den Ammerseefischern derzeit Anlass zur Hoffnung: Vor drei Jahren im Uttinger Mühlbach ausgesetzt, sind sie inzwischen im See herangewachsen.

Nur die Seeforelle gibt den Ammerseefischern derzeit Anlass zur Hoffnung: Vor drei Jahren im Uttinger Mühlbach ausgesetzt, sind sie inzwischen im See herangewachsen.

(Foto: imago stock&people)

Im Ammersee sind 32 Fischarten nachzuweisen, fast die Hälfte aller in Bayern vorkommenden Arten. Entscheidende, ja existenzielle Bedeutung für die Berufsfischer haben die Renken, die normalerweise 75 bis 90 Prozent des Gesamtertrags ausmachen. Die Art wäre "niemals durch andere Fische zu ersetzen", sagte Ernst. Immerhin sei zu beobachten, "dass die Renken im Ammersee besser 'beianand' sind als in den Jahren zuvor", ein Mittelgewicht von derzeit 150 Gramm bedeute schon "einen Schritt nach vorne". Genaue Zahlen hatte Bernhard Gum von der Bezirks-Fischereifachberatung parat: Am Ammersee habe der Renkenertrag 2014 bei vier Kilogramm pro Hektar Wasserfläche gelegen, der aller Fischarten bei sieben kg/ha. Das sei eine "miserable Situation", meinte Gum - im Chiemsee etwa gingen 15 kg/ha in die Netze. Doch auch dort sind die Fänge rückläufig, ebenso im Starnberger See. Der Ammersee, wo die Renkenerträge schon 2008 dramatisch eingebrochen sind, sei nur zuerst von der "Misere" betroffen gewesen. Die Ursache müsse wohl in der Wasserqualität und dem Nährstoffgehalt gesucht werden, so Ernst. Aber mit der einfachen Zuführung von Phosphor ließen sich die Probleme kaum beheben, vielmehr sei "jeder See gesondert zu betrachten". Gum stellte ein gemeinsames Projekt von Wasserwirtschaft und Fischerei zur Ursachenforschung in Aussicht, in dem Nährstoffmengen und -zusammensetzungen untersucht werden sollen: "Das Verhältnis zwischen Stickstoff und Phosphor stimmt nicht mehr." Wissenschaftliche Unterstützung dürfen die Ammerseefischer auch für ihr Seeforellenprojekt erwarten: Über sechs Jahre hinweg sollen die Zuflüsse beobachtet werden, von markierten Besatzfischen erhofft man sich Aufschlüsse über die Wanderungen der Seeforellen. Was die Wiederansiedlung im Ammersee betrifft, konnte Ernst erste Erfolge vermelden: Die Genossenschaft hatte im Jahr 2012 frisch geschlüpfte Fische im Uttinger Mühlbach ausgesetzt. Jetzt seien die ersten Seeforellen im Ammersee gefunden worden, "die spätestens nächstes Jahr laichbereit sind und in die Bäche aufsteigen".

Acht Zonen

Bereits 2005 hatte die Fischereigenossenschaft Ammersee vergeblich Fischschonbezirke beantragt. Nur ein Drittel des 43 Kilometer langen Ammerseeufers weise noch intakte Strukturen auf, sagt Bernhard Ernst, Vorsitzender der Genossenschaft, am Westufer seien es zusammengerechnet 6,3 Kilometer. Nun startet man einen neuen Versuch, acht naturnahe Uferzonen vor weiteren Veränderungen zu bewahren. Diese Bereiche sollen erfasst werden: St. Alban, das Seeholz bei Riederau, ein Streifen in Holzhausen, der "Weingarten" zwischen Eching und Schondorf, der Amperauslass, das Rieder Eck bei Herrsching, das Ufer zwischen Wartaweil und Aidenried sowie das Ammersee-Südufer. Die meisten dieser Zonen stehen ohnehin schon unter Naturschutz, sie sollen 100 Meter weit in den See reichen. arm

Erstmals haben die Fischer heuer neben dem Besatz mit Jungfischen auch mehr als 200 Strukturen für das natürliche Ablaichen bereit gestellt: Im Mai wurden Laichbürsten und ausgemusterte Christbäume im See versenkt. "Eine ganz einfache Maßnahme", sagte Ernst, aber jeder Baum sei mit Barsch- und Zanderlaich bedeckt gewesen. Weniger erfolgreich sei die selbst auferlegte Schonzeit für Zander gewesen, weil deren Laichzeit erst einsetzte, als der Fang wieder erlaubt war. Und im Oktober 2014 musste die Suche nach laichbereiten Renken abgebrochen werden, weil man tausende Renken für einige Liter Laich benötigt hätte. 2015 müsste die Laichfischerei effektiver ausfallen, hofft Ernst. Doch um den Bestand nachhaltig zu sichern, reiche Besatz nicht aus: Die letzten naturnahen Uferbereiche müssten als "Rückzugsgebiete für Fische und Fischerei" gesichert werden, sagte er. Es ginge "nicht darum, in den Schonbezirken Erholungssuchende auszusperren". Doch sollte der Status Quo erhalten bleiben, indem dort etwa keine zusätzlichen Bojen oder Stegen errichtet werden.

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