Der ewig alte Konflikt: Fundis gegen Realos:Ungeliebter Solist

Grünen-Kreisrat Peter Unger zofft sich mit der eigenen Fraktion im Kreistag.

Wolfgang Prochaska

Man hat es fast vergessen: In früheren Zeiten, als die Grünen aus Fundis und Realos bestanden, waren sie eine wirklich sehr lebendige Partei. Keine Versammlung, in der sich die beiden Flügel nicht heftig befehdeten, über Stunden. Diese Zeiten sind vorbei, seit Florian Duday und Anne Franke die Regie nach der Jahrtausendwende übernahmen und an Evelyn Villing weitergaben. Die Grünen sind bürgerlich geworden, so bürgerlich, dass man im Starnberger Kreistag den Eindruck gewinnen muss, dass sie sich für die bessere CSU halten. Alle Grünen? Nein, nicht alle. Einen gibt es noch, einen Grünen der ersten Stunde, und der heißt Peter Unger. Der Gilchinger Kreisrat, der die 60 Jahre längst überschritten hat, ist noch so angriffslustig und polemisch, als müsste er im Alleingang die Welt vor der CSU retten. Sozusagen der letzte grüne Solist. Im Kreistag am Montag konnte man dieses Schauspiel wieder, nun ja, genießen. Beim Thema Haushaltsberatungen kämpfte Unger dafür, dass die Sitzungen des Haushaltsausschusses endlich öffentlich sein sollen. Eine Schimpfkanonade durften sich Landrat Karl Roth und der Kreistag anhören: "Jeder hier redet von Bürgernähe, aber die Realität schaut anders aus." Der Bürger bekäme keine Infos, wie der Haushalt zustande käme, dies sei nicht in Ordnung. Kaum war Unger mit seinen Ausführungen zu Ende, meldete sich ein anderer Grüner zu Wort, nämlich Florian Duday, der laut verkündete, die "Gegenrede" zur Unger-Forderung halten zu wollen. Er betonte, dass sich die bisherige Lösung bewährt habe, sie hätte den Vorteil, dass durch die fehlende Öffentlichkeit im Haushaltsausschuss keine "Schaufensterreden gehalten" würden. Grüne gegen Grüne - das gefiel vor allem der CSU. Dies war aber noch nicht das Ende des innerfraktionellen Meinungsaustausches coram publico. Anne Franke, die Grünen-Landtagsabgeordnete und Kreisrätin, musste auch noch ihren Ärger über Ungers Solonummern Luft machen. Man muss wissen: Die beiden konnten sich noch nie so richtig leiden. Lautstark beklagte sie, dass der Gilchinger einen eigenen Antrag zum Akteneinsichtsrecht für Bürger stellen musste, obwohl sich die Fraktion einig war, dass er es nicht tun sollte. "Ich ärgere mich über Peter Unger, und ich habe es schon so oft gemacht, deshalb muss ich es auch sagen." Dass beide Unger-Anträge abgelehnt wurden, sei noch vermeldet. Das ist der Gilchinger gewohnt. Wie gesagt: der letzte Solist.

kreistag grüne florian duday peter unger anne franke barbara wanzke gerd mulert

Ein Grüner der ersten Stunde: Kreisrat Peter Unger.

(Foto: www.fotopeintner.de)
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: