Debatte der Kreis-SPD:Gegenwind für die Groko

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Der Abgeordnete Michael Schrodi versucht gestenreich die Genossen zu überzeugen, dass die SPD als Regierungspartei mehr bewegen könne. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Vor allem die Funktionäre werben in Gilching vehement für eine Beteiligung an der Bundesregierung. Doch an der Basis haben sie einen schweren Stand

Von Christian Deussing, Geisenbrunn

Die Nerven bei den SPD-Mitgliedern liegen blank. Bis zum 2. März haben sie zu entscheiden, ob es zu einer großen Koalition (Groko) mit der Union kommt - oder eben nicht. "Wir müssen wohl in den sauren Apfel beißen und das kleinere Übel der Groko wählen", meinten zwei langjährige Genossen am Sonntag in einer Versammlung im Freizeitheim Geisenbrunn. Dort versuchte der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi mit viel Elan 30 Parteifreunde davon zu überzeugen, nach dem "gut ausgehandelten Koalitionsvertrag" in Berlin mitzuregieren. Doch Schrodi hatte einen schweren Stand.

So kritisiert ein neues Mitglied, dass bei den Verhandlungen mit der Union die "Bürgerversicherung unter den Tisch gefallen" sei und daher die "Zwei-Klassen-Medizin" nicht aus der Welt sei. Ein anderer Sozialdemokrat ärgert sich, dass wichtige Punkte im Groko-Vertrag nur "Absichtserklärungen" und der Klimaschutz und die Energiepolitik "viel zu kurz kommen und sträflich vernachlässigt" würden. Das mache es ihm "wahnsinnig schwer", dieser Regierung mit der Union zuzustimmen.

Auch der Gilchinger SPD-Ortsvorsitzender und Landtagskandidat Christian Winklmeier bekennt, gegen die Groko votiert zu haben, weil zentrale Probleme hinaus geschoben würden und mit diesem Vertrag der "kleinen Fortschritte nicht gelöst werden". Als Beispiele nennt er in der Debatte die ungenügende Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus mit nur zwei Milliarden Euro, das "Baukindergeld für das CSU-Klientel" und die 8000 Pflegekräfte, die gerade noch für München ausreichten. Seine Kritik erhält Beifall - vor allen vom Juso-Kreisvorsitzenden Nico Wunderle. Dieser moniert zudem, dass beim Votum die Mitglieder mit einer Wahlbroschüre zugunsten der Groko "einseitig beeinflusst" würden.

Ein Gilchinger ist vor Kurzem in die Partei eingetreten und hofft auf bessere Zeiten. Er bemängelt das "unprofessionelle Verhalten" der SPD-Spitze. Seiner Ansicht nach sei eine klare Strategie notwendig, wobei sich "der Laden strukturell erneuern" müsse.

Schrodi hört sich die Gegenargumente aufmerksam an und kann sie teilweise auch verstehen. Der 40-Jährige betont jedoch, dass die Sozialdemokraten in den Koalitionsverhandlungen "ganz viel herausgeholt" hätten - zum Beispiel auf dem Bildungssektor, bei der Kinderbetreuung, bei der Ausbildung und Vergütung von Pflegeberufen und fürs Klinikpersonal sowie "ökologisch-soziale Standards" bei EU-Handelsverträgen. Der Bundestagsabgeordnete aus Olching führt auch an, dass künftig der Öffentliche Nahverkehr deutlich besser finanziert werde. "Und wir brauchen Ruhe und Kontinuität", erklärt der SPD-Politiker.

Das findet auch Christiane Kern, Polizistin und Landtagskandidatin für den Starnberger Wahlkreis. Das Gebot, "Ruhe zu bewahren und Übersicht zu verschaffen", wünsche sie sich auch für den SPD-Vorstand in Berlin, der "besser agieren" solle. Dabei müsse die "Basis unseren Funktionären auf die Füße treten", fordert Kern. Das empfinden offenkundig viele Genossen, die den Riss zwischen oben und unten in der Partei kitten wollen. Das sieht auch Schrodi so, wie auch die Bezirkstagskandidatin Elisabeth Fuchsenberger aus Berg. Sie befürwortet die Groko und glaubt, dass das Umfragetief ihrer Partei nicht an den Inhalten liege, sondern am Streit und wie man sich nach außen präsentiere. Das ergebe "offene Flanken", befürchtet sie. Um so eine "tolle und sachlich-fundierte Diskussion" würden die andere Parteien die SPD beneiden, befanden schließlich Schrodi und die Kreisvorsitzende Julia Ney.

© SZ vom 26.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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