Man sieht, dass sie zupacken kann und die Schülerfirma "Heimwerker" in guten Händen ist. Gerit Timmerkamp, die neue Rektorin der Agnes-Neuhaus-Schulen im Caritas-Mädchenheim in Gauting hat die Firma initiiert und zusammen mit den jugendlichen Heimwerkerinnen den Eingangsbereich der Schule umgestaltet. Jeden Dienstag wird gewerkelt; sie schleifen Holzbänke ab, spachteln die Fensterrahmen, streichen Wände und Säulen, bauen Tische gemeinsam. Hin und wieder erledigen sie auch kleine Aufträge für den Förderverein. Damit verdienen sie Geld und können wieder Material einkaufen. Die Rektorin ist überzeugt, dass die Arbeit den Mädchen hilft. Durch den Erfolg gewinnen sie Selbstvertrauen und sehen, dass es sich lohnt, sich anzustrengen.
Timmerkamp ist Nachfolgerin der langjährgen Schulleiterin Birgit Kolar, die in Pension gegangen ist. Auf die Frage, ob sie sich schon eingelebt habe, antwortet sie mit einem rauhen Lachen: "Ich bin mit allem bestens vertraut. Ich bin schon seit 15 Jahren Lehrerin im Mädchenheim." Nach zwei Jahren als "Mitarbeiterin in der Schulleitung" ist sie seit Schuljahresbeginn auch offiziell Rektorin. Als Studienrätin im Förderschuldienst, mit einem Magister in Sonderschulpädagogik und einem Abschluss in Psychologie ist sie bestens vorbereitet für das Mädchenheim. Bevor sie nach Gauting kam, war sie einige Jahre in der Schule der Fördereinrichtung Herzogsägmühle, dort hat sie Buben unterrichtet. Und dort hat sie ihre Affinität zum Handwerklichen entdeckt.
Die Agnes-Neuhaus-Schulen bieten drei Schularten mit differenziertem Unterricht an: 64 Schülerinnen, - vier von ihnen sind Flüchtlingsmädchen aus Eritrea - werden in acht Kassen unterrichtet. Es gibt den Mittelschulzweig mit den Klassen 7 bis 9 und der Möglichkeit, den Quali zu machen. Derzeit gibt es drei neunte Klassen, eine jahrgangsübergreifende 8/9 und eine 7/8, eine jahrgangsübergreifende Lernförderklasse sowie zwei Berufsvorbereitungsklassen, erklärt die Schulleiterin. Die Mädchen im Alter von 13 bis 17 Jahren, die von den Jugendämtern oder dem Jugendgericht in die Jugendhilfeeinrichtung eingewiesen werden, kommen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum und aus unterschiedlichen Schularten. Viele haben die Schule in ihrem Heimatort nur unregelmäßig oder auch über einen längeren Zeitraum gar nicht mehr besucht. Nun bekommen sie die Chance, persönliche und berufliche Perspektiven zu entwickeln. "Sie werden dazu ermutigt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, einen Schulabschluss zu machen und sich auf einen Beruf in der Welt draußen vorzubereiten", sagt Timmerkamp. Das erfordert nicht nur eine intensive Förderung, sondern auch verbindliche Strukturen. Und vor allem den Aufbau von Vertrauen. "Wir müssen ihnen zeigen, dass wir verlässlich sind, dass wir sie wertschätzen und ihre Stärken sehen. Und verstehen, wenn und warum es ihnen schlecht geht. Wenn eine von ihnen ausrastet, fragen wir, was ist los mit dir? Was hat dich so wütend gemacht? Es ist nicht mehr so, dass auf ein Fehlverhalten Strafe oder Nachsitzen folgt."
Die Mädchen absolvieren Betriebspraktika und erstellen Portfoliomappen, in denen ihr Kompetenzprofil niedergelegt ist. Neuerdings gibt es die Bewerbungsmappen auch digital. "Den Stick vergessen sie bestimmt nicht", meint Timmerkamp und lacht, was sie übrigens oft tut. Sie hat allerdings noch viel mehr vor. Die Kooperation mit der Gautinger Mittelschule soll ausgebaut werden, die Qualitätskontrolle erweitert und Hospitationen für junge Kollegen die Regel werden. Ein großes Projekt steht zudem ins Haus: Das Schulgebäude muss grundsaniert und die Schulküche vergrößert werden. Ein Gemüsegarten ist in Planung und "wir träumen von einer richtigen Turnhalle."