Bundespräsident in Tutzing:Stätte des freien Diskurses

Lesezeit: 1 min

Joachim Gauck wirbt beim Neujahrsempfang der Evangelischen Akademie Tutzing um "Foren menschlicher Begegnung" und lobt die Einrichtung als "Haus der Ideen".

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Ein runder Geburtstag, zu dem das Staatsoberhaupt persönlich gratuliert: Zu dieser Ehre gelangte die Evangelische Akademie Tutzing am Donnerstag bei ihrem Neujahrsempfang, feierte man doch das 70-jährige Bestehen. Bundespräsident Joachim Gauck flog einen Tag nach seiner letzten offiziellen Rede aus Berlin ein und mit ihm ein Tross von Sicherheitsbeamten. So gut bewacht war das Schloss noch nie. Mit Gauck, der die Festrede hielt, kamen auch der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Kultusminister Ludwig Spaenle an den Starnberger See. Für Akademiedirektor Udo Hahn war es ein großer Abend.

Hahn als Hausherr begrüßte Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt bei Eiseskälte im Schlosshof. Dieser war vorher von Sicherheitskräften abgeriegelt worden war. Überhaupt war das Polizeiaufgebot groß, selbst vom See her wurde gesichert. Händchen haltend betrat das Paar den Gartensaal; etwa 400 handverlesene Gäste aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Medien hießen die beiden willkommen. Gauck, der schon vor sechs Jahren - damals noch nicht als Bundespräsident - in der Akademie zu Gast war, deutete gleich am Anfang seiner Rede an, dass er überlege, im Ruhestand wieder an den Starnberger See zu kommen - wegen der interessanten Gespräche.

Bei solchen Anlässen fehlt es natürlich nicht an Komplimenten. Da machte der Bundespräsident an diesem Abend keine Ausnahme. Gauck meinte, dass aus der Akademie eine "Marke" geworden sei: "Das ist ein Grund für große Freude und Dankbarkeit." Wie alle kirchlichen Akademien sei sie das Ergebnis deutscher Lernerfahrungen und der dauerhaften Hinwendung des Landes zur freiheitlichen Demokratie nach der Katastrophe von nationalsozialistischer Diktatur und Zweitem Weltkrieg. Er würdigte die 1947 gegründete Einrichtung als "ein Haus der politischen und der kulturellen Bildung, ein Haus der Ideen und des offenen Meinungsaustausches." Aus diesem Geist heraus sei Tutzing und ganz besonders der Politische Club "Ausgangspunkt großer bundesdeutscher Debatten" gewesen. Diese Auseinandersetzungen, auch in Härte geführt, hätten die Bundesrepublik vorangebracht. Gerade in der heutigen Zeit zunehmender Fragmentierung des politischen Dikurses appellierte er, "Foren für menschliche Begegnung, Orte, die Reflexion und Einkehr erlauben", bereit zu halten.

Landesbischof Bedford-Strohm hatte vorher vor einem Klima aus Abwertung und Diffamierung, das den freien Diskurs gefährde, gewarnt. Er hoffe, dass in den kommenden Wahlkämpfen "nicht mit Ängsten gespielt werde." Kultusminister Spaenle würdigte die Akademie als Institution, die die bayerische Kultur- und Bildungslandschaft mit einer Vielzahl von Veranstaltungen bereichert habe.

1 / 2
(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Zu Gast beim Neujahrsempfang der Evangelischen Akademie Tutzing: Bundespräsident Gauck.

2 / 2
(Foto: Nila Thiel)

Gefragte Gesprächspartnerin: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (links).

Erste Reihe: Lebensgefährtin Daniela Schadt, Joachim Gauck und Udo Hahn.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: