Bürgerversammlung Starnberg:13 000 Blumen und viele Verkehrsinseln

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Stadtchefin Eva John präsentiert in der großen Bürgerversammlung eine Erfolgsbilanz, die vor allem die kleinen Neuerungen in der Kreisstadt in den Vordergrund rückt

Von Peter Haacke, Starnberg

Zu einer Art städtischer Leistungsschau ist auch die nunmehr dritte Starnberger Bürgerversammlung unter Leitung von Eva John mutiert. Die Bürgermeisterin rückte in ihrem knapp 75-minütigen Rechenschaftsbericht am Donnerstag in der Schlossberghalle erneut vor allem die "kleinen" Dinge in den Fokus. Allerdings umschiffte ihre Präsentation in freier Rede ein weiteres Mal die kritischen Aspekte der aktuellen Stadtpolitik.

Schwerpunktthemen wie Verkehr und Verkehrsentwicklungsplan (VEP), Seeanbindung, BOS/FOS, Flüchtlingsunterkünfte, Centrum oder Gewerbeentwicklung blieben außen vor. Der Dauerbrenner "Tunnel oder Umfahrung" holte John dennoch ein: Mehrheitlich votierte die verbliebene Bürgerschaft mit nur 53:43 Stimmen für einen Antrag, demzufolge die weiteren Planungen beim Verkehrsentwicklungsplan mit sofortiger Wirkung solange einzustellen sind, bis eine Antwort auf die Frage "B2-Tunnel oder Umfahrung" gefunden ist. Der Stadtrat muss diesen Bürgerantrag binnen einer Frist von drei Monaten - also spätestens im Februar - behandeln.

Schwächer als in den Vorjahren war die Resonanz auf die Einladung zur Bürgerversammlung mit knapp 250 Interessierten. Auffällig dabei die Sitzverteilung der Stadträte: Eva John hatte dem vorab geäußerten Wunsch einzelner Mandatsträger, während der Veranstaltung - wie noch zu Zeiten Pfaffingers - neben der Bürgermeisterin sitzen zu wollen, nicht entsprochen. Dieser Umstand führte offenkundig zur Lagerbildung: Während ein Großteil der Stadträte aus CSU, UWG, SPD, Grüne, Bürgerliste und Parteifreien die ihnen zugewiesenen Tische besetzten, distanzierten sich die Vertreter der WPS - im Schulterschluss mit FDP und der BI gegen den B2-Tunnel - ebenso wie die verbliebenen Räte des BMS an einem weiteren Tisch.

Etwa 250 Starnberger kamen zur Bürgerversammlung in Starnberg. "Sie konnten sehen, dass sich in Starnberg sehr viel getan hat", lautete das Fazit von Bürgermeisterin Eva John aus ihrem Rechenschaftsbericht. (Foto: Arlet Ulfers)

John präsentierte erneut ein buntes Potpourri aus dem Zeitraum November 2015 bis November 2016. Der Übersicht über die politischen Gremien der Stadt folgte eine Aufzählung "wichtiger Beschlüsse des Stadtrats" sowie eine grobe Skizzierung der Haushaltssituation. "Die höchste Ausgabe ist mit 15,605 Millionen Euro die Kreisumlage, für 2017 ist eine Steigerung angekündigt", sagte John. "Die Pro-Kopf-Verschuldung Starnbergs lag schon immer über dem Landesdurchschnitt". Im Stakkato folgten "total schöne Zahlen" der Stadtbücherei mit 445 Neukunden, "viele Veranstaltungen" im Museum, Kunst und Kultur im - noch immer unsanierten - historischen Bahnhofsgebäude am See oder das Theaterstück "Larifaris Weltraumabenteuer". Größeren Raum gewährte John der Darstellung von Kindergärten nebst Benennung heilpädagogischer Fachberaterinnen und dem Thema Schule - anhaltend begleitet von einer bildlastigen Präsentation, bei der Stadträtin Angelika Kammerl (Parteifreie) die Bürgermeisterin selbst insgesamt wenigstens 26 Mal auf den vielen Fotos entdeckte. Den Sanierungsanstrengungen für Liegenschaften der FT Starnberg und des TSV Starnberg folgte eine Darstellung diverser Einsätze der Feuerwehren - auch im Sinne einer Nachwuchswerbung. Johns besonderer Dank ging an Wasserwerk und städtischen Betriebshof ("ganz fleißig"): 13 000 Blumen, 45 Obst- und Straßenbäume sowie 900 Quadratmeter Wildblumen seien angepflanzt worden, zudem gibt es zwei neue Mülltonnen im Bahnhofsbereich.

In Johns Bilanz fehlten ebenso wenig diverse neugestaltete Wegeverbindungen, Spielplätze, Querungshilfen, Bushaltestellen, Hundespielwiesen, LED-Beleuchtungen wie "Projekte für Verkehrssicherheit" - darunter Bahnhof Nord, Rheinlandstraße, ein Zebrastreifen an der Himbselstraße oder eine Ampel an der Andechser Straße. Zur sichtlichen Freude der Vertreter von WPS und FDP, die sich wiederholt als Impulsgeber für spontane Beifallskundgebungen betätigten, folgte die Darstellung des Vorgehens zu "Starnberg barrierefrei", der "Riesenprojekte" Wasserpark und Westumfahrung sowie eine Aussicht auf weitere Projekte, die 2017 noch anstehen.

Als Neuerung stellte John die Öffnungszeiten des Rathauses vor und kündigte für 2017 gar zwei Bürgerversammlungen an: Sie habe das "große Problem, nicht alles zeigen zu können". Sie blicke aber mit "großer Freude auf 2017" und konstatierte: "Sie konnten sehen, dass sich in Starnberg sehr viel getan hat." Im Anschluss folgte gegen 20.30 Uhr - ohne Pause - jener Part, in dem die Bürger ihre Anliegen vortragen (siehe Bericht unten). Gravierende Folgen für die Verkehrsentwicklung in Starnberg könnte der vom ehemaligen CSU-Stadtrat Rudi Nirschl ohne Absprache mit dem Vorstand formulierte Antrag haben, sämtliche Planungen im Rahmen des VEP vorerst einzustellen, bis Klarheit über Realisierungsmöglichkeiten von B2-Tunnel und Umfahrung besteht. Zu diesem Zeitpunkt war gut die Hälfte des Publikums aber schon gegangen - darunter auch die Klasse 10 d, die sich im Rahmen der Sozialkunde mit "Politik in Starnberg" befasst.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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