Bühne:Die Puppenspieler von Wangen

Märchenkönig und Tunnel: Höhepunkt des Wangener Dorffestes ist ein Puppenspiel aus der Feder von Anja Kurths. Die 40-Jährige führt die Tradition der Eheleute Pentenrieder fort, die nach wie vor mitbasteln und vertonen.

Von Sabine Bader, Wangen

Die Welt ist aus den Fugen: Das Krokodil hat ein Alkoholproblem, der frühere König ist zu Donald Trump geworden, die Gretel zu Angela Merkel. Aber Kasperl ist noch immer Kasperl und die Großeltern bleiben Oma und Opa. Die Welt ist also noch nicht total aus den Fugen. Gottlob. Denn es geht auch nicht immer politisch zu im Puppentheater Wangen. Zwei Stücke für Kinder stehen heuer auf dem Programm beim Dorffest am Samstag, 21. Juli, in Wangen: "Seppel beim Zahnarzt" und "Das Gespensterschloss". Und dann wird es noch ein selbst geschriebenes Stück für Erwachsene geben. Verfasst von Anja Kurths.

Die 40-Jährige hat das Puppentheater von Annemarie und Thomas Pentenrieder übernommen. Die Eheleute aus Wangen hatten mehr als 20 Jahre lang darauf geachtet, dass jedes Jahr zum Dorffest zwei Kinderstücke auf die Bühne kamen. Den Text hat man vorher auf Band aufgenommen, gespielt wurden die Puppen dann von Jugendlichen aus dem Dorf. Doch dann wurden die jungen Puppenspieler rar und die Pentenrieders entschlossen sich im vergangenen Jahr, nicht weiterzumachen. "Dann kann ich es ja mal versuchen", sagte sich Anja Kurths.

Bühne: Anja Kurths schreibt das Stück und spielt die Puppen, Thomas Pentenrieder und seine Frau Annemarie (nicht im Bild) basteln diese.

Anja Kurths schreibt das Stück und spielt die Puppen, Thomas Pentenrieder und seine Frau Annemarie (nicht im Bild) basteln diese.

(Foto: Arlet Ulfers)

Zum Marionettentheater hatte sie, wie sie sagt, keinen Bezug, wohl aber zum Theaterspielen. Die 40-Jährige verfügt über viel Theatererfahrung aus ihrer Jugend. Sie stammt aus Potsdam und ist Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Ethik an der Fachoberschule in München. Sie ist mit einem Wangener verheiratet und hat drei Kinder im alter von sechs, zehn und 17 Jahren.

"In Potsdam war die Theaterlandschaft enorm vielseitig", erzählt sie. "Überall in der Stadt gab es Profitheater. Und es gab auch ein Jugendtheater, bei dem ich dabei war." Die Jugendlichen durften auch als Statisten bei den Profis arbeiten und sich dadurch ihr Taschengeld aufbessern. Kurths erinnert sich noch an eine aufwendige Inszenierung von Goethes Faust. Das Jugendtheater profitierte aber auch in anderer Hinsicht von den "großen" Schauspielern. Sie bekamen Bühnenbilder und Maskenbildner zur Verfügung gestellt. "Das war natürlich toll." So konnte man auch Stücke wie die "Geschlossene Gesellschaft" von Jean-Paul Sartre auf die Bühne bringen.

"Wenn man eine ,Rampensau' war, dann ist es auch mal spannend, hinter der Bühne zu stehen, findet sie. Jetzt stehen die Puppen im Vordergrund und ich selbst einen Schritt zurück", sagt sie. Kurths und ihre Mitspieler haben sich dagegen entschieden, den Ton wie früher vorab aufzunehmen. "Wir lesen live", sagt sie. So könne man viel besser auf die Kinder reagieren. "Kinder sind so ehrlich", hat die dreifache Mutter und Lehrerin die Erfahrung gemacht. "Wenn man es richtig angeht, packt man sie von der ersten Sekunde an. Man kann sie schnell faszinieren, aber auch schnell langweilen."

Puppentheater Wangen Stücke von 2017 Donald Trump und Angela Merkel gucken aus den Bullaugen eines Flugzeugs. Foto: Thomas Pentenrieder/oh

Donald Trump und Angela Merkel.

(Foto: Thomas Pentenrieder/oh)

Erwachsene hingegen, könne man nicht so leicht packen wie Kinder. Sie erreiche man aber auch bei gesellschaftlichen Treffen wie einem Dorffest. Und umso witziger ein Stück sei, umso weniger seien die Leute verletzt, wenn sie aufgezwickt würden, glaubt Kurths. "Es ist eine Gratwanderung. Ich will, dass alle mit einem guten Gefühl rausgehen."

Während die Kinderstücke nachmittags aufgeführt und von fertigen Vorlagen gespielt werden, steigt das Erwachsenenstück erst so gegen 20 Uhr abends und ist selbstgeschrieben. Wie genau es in diesem Jahr aussehen wird, weiß Kurths noch nicht. Aber es dürfte, so ist die Idee, etwas mit dem geplanten Tunnel in Starnberg, mit Bürgermeisterin Eva John, einem Märchenkönig und Horst Seehofer zu tun haben. "Genaues muss ich mir noch überlegen", sagt Kurths.

Es kann allerdings sein, dass fürs Erwachsenenstück eine neue Spielfigur und eine Kutsche gebraucht werden. Dann sind wieder die Pentenrieders gefragt. Annemarie Pentenrieder hat alle Pupen selbst gemacht - aus Pappmaché. Und ihr Mann Thomas malt die Bühnenbilder - wie etwa das mit dem Flugzeug, aus dessen Bullaugen im vergangenen Jahr Angela Merkel und Donald Trump den Zuschauern zulächelten. Besonders viel Spaß hat es den Eheleuten in der Vergangenheit gemacht, für die Tonaufnahmen der Stücke die Geräuschkulisse zu finden. "Das tollste war der Zahnarztbohrer", erinnert sich Thomas Pentenrieder. Man habe eine Elektrozahnbürste gegen eine Schuhschachtel schnarren lassen. Das Geräusch habe täuschend echt geklungen.

Als Mitspieler im Puppentheater hat Anja Kurths ein paar "Eltern zwangsverpflichtet", wie sie sagt. Zwei bis vier Mal werden die Spieler proben und dann hoffen, dass beim Dorffest alles klappt.

Das Wangener Dorffest findet am Samstag, 21. Juli, von 14 Uhr an rund um die Mehrzweckhalle statt. Gefeiert wird bis gegen 22.30 Uhr. Das Puppentheater für Kinder steigt nachmittags im Musikerübungsraum der Halle. Die genaue Uhrzeit wird beim Fest auf Schildern bekanntgegeben.

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