Breitbrunn:Kenianische Partnerschaft

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Die ehemalige Landtagsabgeordnete Ruth Paulig hat den Verein "Promoting Africa" gegründet, der afrikanischen Jugendlichen zu einer Ausbildung verhilft. Nun hat sie den Vorsitz abgegeben

Von Otto Fritscher, Breitbrunn

Auf ihre Initiative hin ist in einem Dorf namens Malaa, 30 Kilometer östlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi, eine Berufsschule gebaut worden, die mittlerweile 120 Schüler, zumeist aus den Slums der Großstadt besuchen. Aber natürlich hat Ruth Paulig das nicht ganz alleine gestemmt, sondern mit der Hilfe vieler Mitglieder vom Verein "Promoting Africa",und mit Hilfe zahlreicher Verbindungen und Kontakte, die sie seit ihrer Zeit in der Politik hat. Paulig, man darf das so sagen, gehört nämlich zu den Gründungsmitgliedern der bayerischen Grünen, und für diese Partei ist sie bis 2008 insgesamt 18 Jahre lang im Landtag gesessen.

Kaum war diese Zeit der aktiven Politik vorbei, hat sie den Verein "Promoting Africa" gegründet. Mit dem Ziel, das deutsche duale Berufsausbildungssystem, die Mischung zwischen Theorie in der Berufsschule und praktischer Ausbildung im Betrieb, nach Kenia zu bringen, und dort vor allem benachteiligten jungen Leuten berufliche Chancen zu eröffnen. Das hat geklappt, und für Ruth Paulig, mittlerweile 67 Jahre alt, die man ihr aber keinesfalls ansieht, ist es nun an der Zeit, aus der ersten Linie zurückzugehen. Deshalb hat sie am Donnerstagabend nicht mehr als Vorsitzende des von ihr selbst gegründeten Vereins kandidiert. Diesen Job übernimmt nun Susanne Kiehling, eine Unternehmensberaterin aus Buch, die den Verein auch schon lange kennt. Zum Vorstand gehören dann noch, nachdem auch Tom Hamaus aufhört, "der sehr, sehr viel eingebracht hat", nun auch Monika Bieberbach aus München, und als Schatzmeister fungiert Valentin Popp aus Uffing, "ein Junger", wie Paulig sagt, sowie Andreas Hartmann, ein Stadtrat aus Landsberg.

Man könnte es fast einen Generationswechsel nennen, der sich da bei "Promoting Africa" vollzieht. Paulig hat den Verein gleich nach ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik gegründet, "denn von da an hatte ich etwas mehr Zeit". Auf die Idee gekommen ist sie, als sie an einer Konferenz der Umweltorganisation der Vereinten Nationen in Nairobi teilnahm. Sie wohnte in einem einfachen Hostel, dort brachte sie der Nachtportier mit Menschen zusammen, "die ebenfalls Projekte in Kenia machten", erinnert sie sich. Dabei lernte sie Jimmy Kilonci kennen, ihren wichtigsten Verbindungsmann.

"Er hilft uns sehr", sagt Paulig, "und hat uns schon viele Türen geöffnet." Unterstützung hat der Verein für sein Projekt, eine Berufsschule zu bauen, und aber auch deren Betrieb zu finanzieren, nicht nur von vielen Spendern und Sponsoren erhalten. Auch Studenten und Architekten der TU München sowie der Hochschule Augsburg und einer kenianischen Partneruniversität haben mit lokalen Arbeitern und Freiwilligen in drei Jahren die Berufsschule, samt Werkstätten und Wohnräume für die "Students", wie die Schüler im "Skills Centre Nairobi" auf Englisch genannt werden, in drei Jahren gebaut; 2012 wurde der Betrieb aufgenommen, und bereits zwei Jahre später wurden sowohl die Schule als auch die Wohnräume erweitert. Paulig wäre keine echte Grüne, wenn man nicht auf das Dach - wieder mit Hilfe von Sponsoren - Fotovoltaikanlagen installiert hätte, die die Versorgung der Schule mit Energie sicherstellen.

"Wir schweißen sogar mit Solarenergie", sagt Paulig, denn Schweißer ist einer der Berufe, die dort ausgebildet werden. Dazu kommen Schreiner, Automechaniker, Schneider, Friseure, Elektriker und Solartechniker, alles handfeste Jobs mit den offiziellen kenianischen Abschlussprüfungen, mit denen in Kenia eine berufliche Zukunft aufgebaut werden kann. Denn das ist das Ziel aller Anstrengungen. "Hilfe zur Selbsthilfe, das höre ich gar nicht gerne", sagt Ruth Paulig aber. "Wir arbeiten im partnerschaftlichen Austausch, auch wenn wir unterschiedliche Rahmenbedingungen haben."

Was sind die Herausforderungen für die Zukunft? Da muss Ruth Paulig nicht lange überlegen. "Das Firmennetzwerk im Umgriff der Schule muss größer werden, damit dort Arbeitsplätze entstehen, und damit wir mit den Schülern auch Aufträge dieser Firmen in unseren Werkstätten abwickeln können. Die Schule soll nämlich in den kommenden Jahren einen höheren Deckungsbeitrag als bisher bringen." Eine klare Ansage, dass die Unterstützung auf Deutschland nicht für die Ewigkeit ausgelegt ist. Außerdem will Paulig den Frauenanteil unter den Berufsschülern - derzeit 28 Prozent - erhöhen, und die Lehrer an der Schule weiterqualifizieren. All das wird Paulig aber mit ein bisschen mehr Distanz betrachten können, wenn sie nicht mehr die Vorsitzende des Vereins ist und die Geschäftsführung nicht mehr auf ihren Schultern lastet.

"Ich hab' ja inzwischen fünf Enkelkinder", sagt Paulig und lacht. Dass die sich in dem verwinkelten, knuffigen Holzhaus, in dem Paulig in Breitbrunn wohnt, wohlfühlen, ist keine Frage. Und zu erzählen, ja, da weiß die quirlige Frau sehr viel. Und dann sagt sie noch: "Ich möchte auch gerne wieder mit dem Malen anfangen, denn dafür hat mir bisher die Zeit gefehlt."

Doch so ganz wird sie von Promoting Africa nicht lassen, sie ist künftig für das Netzwerken, die Kontaktpflege, das Einwerben von Spenden, und das Entwickeln neuer Ideen und Konzepte zuständig. Alles Dinge, die sie in den 19 Jahren im Maximilianeum perfekt gelernt hat. Deshalb bleibt sie weiter im Vereinsvorstand, wenn auch nicht ganz vorne.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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