Bernried:Vorbereitung auf die Sintflut

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Der Neusee in Bernried war ein idyllisches Fleckchen im Wald - bis das Wasser abgelassen werden musste, weil der Überlaufkanal keinem 5000-jährigen Hochwasser standhalten würde. Jetzt soll der Weiher renaturiert werden

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Der Begriff "Wasserrahmenrichtlinien" hört sich nicht nur bürokratisch an, deren Umsetzung ist es auch, wie das Beispiel Neuseeweiher in Bernried zeigt. Vor zwei Jahren zwangen die hohen Auflagen der Behörden die Eigentümerfamilie Limbecker dazu, das Wasser des idyllisch in einem Wald gelegenen Weihers abzulassen. Trotz einer beispielhaften Rettungsaktion von Naturschützern und Fischern bedeutete dies für die meisten der dort lebenden Tiere das Ende. Nun soll das Gewässer reaktiviert werden. Wie Bürgermeister Josef Steigenberger in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats berichtete, verlangen die zuständigen Behörden jetzt, dass ein Überlaufkanal gebaut wird, der einem 5000-jährigen Hochwasser standhält. Um diese Auflage erfüllen zu können, müsse entsprechend schweres Baugerät zu dem Weiher gebracht werden. Laut Steigenberger muss dafür der Waldweg ausgebaut und befestigt werden. Mittlerweile lösen die "Wasserrahmenrichtlinien" im Gemeinderat nur noch Kopfschütteln aus. Andreas Lüdtke (ÜFW) nahm es mit trockenem Humor. "5000 Jahre - das wäre also die Sintflut", stellte er lakonisch fest. Und sein Fraktionskollege Georg Malterer meinte: "Man muss eben mit allem rechnen."

Die Gemeinde will das Gebiet renaturieren, muss dazu aber einen Überlaufkanal bauen, der es mit einem 5000-jährigen Hochwasser aufnehmen könnte. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im Wesentlichen geht es bei den Wasserrahmenrichtlinien darum, dass Häuser gefährdet werden könnten, falls es bei Extremregenfällen zu einem Dammbruch kommt und der Weiher überläuft. Dies ist sicherlich sinnvoll, wenn ein Gewässer mitten in einer Ortschaft liegt. Doch rund um den Neuseeweiher steht weit und breit kein Haus, und auch die nächste Straße ist ein ganzes Stück weit entfernt. Zudem hatte der Fischereiverein, der den Weiher gepachtet hatte, bereits einen Überlaufkanal gebaut. Darauf nahmen die Behörden jedoch keine Rücksicht. Vor zwei Jahren forderten sie von den Eigentümern eine Sanierung des 80 Meter langen Damms. Die Maßnahme hätte etwa 500 000 Euro gekostet. So viel Geld hatten die Eigentümer nicht, und so entschieden sie sich schweren Herzens zur Aufgabe des Weihers. Beim Ablassen des Wassers stellte sich jedoch heraus, dass dort seltene Teichmuscheln, Krebse und Fische lebten. Zwar konnte ein Teil der Tiere umgesiedelt werden. Doch die Menge war so unvorstellbar groß, dass die Rettungsaktion einer Sisyphusarbeit glich, die die Zerstörung dieses seltenen Naturparadieses nicht aufhalten konnte.

Die seltene Teichmuschel lebte im Neusee in Bernried. Jetzt will die Gemeinde den Weiher renaturieren. (Foto: Franz X. Fuchs)

Nun hat sich die Gemeinde in Zusammenarbeit mit den Eigentümern entschlossen, den Weiher wiederzubeleben. Die Kommune übernimmt die Sanierungskosten, und im Gegenzug kann sie ihn als ökologische Ausgleichsfläche eintragen lassen. Der Bürgermeister hoffte noch im Sommer, dass die Behörden einlenken und den Maßnahmenkatalog zur Dammsanierung relativieren würden. Denn die Wassermenge war damals falsch berechnet worden. Anstatt der vorhandenen 70 000 Kubikmeter Wasser hatten die Behörden 300 000 Kubikmeter angesetzt. Steigenberger war wohl etwas zu optimistisch. Die Renaturierung des Neusees wird nun noch schwieriger, als gedacht. Dabei lief alles so gut. In der Frostperiode wurde das Schilf abgeschnitten, dass dort in den zwei Jahren gewachsen war. Auch Gehölze im Dammbereich wurden entfernt und mehrere Baumgutachten erstellt, wie von den Behörden gefordert. Die aktuellen Auflagen jedoch stoßen nicht nur im Gemeinderat auf Unverständnis. Mitten im Wald muss nun ein mächtiges Betonbauwerk errichtet werden.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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