Auf der Bühne steht ein kleiner, unscheinbarer Mann. Doch sein Gesang ist voller Kraft. Es sind archaische, melodische Klänge. Angaangaq Angakkorsuaq, der von den Inuits in West-Grönland gewählte Schamane, ist Ehrengast auf der Feier des Bernrieder Unternehmens Pharmos Natur zum 30-jährigen Bestehen. Er sei gewählt worden, um die Botschaft der Inuits in die Welt zu tragen, erklärt Angaangaq Angakkorsuaq den etwa 150 anwesenden Gästen. Seine Botschaft ist, man soll das Gleichgewicht finden in sich selbst. Verstand, Geist und Körper müssten im Einklang sein, nur diese Balance schaffe Wohlbefinden. Doch der Weg ist weit. "Die größte Entfernung ist nicht vom Starnberger See zur Sonne, sondern der Weg vom Verstand zum Herzen", weiß er.
"Ich würde Angaangaq als weisen Mann bezeichnen", sagt die Gründerin des Unternehmens für hochwertige Naturkosmetik, Margot Esser-Greineder. Eine Feier ohne den Inuit-Schamanen könne sich nicht vorstellen. Die Erfahrung, dass es neben der physischen Welt noch eine spirituelle Welt der Energie und Schwingungen gibt, lebt Esser-Greineder seit 20 Jahren. "Ich habe gelernt den Kopf mit dem Herzen zu verbinden." Das sei uns in der westlichen Welt leider abtrainiert worden.
Margot Esser-Greineder, die Gründerin von Pharmos Natur in Bernried, hat einen Schamanen als Mitarbeiter.
(Foto: oh)Esser-Greineder leitet auch ihr Unternehmen mit 40 Mitarbeitern am Standort Bernried und etwa 200 Vertragsbauern, die ihr die Grundlagen für die Naturkosmetik-Produkte liefern, nach dieser ganzheitlichen Betrachtung. Die Geschäftsfrau hat sogar einen Schamanen in den Betrieb nach Bernried geholt, damit ihre Mitarbeiter Zugang zu anderen Dimensionen bekommen. Jedes Meeting mit den Mitarbeitern der Führungsebene beginnt sie mit einer Meditation. Das schaffe ein anderes Miteinander, ist die 65-Jährige überzeugt. "Meine leitenden Mitarbeiter sind nicht gefordert ihr Ego zu leben." Sie spüre es, wenn die Energie nicht so sei, wie sie sein sollte und spreche es sofort an. Doch in die Esoterik-Ecke will sich Esser-Greineder nicht stellen lassen.
Die Unternehmerin hat in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist und durchaus mit harten Zahlen umgehen kann. Allerdings räumt sie ein, dass für die wirtschaftliche Seite des Unternehmens ihr Ehemann, ein ehemaliger Vorstand der Löwenbräu- Brauerei, sowie ihr Schwiegersohn, ein Betriebswirtschaftler, verantwortlich seien. Und mit ihnen habe sie sich darauf geeinigt, dass ein "Nein" so lange gilt, bis einer den anderen mit guten Argumenten überzeugt habe. Als ehemalige Mitarbeiterin in der Pharmaindustrie weiß Esser-Greineder, dass Arzneimittel durchaus wichtig sind. Der Nachteil sei allerdings, dass die Wirkstoffe isoliert betrachtet werden. Doch nirgendwo in der Natur kämen Wirkstoffe einzeln vor.
Feierliche Zeremonie: Angaangaq Angakkorsuaq ist der von den Inuits in West-Grönland gewählte Schamane.
(Foto: Nink Photography)Sie selbst wolle "alle Wirkstoffe erhalten und nicht filtrieren." Daher habe sie die Vertragsbauern zum Umdenken bewegt. Die Aloe-Vera-Pflanzen, die für die Kosmetikherstellung notwendig sind, werden nicht mehr in Monokultur, sondern in Mischkultur angepflanzt. "Für mich ist die Natur Ausdruck der Schöpfungskraft", betont sie. Angaangaq Angakkorsuaq, der Schamane, ist auch am nächsten Tag präsent. Diesmal singt er nicht auf einer Bühne, sondern bittet die Mitarbeiter nach draußen, wo er auf der Wiese in einer Zeremonie ein kleines Feuer entzündet.