Bernried:Kleine Schritte

Auf der Bernrieder Energiemesse herrscht Ernüchterung

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Auf einem Tisch stehen zwei Modellhäuser - eines mit und eines ohne Wärmedämmung. Andreas Scharli von der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) platziert in jedes Haus einen Eiskanister. Jetzt sollen die Besucher schätzen, weil viel Zeit benötigt wird, bis die Kanister aufgetaut sind. Ob LED-Leuchten oder Stromanbieter im Vergleich, ob Solarthermie, Blockheizkraftwerk oder Carsharing: Auf dem Energietag Bernried im Rathaus gab es viel Information rund ums Thema Energiesparen und die Energieversorgung der Zukunft.

Hauptthema war die Gebäudesanierung. Unter dem Motto "Modernisieren und Sparen" wurde auch eine Bankberatung angeboten. "Jedes Gebäude ist individuell. Nur der Energieberater kann entscheiden, was sinnvoll ist", sagte der Sprecher des Arbeitskreises Energie, Robert Beyer. Mehr als drei Monate hatte der Arbeitskreis die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Gemeinde vorbereitet. Schon zur Eröffnung nahmen rund 70 Bürger die Gelegenheit wahr, um sich über Maßnahmen und staatliche Fördermöglichkeiten beraten zu lassen.

Noch vor ein paar Jahren war die Energiewende in aller Munde, in letzter Zeit allerdings habe das Thema an Schwung verloren, wie Bürgermeister Josef Steigenberger bei der Eröffnung feststellte. "Es ist erstaunlich, wie gering die Bemühungen der Politik sind, etwas zu verändern", machte er seiner Enttäuschung Luft. In diesem Zusammenhang erwähnte der Rathauschef das Bernrieder Geothermie-Projekt zwar nicht. Dass der Geothermie-Informationsstand jedoch abseits in einer Ecke stand, machte deutlich, wie wenig man noch an eine Umsetzung glaubt.

Das Bernrieder Geothermie-Projekt hatte im vergangenen Jahr einen schweren Dämpfer bekommen, als es in dem nur 15 Kilometer entfernten Geretsried eine Fehlbohrung gegeben hatte. Die Fündigkeitsversicherung musste damals den Schaden von rund 20 Millionen Euro auffangen und hatte deshalb die Prämien auf den Prüfstand gestellt. Am Rande der Veranstaltung verbreitete Steigenberger allerdings Zweckoptimismus. "Gestorben ist die Geothermie noch nicht", sagte er und erklärte auf Nachfrage, dass nun eine Versicherung nach monatelangen Verhandlungen bereit sei, neue Verträge auszuhandeln.

Laut Andreas Scharli von der Bürgerstiftung indes ist "Geothermie momentan kein Thema" in Bernried. Daher habe die EWO auch einen Plan B ohne Geothermie entworfen. Wie er erklärte, hat die Gemeinde ein "gutes Solarpotenzial". Als Zwischenschritt über die kommenden 20 Jahre könne man zudem auf Erdgas ausweichen; denn "mit Idealismus alleine kommt man nicht weiter". Und wie der Arbeitskreis Energie beweist, kann man auch im Kleinen erfolgreich sein. Laut Robert Beyer kann beispielsweise schon der Austausch eines alten Kühlschranks ein kleiner Schritt sein, "der nicht viel kostet, aber viel bringt".

Auch das Carsharing-Modell läuft in dem kleinen Dorf schon seit 13 Jahren äußerst erfolgreich. In Bernried stehen nach Angaben von Mitglied Franz Greinwald zwei Autos zur Verfügung, die derzeit von 15 Bürgern genutzt werden. Übrigens: Der Eisblock schmilzt nach Scharlis Erfahrungen in einem Modellhaus ohne Wärmedämmung nach 24 Stunden, mit Wärmedämmung erst nach drei Tagen. Die Ausstellung ist bis 21. Dezember im Rathaus Bernried zu sehen.

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