Bernried:Buchheim-Museum lebt auf

Bernried: Auf in eine bessere Zukunft: Das Humusklo gehört zu den Exponaten der Hundertwasser-Ausstellung in Bernried.

Auf in eine bessere Zukunft: Das Humusklo gehört zu den Exponaten der Hundertwasser-Ausstellung in Bernried.

(Foto: Arlet Ulfers)

Direktor Daniel J. Schreiber rechnet bis Ende des Jahres mit 96 000 Besuchern, das wären fast doppelt so viele wie zu seinem Amtsantritt 2013. Die Hundertwasser-Ausstellung ist schon jetzt besser besucht als die Picasso-Schau im Vorjahr

Von Katja Sebald, Bernried

Yoga im Park, Graffiti an der Hauswand und Sockenstricken im Keller: Nicht nur mit drei bis vier hochkarätigen Themenausstellungen pro Jahr und mit der Öffnung des Hauses für den Leihverkehr von Kunstwerken, sondern auch mit ungewöhnlichen Rahmenprogrammen am Rande der Kunst ist es Daniel J. Schreiber, dem Direktor des Buchheim-Museums, innerhalb weniger Jahre gelungen, die Besucherzahlen annähernd zu verdoppeln. Für das laufende Jahr rechnet er mit insgesamt 96 000 Besuchern.

Im Eröffnungsjahr 2001 und im Folgejahr waren jeweils mehr als 200 000 Besucher ins Bernrieder "Museum der Phantasie" gekommen, im Jahr 2008 konnte der Millionste Besucher empfangen werden. Danach gingen die Zahlen kontinuierlich zurück. Die magersten Jahre waren 2012 mit 60 508 und 2013 mit nur 47 892 Gästen bis Ende Oktober. Schreiber trat seine Stelle als Direktor des Buchheim Museums im August 2013 an, bereits mit der im November desselben Jahres eröffneten Chagall-Ausstellung zeichnete sich eine Trendwende ab, sodass für 2013 insgesamt doch noch 55 673 Besuchern erreicht werden konnten. 2014 waren es schon 74 546 Besucher, 2015 kamen insgesamt 91 543 Menschen in das Museum. Diese Zahl wurde 2016 bereits am 10. Dezember überschritten, sodass es bis Ende des Jahres voraussichtlich 96 000 Besucher sein werden.

Im Gegensatz zu anderen Häusern war das Buchheim-Museum von Anfang an ein Schönwetter-Museum, bis heute kommen im Sommer mehr Besucher als in den Wintermonaten. Umso wichtiger sind die Sonderausstellungen, die im Herbst eröffnet werden. Chagall und Picasso waren bereits publikumswirksame Namen, schon jetzt sei aber die Hundertwasser-Ausstellung besser besucht als die Picasso-Schau im Vorjahr, sagt Schreiber: "Die Menschen lieben Hundertwasser." Bis heute gilt das bildnerische und vor allem das architektonische Werk des Wiener Künstlers Friedensreich Hundertwasser als extrem niedrigschwellig, von einer Stiftung wird es höchst erfolgreich vermarktet. Ziel der Bernrieder Ausstellung ist es jedoch, Hundertwasser auch vor dem Fachpublikum zu rehabilitieren, erläutert Schreiber. Hundertwasser sei eben kein bloßer "Dekorationskünstler". Gerade in ihrer Eingängigkeit zeige sich das hohe Niveau seiner Kunst, überdies seien die ökologischen und politischen Aspekte von Hundertwassers Werk heute aktueller denn je. Wie kein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts habe er kontinuierlich an der Änderung kultureller Praktiken gearbeitet, um Erde und Menschheit vor dem Untergang zu bewahren, so Schreiber im Katalog zur Ausstellung. Aber eben nicht mit Provokation und Fäkalkunst wie die Wiener Aktionisten der Sechzigerjahre. Schreiber: "Mehr als an der Zerstörung einer als unwürdig empfundenen Gegenwart lag ihm an der ästhetischen Vergegenwärtigung einer besseren Zukunft."

Dass man nun im Buchheim-Museum auch mit einer österreichischen Kunsthistorikerin aus Hundertwasser-Wolle bunte Socken stricken kann, steht für Schreiber in keinem Gegensatz zu den hehren Zielen der Ausstellung. Zu allen Ausstellungen biete man ein Begleitprogramm an, um auch während der Laufzeit im Gespräch zu bleiben. "Das Stricken ist eine gemütliche Veranstaltung", erläutert er, es stehe exemplarisch für die "verschiedenen sinnlichen und kognitiven Ebenen der Wahrnehmung". Gleiches gelte für die Yogastunden im Park als Ergänzung zur Lebensreform-Ausstellung und den Sprayer-Workshop mit einem Graffitikünstler: "Selber machen bedeutet besser wahrnehmen." Auch das "Labor der Phantasie", in dem Besucher an den Wochenenden unter Anleitung von zwei Museumspädagogen selbst kreativ sein können, habe sich zu einem großen Erfolg entwickelt: Diese offene Angebot verstehe man auch als besonderen Auftrag im von Lothar-Günther Buchheim gegründeten "Museum der Phantasie", denn "Phantasie findet nicht nur im Kopf statt, sie bedarf auch der Handlung".

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