Bernried:Alte Riesen mit Zukunft

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Die Gemeinde Bernried startet ein Natur-Projekt zum Erhalt ihrer Bäume - unterstützt von Christina und Klaus Voormann.

Armin Greune

Der Vorsprung soll weiter wachsen: Um den einzigartigen Reichtum Bernrieds an alten Bäumen zu schützen und die von ihnen geschaffenen Park- und Alleestrukturen in die Zukunft zu führen, ist nun offiziell ein BayernNetz Natur-Projekt gestartet worden. Unter dem Titel "Bernrieder Vorsprung - Baumriesen, Naturerbe und Artenvielfalt am Starnberger See" werden in den kommenden vier Jahren 222 000 Euro für die Erfassung und Kartierung der Bäume und der auf ihnen lebenden Tiere investiert. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen schließlich neue Pflegekonzepte als Alternativen zu vorschnellen Fällaktionen entwickelt werden, die die Verkehrssicherung erfordern würde.

Bäume spenden Schatten, dienen als Unterschlupf für Insekten und Käfer, schützen brütende Vögel und laden auch zum Klettern ein. Bernried will seine Riesen nun besonders schützen.Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Einen Großteil der Projektkosten übernimmt mit 190 000 Euro der Bayerische Naturschutzfonds. Den Rest teilt sich eine Trägergemeinschaft, der die Gemeinde Bernried, der Landkreis Weilheim-Schongau, die Ortsgruppe des Bund Naturschutz, die Wilhelmina Bush-Woods-Stiftung sowie die Mitinitiatoren, das Ehepaar Christina und Klaus Voormann angehören. Auf die Kommune entfalle nur ein relativ geringer Anteil von 8000 bis 10 000 Euro, sagte Bürgermeister Josef Steigenberger bei der Vorstellung des Projekts am Freitagabend im Bernrieder Kloster. Landrat Friedrich Zeller gratulierte ihm zum erfolgreichen Bemühen, "Kooperationspartner zu finden, was formal nicht ganz einfach war".

Bevor der pensionierte Wessobrunner Förster Kurt Zeimentz im Vortrag "Alpenbock und Zunderschwamm" über alte Bäume und Artenvielfalt referierte, umriss Projektleiter Ralf Strohwasser das Vorhaben. Wenngleich überalterte oder gar abgestorbene Bäume heute keinen wirtschaftlichen Wert mehr darstellten, sei ihr ökologischer Nutzen immens: Allein in der rissigen Rinde und Krone einer großen Eiche finden bis zu 1000 verschiedene Insekten - darunter der Hirschkäfer und die vom Aussterben bedrohten Arten Heldbock und Eremit Schutz: "Den gefürchtetsten Käfer Deutschlands", nannte ihn Strohwasser, weil am Schutz dieser Spezies schon Großprojekte wie Stuttgart 21 zu scheitern drohten.

Einen ganz besonderen Käfer stellte Christine Voormann vor: Unter dem Motto "Beatle-Beetle saves little Beetles" soll zugunsten des Projekts ein künstlerisch veredelter VW Beetle versteigert werden. Den Wagen hat ihr Mann, der "fünfte Beatle", 2008 mit Porträts des Quartetts dekoriert - ganz im Stil des berühmten "Revolver"-Albumcovers, das Klaus Voormann 1966 gestaltet hatte.

Für den Schutz der "Methusalem-Bäume"und der artenreichen Parks und Wiesen setzt Strohwasser zunächst Umwelt- und Bewusstseinsbildung voraus. Im Grunde sei die Ehrfurcht vor großen Bäumen evolutionär und tiefenpsychologisch im Menschen verankert: Schließlich lebten dessen als "Proconsul" bekannten Vorfahren schon vor 14 Millionen Jahren in deren Kronen. Wenn man die Bernrieder Kinder miteinbeziehen will, müsste man sie auch emotional ansprechen und nicht nur umweltpädagogisch belehren, fand Strohwasser.

Im Rahmen des Bernrieder Projekts wird der Erlanger Biologe Jürgen Schmidl die Käferfauna erfassen, für die Pilze ist der Gautinger Mykologe Peter Karasch zuständig. Auch um die höhlenbrütenden Vogel- und Säugetierarten wie Spechte, Käuze, Fledermäuse und Siebenschläfer kümmern sich Spezialisten. Für die Kartierung der Bäume selbst aber erhofft sich die Ortsgruppe des Bundes Naturschutz die Unterstützung der Bernrieder Bürger: Mit Hilfe von Maßband, Feldstecher und einfachen Formblättern sollen sie auf Spaziergängen das Naturerbe registrieren. Interessenten können sich bei Veronika Bischoff unter der Telefonnummer 08158/258048 melden.

© SZ vom 22.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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