"Bergspektiven"-Macher Christian Kalinke:"Ich habe nie gezögert, gute Ideen zu klauen"

Berg: Christian Kalinke Gründer von Bergspektiven

Vor 16 Jahren hat Christian Kalinke die Gesprächsreihe "Bergspektiven" ins Leben gerufen.

(Foto: Nila Thiel)

Mit seiner Gesprächsreihe lockt der Manager regelmäßig prominente Gäste nach Berg. Die 100. Veranstaltung wird an diesem Freitag groß gefeiert. Ein Interview über Motivation, Geld, Tops und Flops

Interview Von Ute Pröttel, Berg

Marcus H. Rosenmüller, Ilse Aigner, Dietmar Müller-Elmau: Seit 16 Jahren lädt Christian Kalinke illustre Menschen zu seinen "Bergspektiven" ein. Mit zwei Gästen bestreitet er seine Gesprächsrunde, darunter immer auch Lokalprominenz. Etwa 250 000 Euro an Spenden hat Kalinke damit eingesammelt. An diesem Freitag findet die unkonventionelle Talkrunde zum 100. Mal statt. Gefeiert wird im Berger Marstall. Im Hotel Schloss Berg wird er vom Interviewer zum Interviewten.

SZ: Wer ist Christian Kalinke?

Christian Kalinke: 60 Jahre, zwei erwachsene Kinder, Manager bei BMW, ehemaliger Fußballpräsident des MTV Berg und Initiator der Bergspektiven.

Was hat Sie geprägt?

Der Bolzplatz. Manchmal denke ich, dort habe ich mehr gelernt, als in der Schule. Andererseits bin ich in meinen fast 40 Jahren für BMW meist auf der internationalen Bühne unterwegs gewesen. Ich würde sagen ich bin ein typischer Glocal.

Reden wir über "Bergspektiven". Wie darf man sich die Vorbereitung einer typischen Veranstaltung vorstellen? Sie rufen Dietmar Müller-Elmau an und sagen: "Servus Dietmar, erzählst Du mir und meinen Gästen in Berg mal a bisserl was vom G-7-Gipfel"?

Ich verbringe beruflich viel Zeit im Flieger und lese lieber, anstatt Filme zu gucken, dabei identifiziere ich ständig aktuelle Themen und Menschen, die für "Bergspektiven" interessant sein könnten. Und wenn mir dann ein bekanntes Gesicht am Flughafen oder in der Lounge über den Weg läuft, bin ich gnadenlos. Der wird sofort angesprochen. Ansonsten habe ich ein sehr weitverzweigtes Netzwerk und überlege, wer wen kennt, der den kennt, den ich gerne haben würde. Das funktioniert meistens.

Woher stammt eigentlich die Idee?

Die ist geklaut. Von einem meiner ehemaligen Nachbarn in Stockholm, einem Eishockeypräsidenten, der etwas ganz Ähnliches veranstaltete - Spenden einsammeln über eine gesellige Veranstaltung mit einem prominenten Gesprächspartner auf der Bühne. Was der kann, kann ich auch, dachte ich mir. Wie ich übrigens nie zögere, gute Ideen zu klauen.

Im Februar 2002 ging's los. Fünf Jahre lang gab es vier Veranstaltungen im Jahr. 2008 schnellt die Zahl auf zehn, 2009 gar fünfzehn. Hatten Sie Frust im Job? Oder war die Finanzlage des MTV so schlecht?

Die MTV-Fußballer sind immer in Geldnot. Oder anders ausgedrückt: Meine Charity-Partner benötigen immer Geld. Damals kamen zwei Dinge zusammen: Ich hatte tatsächlich Frust im Job. 2008, während der Finanzkrise, war das schlimmste Jahr meiner Karriere. Ich hatte einen Riesenverlust zu verantworten und musste dann auch den Job wechseln. Andererseits haben innerhalb kürzester Zeit sehr viele Gesprächspartner, die ich in der Pipeline hatte, zugesagt.

Apropos Finanzlage. Wie viel Geld ist denn bei der Sache rumgekommen? Welche Projekte wurden damit finanziert?

Etwas mehr als eine Viertelmillionen. Wobei ich dazu sagen muss, dass die Haupteinnahmequelle nicht die Fußballspardosen bei den Veranstaltungen sind, sondern die Mitglieder im Klub der 100 und unsere Sponsoren. Erstes großes Projekt war das Kleinspielfeld in Berg. Der DFB finanzierte es zwar, verlangte aber vom MTV eine hohe Eigenleistung im fünfstelligen Bereich. Seit vier Jahren unterstützen wir auch Lothar Firlej und seine Organisation Nguvu Edu Sport in Nairobi sowie ein Basketballprojekt für Mädchen in Mosambik.

Klub der 100? Das klingt ja schon ziemlich elitär.

Stimmt, das ist sozusagen die Premiummarke von Bergspektiven.

Ihre persönliche Top-Veranstaltung? Und Flops?

Wenn ein Abend so ganz anders abgelaufen ist, als gedacht, dann war es das Treffen mit dem Regisseur Marcus Rosenmüller. Das war Stand-up-Comedy von Anfang bis Ende. Es war ein Traumbiergartenabend. Wir waren im Saal der Post in Aufkirchen, alle Fenster standen offen, und es wurde gebrüllt vor Lachen. Immer wieder kamen Gäste in den Saal, um zu gucken, was ist da eigentlich los. Am Ende haben sich viele mit ihren Biergartenstühlen einfach dazu gesetzt, und der Saal war heillos überfüllt. Das war meine Top-Veranstaltung. Ein Flop von der Besucherzahl war ein Abend im Oktober 2004, als ich den Geo-Risikoforscher Gerhard Berz eingeladen hatte und so wenig Publikum da war, dass er gleich wieder nach Hause gehen wollte. Das Makabere an dem Abend war, dass Berz vor zunehmend stärkeren Naturkatastrophen warnte und just in diesem Dezember der verheerende Tsunami in Asien stattfand.

Prinz Leopold von Bayern, Karl-Heinz Wildmoser, Pater Anselm, Gabriele Weishäupl, Marcus H. Rosenmüller, Ilse Aigner, Dietmar Müller-Elmau, sie alle waren ihre Gäste. Mit allen sind Sie per Du?

Ja, erstaunlich wenige haben damit ein Problem. Nur bei einem habe ich mich nicht getraut, das war General Wegener. Das hat sich dann auch gleich auf das Publikum übertragen, die sind stramm aufgestanden und haben ihre Fragen mit "Herr General" begonnen. Auch ein Abend mit besonderer Atmosphäre.

Die 100. Veranstaltung findet am Freitag im Berger Marstall statt, mit Gerd und Gerda. Erklären Sie bitte mal "Gerd und Gerda".

Ein Begriff, der in der Veranstaltung mit Irmgard Heeren, der damaligen Leiterin der Volkshochschule Starnberg fiel. Ich fragte Sie, ob Volkshochschulen eine Bildungsplattform für Gerd und Gerda seien. Daraufhin musste ich zum dritten Mal an diesem Abend in die Machokasse einzahlen. Seither gehört der Satz "Erklär das mal für Gerd und Gerda" zum festen Ritual des Abends. Und zur 100. Veranstaltung haben wir den Gerd&Gerda-Preis kreiert. Er wird am Freitag erstmalig verliehen.

Ist nach der 100. "Bergspektive" Schluss?

Nein. Solange ich das Gefühl habe, einen Mehrwert schaffen zu können, geht es weiter.

Und welcher Gast würde Sie besonders reizen?

Kofi Annan. Da müssten wir dann allerdings einmalig in die Olympiahalle ausweichen.

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