Windräder:Berg gewinnt, Schäftlarn verliert

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof weist Normenkontrollklagen gegen Windräder in den Wadlhauser Gräben ab. Doch das sei "ein Nebenkriegsschauplatz", sagt der Richter. Die Klagen gegen die Baugenehmigung hängen noch an

Von Otto Fritscher, Berg/München

Die Gemeinde Schäftlarn sowie drei Landwirte sind mit ihren Normenkontrollklagen gegen die geplanten Windräder in den Wadlhauser Gräben an der östlichen Grenze des Berger Gemeindegebiets gescheitert. Der erste Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) verwarf die Anträge in einer Verhandlung am Dienstag aus formalen Gründen; zu einer inhaltlichen Beschäftigung mit den Auswirkungen der vier geplanten, mehr als 200 Meter hohen und 21 Millionen teuren Windrädern kam es gar nicht. Vereinfacht gesagt, sprach der VGH der Gemeinde Schäftlarn die "Statthaftigkeit" ab, gegen den Teil-Flächennutzungsplan (FNP), in dem die Konzentrationszone für die vier Windräder verzeichnet ist, mittels einer Normenkontrollklage juristisch vorzugehen. Denn - verkürzt gesagt - könne nur gegen eine "Negativwirkung" des FNP geklagt werden. Das heißt, man könne nur dagegen klagen, dass außerhalb der Konzentrationszone keine Windräder zugelassen seien - und nicht umgekehrt. Dabei berief sich der Senat auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Weiterer Grund: die fehlende Rechtsposition. Was heißt, dass für das Gericht nicht zweifelsfrei feststeht, ob etwa die drei Landwirte mit der gleichen Klage wie die Gemeinde überhaupt klageberechtigt sind. Es geht um Fristen, um Paragrafen in der Bayerischen Bauordnung und Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 2007 bis 2013. Feinschmeckerkost für Juristen.

Es ist in der Tat kein einfacher Sachverhalt, der im Saal 1 des VGH im Gerichtsgebäude an der Ludwigstraße, nahe der Universität, verhandelt wird. Die Gemeinde Schäftlarn sowie die drei privaten Kläger, allesamt Landwirte, die Reiterhöfe betreiben, sehen sich in ihren Belangen durch die bis zu 210 Meter hohen Windräder beeinträchtigt. "Wenn die Windräder kommen, gehen alle meine Reiter weg. Denn wo sollen sie noch ausreiten, wenn auf der einen Seite die Autobahn ist und auf der anderen die Windräder", schilderte Walter Neumeyer, einer der drei Kläger, seine Sicht. Schäftlarns Bürgermeister Matthias Ruhdorfer sprach von "möglichen Wohngebieten", die später wegen der Windräder vielleicht nicht mehr gebaut werden könnten. Die Mienen der drei Richter ließen Zweifel an der Zugkraft dieser Argumentation aufkommen. Bergs Bürgermeister Rupert Monn und der Anwalt der Gemeinde Berg, Andreas Spieß, müssen indes fast gar nichts sagen. Es läuft ohnehin für sie.

Windrad, Windräder, Windkraft: Der Kreistag von Starnberg und die Gemeinde Berg gesichtigen die Windkraftgemeinde Wildpoldsried. Foto: Sabine Bader

Vier Windräder kommen in die Wadlhauser Gräben. Hier die vom Kreistag besichtigte Anlage in Wildpoldsried.

(Foto: Sabine Bader)

Nach diversen Exkursen, die einem juristischen Oberseminar gut angestanden hätten, fand Richter Andreas Dhom deutliche Worte zum Abschluss: "Die Anträge der Kläger werden abgelehnt, eine Revision nicht zugelassen." Zuvor hatten es die Vertreter der Gemeinde Schäftlarn abgelehnt, auf Dhoms Vorschlag hin die Normenkontrollklagen zurückzuziehen.

Erwartungsgemäß fielen am Dienstagvormittag die Reaktionen auf das Urteil unterschiedlich aus. Die Kläger auf Schäftlarner Seite zeigten bekümmerte Mienen. "Wir lassen keine rechtliche Möglichkeit aus", sagte Rechtsanwalt Andreas Zöpfl, während Schäftlarns Bürgermeister Matthias Ruhdorfer etwas bremste: "Wir werden in Ruhe überlegen, wie es weitergeht", sagte er der SZ. "Wir haben gewusst, dass es schwierig wird, wir hatten sogar vor der Verhandlung einen richterlichen Hinweis auf ein mögliches Ergebnis", so Ruhdorfer weiter. Erstaunlich. Bergs Bürgermeister Monn und sein Anwalt Gerhard Spieß werteten das Urteil indes als "weiteren Mosaikstein, der zum Ziel führt, die Windräder zu bauen." Und Spieß fügte hinzu, dass die Gemeinde Berg bisher alle Prozesse in Sachen Windkraft gewonnen habe. Auch der Starnberger Kreisbaumeister Christian Kühnel, der der Verhandlung beigewohnt hat, äußerte sich zufrieden. "Für den Landkreis ist dieses Urteil wichtig, weil es zeigt, dass die gemeinsame Planung von 14 Gemeinden und des Landkreises weiterhin Bestand hat."

Der Vorsitzende Richter Andreas Dhom hatte seine eigene Einschätzung schon in der Verhandlung kundgetan: "Das hier war heute nur ein Nebenkriegsschauplatz. Der Krieg wird in den Genehmigungsklagen entschieden." Beide Parteien widersprachen dem Richter nicht. Verhandlungstermine für die Klagen gegen die konkreten Baugenehmigungen, die vor dem Verwaltungsgericht München verhandelt werden, stehen aber noch nicht fest.

Bergs Bürgermeister Rupert Monn ficht das indes nicht an. "Noch in diesem Frühjahr wird der Baubeginn für die vier Windräder sein", kündigte er an. Er pocht auf die gültige Baugenehmigung, die bislang von keinem Gericht ausgehebelt worden sei.

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