Berg:Zweite Zeltstadt steht

Komfortabel ist es nicht. Das merken die Besucher der neuen Unterkunft für Asylbewerber in Berg sofort. Noch fehlt eine Überdachung für den Gang zur Dusche. Am Donnerstag sollen die ersten Flüchtlinge kommen

Von Christiane Bracht, Berg

Die Neugierde der Berger ist groß. Seit Anfang September haben sie aus der Ferne beobachtet, wie am Huberfeld, nahe am Kreisverkehr, zuerst die Bagger anrückten, wie Wege asphaltiert und Zelte aufgebaut wurden. Auch wenn noch nicht alles fertig ist, um die Flüchtlinge dort einzuquartieren, öffnete Landrat Karl Roth am Freitagnachmittag schon einmal den provisorischen Bauzaun, damit die Berger alles inspizieren konnten. Transparenz ist schließlich alles. Und die Leute nutzten die Gelegenheit: Senioren, Familien mit ihren Kindern, Nachbarn, Freundeskreise oder auch einfach Passanten strömten auf das Gelände - manche fuhren sogar extra aus anderen Gemeinden des Landkreises nach Berg. Eine Zeltstadt ist eben etwas besonderes im reichen Fünfseenland.

Zwar steht in Tutzing schon eine, doch die in Berg ist ein wenig anders - nicht ganz so komfortabel. Denn wer hier vom Schlaf- in das Küchenzelt oder zur Toilette will, muss durch die Kälte laufen. Das soll natürlich nicht so bleiben. In den nächsten Wochen will man noch eilends einen überdachten Flur zimmern lassen, der die Zeltausgänge verbindet.

Momentan stehen 15 weiße Zelte in drei Reihen auf dem Gelände: Außen sind die Schlafzelte mit Stockbetten und Spinden für 14 Personen. In der Mitte stehen die Gemeinschaftsunterkünfte, in denen man kochen und essen kann. Für Duschen, Toiletten und Waschmaschinen gibt es Container. Insgesamt sollen einmal 112 Flüchtlinge in der Berger Zeltstadt Platz finden, doch zunächst will man nur eine Seite belegen, damit die Zimmerleute ungestört ihre Holzkonstruktion aufbauen können. Diese wird dann später mit einer Zeltplane überdeckt, damit man trockenen Fußes alle wichtigen Räume erreichen kann - vor allem nachts. Nächsten Donnerstag sollen die ersten Flüchtlinge einziehen, kündigte Roth an.

Vorstellung der Flüchtlingsunterkunft; Notunterkunft für Flüchtlinge

112 Flüchtlinge sollen in den kommenden zwei Jahren in den 15 Zelten am Berger Kreisverkehr untergebracht werden.

(Foto: Franz X. Fuchs)

Eine Luxusherberge wartet wahrlich nicht auf sie, davon konnten sich die Berger überzeugen. "Spartanisch", bemerkte Christian Jaschke. "Aber irgendwo müssen die Leute ja unterkommen." Und auch Hansjörg Hefel aus Feldafing bemerkte: "Ich möchte nicht im Winter darin wohnen." Mehrere Besucher fürchteten, dass die Leute im Winter, wenn Schnee fällt und alles vereist ist, in den Zelten frieren werden. Zwar beteuerte Kreisbaumeister Christian Kühnel, dass die Zelte von der Bundeswehr in Nordnorwegen eingesetzt würden und noch niemand darin erfroren sei. Doch trotz doppelwandiger Dächer und breiter Heizschläuche kann man sich das kaum vorstellen. Immer zwei Zelte werden von Diesel-Heizaggregaten gewärmt, die laut Bürgermeister nicht besonders laut sind. Per Thermostat könne man die Heizleistung regulieren, erklärte Kühnel. "Ist das wirklich warm genug?", hakte die 78-Jährige Käthe Bergmann nach, die sich sofort daran erinnerte, dass auch sie einmal Flüchtling war. "Ich bin 1945 von Schlesien gekommen", sagt sie.

"Dass die Leute sich selbst versorgen müssen, finde ich gut", sagte Gabriele Butenfocke. 20 elektrische Kochplatten stehen in der Küche bereit und fünf Kühlschränke, damit die Bewohner selbst kochen können. Einkaufen, spülen, waschen und sauber machen, müssen sie natürlich auch. Für den Winterdienst will ihnen die Gemeinde Schaufeln und Besen zur Verfügung stellen. Das Betreuungsteam von Jonas Betterplace wird sie dazu anleiten. Es wird auch darüber wachen, dass niemand Fremdes die Anlage betritt und wenn nötig, Streit schlichten. Tagsüber sind voraussichtlich zwei Betreuer da, nachts drei.

Vorstellung der Flüchtlingsunterkunft; Notunterkunft für Flüchtlinge

Im Küchenbereich können sie selbst kochen. Einkaufen, waschen und sauber machen müssen sie ebenfalls erledigen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Man muss den Leuten gleich klar machen, dass die Basis unseres Zusammenhalts das Grundgesetz ist und dass Frauen gleichberechtigt sind", sagte Irmhild von Söhnen, die inzwischen schon von unschönen Situationen für junge Frauen gehört hatte. Hildegard Fuhlbrügge fiel indes sofort auf, dass die Asylbewerber sogar Miele-Maschinen bekommen. Dies sei den meisten Hausfrauen zu teuer, bemerkte sie. Darauf habe man keinen Einfluss gehabt, erklärte ihr Kühnel. Der Waschcontainer gehöre zur gemieteten Zeltstadt dazu. Jeden Monat muss der Kreis rund 20 000 Euro Miete zahlen. Doch es gibt auch negative Punkte: Monn bemerkte sofort, dass man am Waschtrog nur wenig Platz hat. Man könne sich kaum die Zähneputzen ohne den Nachbarn anzurempeln, klagte er. Ein anderer bemängelte, dass die Mülleimer für so viele Leute viel zu klein seien.

Zwei Jahre soll die Zeltstadt stehen bleiben. "Länger nicht", versicherte Monn. Denn er will hier ein neues Rathaus bauen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: