Berg:Im Land der Schwarzbauten

Steinerne Löwen, Mühlräder, "Klein Tirol" und viele Tiere: Die Berger Gemeinderäte werden über das riesige Grundstück des Kaufmanns Siegfried Genz geführt, weil sie helfen sollen, illegale Gebäude zu genehmigen

Sabine Bader

- Szene eins: Das schwere Holztor öffnet sich langsam, lässt die Berger Gemeinderäte passieren. Es ist Samstagmorgen, 9 Uhr. Ortstermin auf dem Genz-Gelände an der Berger Maxhöhe. Hausherr Siegfried Genz ist nicht zugegen, seine Ehefrau Verena und deren Bruder Michael Krenn auch nicht. Dafür aber Unterhändler Thomas Zimmermann. Der CSU-Landtagsabgeordnete stellt sich den Gemeinderäten als Freund der Familie vor, er übernimmt die Führung der Delegation. Ex-Gemeinderat und Planer Christoph Eisenhut, ebenfalls ein Intimus des Hauses Genz, steht für Baufragen bereit. Besichtigt werden 18 Schwarzbauten auf dem rund vier Hektar großen Gelände, für die Eisenhut nachträglich Bauanträge gestellt hat, weil Genz sie nicht abreißen will, da sie, wie er sagt, seiner Landwirtschaft dienen. Ihm geht es um die Anerkennung derselben. Und natürlich herrscht an diesem Samstag auf dem Hofgelände viel Betrieb: Im Paddock, einem der Schwarzbauen, traben drei Pferde an einer Longe im Kreis, ein viertes Pferd und drei Gänse betrachten die Besucher neugierig, auch ein Huhn lässt sich blicken. Nur das Taubenhaus ist verwaist. Dafür fahren Arbeiter mit kleinen Elektroautos geschäftig hin und her.

Szene zwei: Es kann losgehen. Zimmermann wirkt leicht angestrengt. Es geht in Richtung Mörserturm - genauer, zu dem, was davon noch übrig ist: ein paar Fundamente, Mauerreste mit einer Tür, die in die alte Zisterne führt. Entlang des Wegs stehen noch immer Statuen, ebenfalls Schwarzbauten. 19 Fahnenmasten und drei der 250 Kilo schweren Figuren hat Genz laut Eisenhut bereits abtransportieren lassen. Dann brach bei einer Vierten ein Arm ab, und man stellte die Arbeiten erst einmal ein. Auf die mit dem Abbau beauftragte Firma wartet übrigens jede Menge Arbeit - alle paar Meter stoppt die Delegation, etliche der Gemeinderäte sind erstmals auf dem Genz-Gelände und bestaunen ungläubig die drapierten Löwen, Mühlräder, Findlinge, Bronzetafeln und Riesenglocken, in die Genz halbe Romane gießen ließ. Erster Zwischenstopp in der sogenannten "Alten Schmiede". Sie ist eigentlich nicht alt, aber dafür beherbergt sie neben haufenweise Glocken im Gebälk eine historische Schmiede. Hier gibt es Butterbrezen, Kaffee und Tee aus Pappbechern für die Gemeinderäte - man will offensichtlich nicht zu dick auftragen. Zögernd greifen diese zu, während Zimmermann wortreich erzählt, dass Genz diesen Schwarzbau retten will, indem er darin eine Obstpresse für seine Landwirtschaft einrichtet. "Ach, und das Gebäude soll offenbleiben", fragt Bürgermeister Rupert Monn ungläubig, "da friert im Winter doch alles ein?"

Szene drei: Der Sandsteinbau, der Genz' Sammlung mit 63 Lanz-Traktoren beherbergt, muss weg. Das sieht auch Zimmermann ein. Übrigens fehlen Genz nur noch zwei Traktorentypen, dann hat er alle, die Lanz je gebaut hat. Einer der beiden soll irgendwo in Weißrussland stehen. Es geht weiter nach "Klein Tirol". Das ist eine Ansammlung von drei alten Holzhäusern, die Genz aus Tirol zur Maxhöhe bringen ließ. Um sie nachträglich zu legitimieren, will er einen der Bauten in den Innenbereich versetzen, ein zweiter soll künftig therapeutischem Reiten dienen, den dritten will man zum Rinderunterstand umfunktioniere. Apropos Rinder. Die kommen jetzt - nachdem die Gemeinderäte die Rodelbahn der Genz-Kinder passiert haben. 50 Angus-Rinder leben auf dem Areal in Gebäuden, die ebenfalls Schwarzbauten sind.

Szene vier: Hier gerät die Regie erstmals ein wenig durcheinander. Denn einige Gemeinderäte wollen partout nicht den kürzesten Weg zurück nehmen, sondern gehen in Richtung Gewächshaus weiter. Dass das nicht geplant ist, merkt man schnell. Christoph Eisenhut drückt wie wild auf einer Fernsteuerung herum und verkündet dann freudig: "Das Tor geht nicht auf, wir können hier nicht weiter." Geht es aber doch; es lässt sich ganz leicht von Hand zur Seite schieben. Doch dann versperrt ein herrenloser Bulldog wie zufällig den Weg. Das Gebäude dahinter ist verrammelt, die Fenster sind verhängt. Was da drin ist, werden Eisenhut und Zimmermann gefragt. Achselzucken. "Was innen ist, ist ein großes Geheimnis, glaub' ich", bekennt Eisenhut. Eines, das den Gemeinderäten an diesem Samstag jedenfalls verborgen bleibt. Es geht zurück zum Ausgang.

Zum Abschied hat Zimmermann noch einen Wunsch: "Es wäre schön, wenn Sie am nächsten Dienstag die 18 Gebäude vorbehaltlich der vom Landwirtschaftsamt in Aussicht gestellten Privilegierung genehmigen würden", gibt er den Gemeinderäten mit auf den Heimweg. Dann schließt sich das Tor zum Reich von Siegfried Genz hinter ihnen.

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