Berg:Begehrte Altkleider

Installation von Matthias Rodach ist frappierend aktuell

Von Ute Pröttel, Berg

Inmitten eines Meeres von Altkleidern platziert der Bildhauer Matthias Rodach aus Dießen seine Skulptur "Mann im Boot". Die aufrecht stehende nackte Figur mutet an wie ein afrikanischer Massai. Als Paddel dient ihm ein langer Holzstab. Der Bezug zur allgegenwärtigen Flüchtlingsdiskussion ist schon nach dem ersten Blick da.

58 Kunstwerke wurden bislang im Rahmen der Ausstellungsreihe "Kunstwerk des Monats" im Foyer des evangelischen Gemeindehauses in Berg ausgestellt. Doch die Installation von Matthias Rodach dürfte von allen die mit der aktuellsten Konnatation sein. Das macht auch eine Anekdote deutlich, die Kuratorin Katja Sebald bei der Präsentation des Werkes im Katharina von Bora-Haus erzählt: Als am Vormittag die Berger Asylsuchenden zum Deutschunterricht in das Gemeindehaus kamen, machen sie sich daran, in den Altkleidern um die Skulptur herum nach brauchbaren Stücken zu suchen. Sie waren der Überzeugung, die Kleider - allesamt noch gut erhalten - seien für sie gedacht.

Die Szene ist Ausdruck für verschiedene Lebenswelten, die aufeinander prallen. Die Kunst initiiert den Dialog. Abends wird er fortgesetzt von Autor Juergen Ghebrezgiabiher. Der gebürtige Deutsche mit dem exotischen Namen ist seit vielen Jahren mit dem Künstler Rodach befreundet. Ghebrezgiabiher trägt ein eigens verfasstes Prosagedicht vor. Der Titel: "Mit im Boot". In seinen Gedankengängen bricht er immer wieder auf. Spricht von der "Sehnsucht nach ein bisschen Land in Sicht." Begibt sich auf die "Ausreise aus dem Jetzt" und reflektiert darüber was wäre, wenn er "derzeit übers Meer oder Ungan käme?" Sein Text ist lang. Sieben bedruckte Blätter hält er in den Händen und doch folgt das dicht gedrängt im Foyer stehende Publikum konzentriert seinen Worten. Sobald Ghebrezgiabiher endet brechen die Besucher sofort auf in eine neue Runde der Diskussionen über die aktuelle Flüchtlingssitation.

Rodach modellierte seinen Mann im Boot bereits vor drei Jahren. Die Idee ihn in ein Meer von Altkleidern zu platzieren kam ihm aber erst jetzt zur aktuellen Ausstellung. Von der frappierenden Aktualität der so entstanden Installation - der Künstler gab ihr den Titel "Unterwegs" - ist Rodach selbst erstaunt. "Ich möchte mit meiner Kunst nonverbale Geschichten erzählen. Deswegen arbeite ich auch konsequent figürlich", erklärt der 42-Jährige. Matthias Rodach lebt und arbeitet in Dießen. In der Künstlerszene am Ammersee Westufer ist er eine feste Größe. Momentan erstellt er eine große Skulptur im Auftrag der Marktgemeinde Dießen.

Für jeweils vier Wochen lädt das Katharina-Bora-Haus Künstler aus verschiedenen Genres ein eines ihrer Werke auszustellen. Die Präsentation des Kunstwerks findet immer am zweiten Mittwoch eines Monats statt. Als nächstes wird Hans Panschar aus Allmanshausen am 11. November um 19.30 Uhr zu Gast sein.

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