Beerdigung in Wörthsee:Abschied mit Applaus

Wörthsee Abschied  Tiger Willy

Der Sarg von Wilhelm Raabe alias Tiger Willi ist mit Bildern von Kindern geschmückt worden.

(Foto: Nila Thiel)

Angehörige und Wegbegleiter finden bei der Trauerfeier für den Tiger Willi in Steinebach berührende Worte für den Songpoeten - und singen ihm ein Lied.

Von Astrid Becker, Wörthsee

Am Ende bekommt er noch einmal einen kräftigen Applaus. Vermutlich hätte das dem Tiger Willi dann doch recht gut gefallen. Zumal der Beifall an einem Ort aufgebrandet ist, an dem das normalerweise nicht so üblich ist: in der Kirche. Aber es ist die letzte Vorstellung des Heimatdichters und Songpoeten, wie es seine Frau Andrea in ihrer kurzen Ansprache nennt. Der Tiger Willi, der im wirklichen Leben Wilhelm Raabe hieß, ist am Freitagvormittag beerdigt worden.

Bei der Trauerfeier an diesem Tag in der Pfarrkirche zum Heiligen Abendmahl im Wörthseer Ortsteil Steinebach sind fast alle Bankreihen gut gefüllt. Familienangehörige, Freunde, Weggefährten und auch viele Wörthseer sind gekommen, um dem "Tiger", wie ihn fast alle nur genannt haben, das letzte Geleit zu geben. Eine "Ehrensache" sei das offenbar für die vielen Trauergäste, sagt Pfarrer Roland Böckler. Auch er findet recht persönliche Worte für den Mann, der neben seinem künstlerischen Werk auch als Mensch kaum aus der kleinen Gemeinde am Wörthsee wegzudenken ist. So erzählt er vom vergangenen Sonntag, dem Todestag vom Tiger Willi. Davon, wie entspannt, fast fröhlich der Willi da ausgesehen habe. Und er spricht von Erlösung.

2011 war bei dem Künstler Alzheimer diagnostiziert worden. Manchmal sei man ihm dann im Ort noch begegnet, sagt Bürgermeisterin Christel Muggenthal in ihrer Ansprache. Blass sei er gewesen, dünn, aber immer erfreut, einem zu begegnen. Vor 26 Jahren habe sie ihn kennengelernt, als sie mit ihrem Mann und den vier Kindern nach Wörthsee gezogen sei. Damals sei der Tiger Willi bei einem Künstlerabend in einem Mitmachzirkus aufgetreten: "Ich habe gestaunt, mir ist der Mund offen stehen geblieben." Als ihr Mann sie später fragte, was denn so toll an diesem Künstler gewesen sei, den beide vorher nicht kannten, habe sie nur gesagt: "Den Tiger Willi kann man nicht erklären, man muss ihn hören."

Zu hören bekamen die Trauergäste dann auch ein Stück vom Tiger Willi, gespielt von zwei seiner Mitmusiker, Schorsch Weis und Peter Kuroczik. Letzterer engagiert sich bei der Nachbarschaftshilfe Inning als Demenzbetreuer und hatte Wilhelm Raabe in dieser Funktion kennengelernt. Schon bald hätten sie immer miteinander musiziert. Auch öffentlich. Im Theater im Fraunhofer zum Beispiel. Damals habe noch niemand gewusst, wie krank der Tiger Willi wirklich gewesen sei. "Wenn er dann nicht mehr weiter wusste, hat er einfach gesagt, ich fang' noch mal von vorne an. Das Publikum dachte, das sei einstudiert", erzählt er nach der Trauerfeier.

Und die vielen Fans hielten dem Tiger die Treue. Auch dann noch, als die Krankheit längst bekannt war: "Dann sogar erst recht", sagt Peter Kuroczik. Zuletzt seien die beiden in Niederbayern auf einer Veranstaltung zum Thema Demenz aufgetreten. 20 Minuten lang. Mehr habe der Tiger Willi damals nicht mehr geschafft, aber: "Er wollte anderen Mut machen, zeigen, ich kann sogar noch auftreten." Deshalb wählten die beiden Musiker auf der Trauerfeier auch eines der positiven, fröhlichen Lieder des Künstlers: "Mir geht's guad". Und dem hätte der Tiger Willi mit Sicherheit zugestimmt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: